Deutscher Hausärzteverband warnt: Falsche Hausarztzahlen beschönigen Herausforderungen
(Berlin) - Der Deutsche Hausärzteverband warnt davor, mit Hilfe zweifelhafter Zahlen die Herausforderungen bei der Sicherung der hausärztlichen Versorgung kleinzureden. "Die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung gehört zu den drängendsten Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen. Diese werden nicht kleiner, wenn man sich die tatsächliche Situation schönredet und die Probleme relativiert," sagte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes.
Hintergrund ist, dass die OECD in ihren "OECD Health Statistics 2017" in Deutschland mit 1,7 general medical practitioners pro 1.000 Einwohnern rechnet. Damit würde Deutschland einen der Spitzenränge in Europa einnehmen. Diese Zahlen sind unter anderem von der Bundesregierung im Rahmen ihrer Antwort auf die kleine Anfrage "Maßnahmen gegen den Landarztmangel" der FDP-Fraktion verwendet worden. Nicht berücksichtigt wird dabei, dass die OECD unter der Begrifflichkeit general medical practitioner eine Vielzahl an Ärzten subsumiert, die keine Hausärzte sind, beispielsweise Ärzte in Weiterbildung.
"Wäre es korrekt, dass in Deutschland 1,7 Allgemeinärzte auf 1.000 Einwohner kommen, dann müssten bundesweit knapp 140.000 Allgemeinmediziner praktizieren. Wir wissen aus der Ärztestatistik, dass das natürlich Quatsch ist. In Wahrheit sind es 44.000 Allgemeinmediziner. Insgesamt arbeiten in Deutschland knapp 55.000 Hausärzte. Es ist bedauerlich, dass nun falsche Zahlen im Umlauf sind. Verschiedene Studien zeigen, dass Deutschland, im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn, bei der Stärkung der hausärztlichen Primärversorgung eher Nachholbedarf hat", so Weigeldt.
Kritik übte Weigeldt an den Äußerungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Diese hatte in den vergangenen Tagen betont, dass sie die Versorgung überall gleichermaßen gewährleisten würde. "Auf der einen Seite sagt die KBV vor kurzer Zeit noch, dass bis 2030 bundesweit 10.000 Hausärzte fehlen werden. Auf der anderen Seite klopfen sie sich jetzt selbst auf die Schulter, weil die Patienten es nicht weit bis zum nächsten Hausarzt haben. Das ist natürlich viel zu kurz gesprungen, denn es geht ja nicht nur um die Entfernung bis zur nächsten Praxis, sondern vor allem darum, wie die Hausärzte den immer weiter steigenden Bedarf der Patienten decken können. Die ärztliche Selbstverwaltung wäre gut beraten, allen Beteiligten reinen Wein über die anstehenden Herausforderungen einzuschenken."
Ein weiteres Problem sieht der Deutsche Hausärzteverband in der Tatsache, dass eine bedeutende Zahl der Hausarztsitze von Ärzten besetzt wird, die faktisch nicht als Hausärzte tätig sind. Dies gilt beispielsweise für Ärzte, die seit mehreren Monaten keine Rezepte ausgestellt haben und somit offensichtlich nicht an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen. "Wir brauchen eine Lösung für diese Fälle, denn dadurch wird nicht nur die Statistik verfälscht, sondern es werden auch Hausarztsitze blockiert", so Weigeldt weiter.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Hausärzteverband e.V.
Vincent Jörres, Pressesprecher
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