Deutscher Hausärzteverband und DEGAM warnen: Primärversorgung muss Hausarztkompetenz bleiben
(Berlin) - Der Deutsche Hausärzteverband und die DEGAM warnen vor einer weiteren Einschränkung der hausärztlichen Kompetenzen und der Verlagerung hausärztlicher Aufgaben an hierfür nicht qualifizierte Gebietsfachärzte. "Gedankenspiele, wonach hausärztliche Aufgaben zukünftig auch von Gebietsfachärzten im Vorbeigehen miterledigt werden sollen, obwohl diese hierfür überhaupt nicht weitergebildet sind, sind ein Spiel mit dem Feuer und gefährden die Qualität der Versorgung", sagten Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes und Professor Dr. Erika Baum, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM).
Baum und Weigeldt betonten, dass die Qualifikationen der Gebietsfachärzte in ihrem spezifischen Bereich für die Versorgung unverzichtbar seien. Vorschläge, wie denen des Spitzenverbandes der Fachärzte (SpiFa), wonach Gebietsfachärzte die Primärversorgung der Patienten übernehmen sollen, erteilten sie hingegen eine klare Absage. "Funktionäre, die solche Vorschläge in die Welt setzen, dokumentieren damit vor allem, dass sie mit den komplexen Aufgaben der primärärztlichen Versorgung überhaupt nicht vertraut sind. Sollen zukünftig dann HNO-Ärzte oder Orthopäden auch Erkrankungen und Beschwerden behandeln, die gar nichts mit ihrem Fachgebiet zu tun haben? Oder sollen die Patienten dann ständig von Facharzt zu Facharzt geschickt werden? Dies würde die Zerstückelung der Versorgung weiter auf die Spitze treiben. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das im Sinne der niedergelassenen Facharzt-Kollegen ist, denn das würde die Wartezeiten in den Facharztpraxen weiter in die Höhe treiben", so Weigeldt.
Die DEGAM sieht insbesondere die vom SpiFa geforderte Gleichstellung von Hausärzten und Fachärzten als Primärversorger kritisch: "Hausärzte sind als Generalisten der erste Ansprechpartner für die Patienten im Gesundheitssystem. Neun von zehn Beratungsanlässe können in der Hausarztpraxis abschließend geklärt werden", betont Baum die besonderen Kompetenzen der Hausärzte als Primärversorger und ergänzt: "Wir Hausärzte nehmen eine zentrale Position als verantwortliche Koordinatoren ein und behalten langfristig den Überblick über alle Versorgungsebenen. Dies ist auch ein elementarer Bestandteil der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin." Patienten werden durch einen niedrigschwelligen Zugang in der Hausarztpraxis besonders effektiv, medizinisch sinnvoll und zeitsparend betreut. "Eine Facharztkonsultation ist bei typischen Beschwerden wie Brennen beim Wasserlassen sowohl für die Patienten als auch das gesamte System ungleich aufwändiger und blockiert bei den fachärztlichen Kollegen wertvolle Arbeitszeit", so Baum weiter.
Um auch zukünftig eine hausärztliche Versorgung auf höchstem medizinischen Niveau sicherzustellen, fordern der Deutsche Hausärzteverband und die DEGAM alle Akteure auf, geschlossen für eine Stärkung der Allgemeinmedizin und des Hausärzteberufes einzutreten. "Anstatt ständig zweitklassige Lösungen zur Sicherstellung einer primärärztlichen Versorgung vorzuschlagen, sollten lieber alle daran mitarbeiten, dass wir auch zukünftig genug gut ausgebildete Hausärztinnen und Hausärzte haben", so Weigeldt. Der Deutsche Hausärzteverband und die DEGAM unterstützen daher ein für Patienten und Ärzte freiwilliges Primärarztsystem. An den Hausarztverträgen nehmen bundesweit inzwischen knapp 4,5 Millionen Versicherte teil.
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