Deutsche Werkzeugmaschinen / Wachstum 2005 durch Exportboom / Globalisierung stellt Branche vor Herausforderungen
(Frankfurt am Main) - Der deutsche Werkzeugmaschinenbau konnte 2005 seine Produktion zum zweiten Mal in Folge steigern. Mit einem Zuwachs von 8 Prozent auf 10,3 Mrd. Euro einschließlich Ersatzteilgeschäft und Dienstleistungen summierte sich das Gesamtwachstum seit 2003 auf 14 Prozent. Carl Martin Welcker, der Vorsitzende des VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken), prognostizierte anlässlich der Jahrespressekonferenz: Für 2006 erwarten wir, diesen Stand mindestens halten zu können.
Geradezu boomartig entwickelte sich 2005 der Export. Mit 6,1 Mrd. Euro und einem Anstieg von 24 Prozent in zwei Jahren übertraf die Ausfuhr das Niveau von 2001 und erreichte einen historischen Höchststand, sagte Welcker.
China positionierte sich erneut als wichtigster Absatzmarkt. Seit Beginn des Jahrzehnts haben sich die Ausfuhren mehr als vervierfacht und stehen heute für fast 800 Mio. Euro im Jahr. Nach mehrjähriger Durststrecke zu Beginn des Jahrzehnts schafften die USA ihr Comeback. China und USA liegen damit quasi gleichauf und nehmen gemeinsam über ein Viertel der deutschen Werkzeugmaschinenausfuhren ab.
Unter den 15 wichtigsten Exportmärkten, die rd. 70 Prozent der deutschen Werkzeugmaschinenausfuhren aufnehmen, befinden sich elf europäische Länder. Frankreich, Italien, Schweden, Polen und die Türkei glänzten 2005 mit zweistelligen Zuwächsen. Korea und Indien kaufen seit Beendigung der Asienkrise im Jahr 2000 wieder kräftig Produktionstechnologie in Deutschland ein. Die Exporte nach Korea verdreifachten sich seither auf 190 Mio. Euro. Die Ausfuhren nach Indien vervierfachten sich sogar auf 141 Mio. Euro. Damit steht Korea auf Platz 9 der wichtigsten Märkte. Indien taucht erstmals auf Platz 15 auf.
Wachsender Inlandsmarkt begünstigt Importe
Der Inlandsmarkt hingegen konnte nur unterproportional zum Wachstum beitragen, berichtete VDW-Vorsitzender Welcker. Das Inland nimmt etwa 35 Prozent der deutschen Werkzeugmaschinenproduktion auf und wuchs 2005 um
4 Prozent auf 3,5 Mrd. Euro.
Der deutsche Markt hingegen vergrößerte sich um 7 Prozent. Das kam den Importen zugute, die um 11 Prozent anzogen. Unter den Top 15-Lieferanten waren alle Länder in der Lage, ihr Geschäft auszuweiten.
Die insgesamt gute Lage sorgte dafür, dass sich die Beschäftigung im deutschen Werkzeugmaschinenbau bei etwa 65 000 Mitarbeitern stabilisiert hat.
Inlandsgeschäft soll 2006 stützen
Für 2006 planen einige wichtige Kundenbranchen des Werkzeugmaschinenbaus in Deutschland steigende Anlageinvestitionen. Nicht dabei sind allerdings die volumenmäßig dominierende Automobilindustrie (-3 Prozent) sowie die Luft- und Raumfahrtindustrie und die Stahlverformung. Der Auftragseingang aus deutschen Landen zieht seit Beginn des Jahres 2005 an. Die Auslandsbestellungen verloren im zweiten Halbjahr 2005 an Dynamik. Wir rechnen damit, dass der Inlandsabsatz nochmals zulegen kann und sich stabilisierend auf die Gesamtentwicklung der Branche auswirkt. Der Export wird voraussichtlich knapp unter seinem Spitzenniveau bleiben, erklärte Welcker. Insgesamt ergebe sich daraus, dass die deutsche Werkzeugmaschinenproduktion im laufenden Jahr mindestens die 10,3 Mrd. Euro wieder erreichen kann.
Globalisierung stellt deutsche Werkzeugmaschinenhersteller vor große Herausforderungen
Das internationale Umfeld hat sich für die Branche in den vergangenen fünf Jahren stark verändert. Zu den Top-Five-Playern gehören heute neben Deutschen und Italienern die Japaner, Chinesen und wahlweise Koreaner oder Taiwanesen. Fünf Jahre zuvor waren es Japan, Deutschland, Italien, die USA und die Schweiz.
2005 führte in der Produktion Japan mit rd. 26 Prozent Weltmarktanteil vor Deutschland mit 19 Prozent; im Export folgten die Deutschen mit 22 Prozent und einem Abstand von nur 60 Mio. Euro dicht hinter den Japanern auf Platz 2; im Import rangierte Deutschland hinter China und den USA auf Platz 3; im Verbrauch schließlich, einem wichtigen Indikator für die Dynamik der Industrie eines Landes, platzierte sich Deutschland hinter China, Japan und den USA als viertgrößter Markt weltweit.
Die Frage, ob der deutsche Werkzeugmaschinenbau angesichts dieses Szenarios an Boden verliere, verneinte Welcker kategorisch. Der Exportboom in den vergangenen beiden Jahren hat gezeigt, dass deutsche Hightech-Produktionstechnologie überall in der Welt regen Absatz findet, begründete er die Einschätzung.
Von der Produktseite sind deutsche Hersteller bestens aufgestellt. Neben der hochkarätigen Technologie haben sie auch beim Dienstleistungsangebot stark aufgeholt. Mittlerweile werden 17 Prozent des Umsatzes mit Dienstleistungen erzielt. Die Kompetenz, qualifizierte Dienstleistung als Zusatz zur Maschinentechnologie anbieten zu können, ist ein ganz wesentliches Differenzierungskriterium im internationalen Wettbewerb.
Kräftige Lohnerhöhungen setzen Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel
Die gute Positionierung in der Technologie darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass die deutschen Anbieter nach wie vor auf der Kostenseite stark gehandicapt sind. Wenn sich der Markt in China, Indien oder der Türkei vom Hauptkunden Automobilindustrie auf die Zulieferer verbreitert, wie derzeit zunehmend zu beobachten ist, stehen sie vor der Herausforderung, ihre Vertriebs- und Serviceaktivitäten auszubauen, um auch den Mittelstand erreichen zu können. Bei einer aktuellen Bruttoumsatzrendite des deutschen Werkzeugmaschinenbaus zwischen 5 und 6 Prozent wird selbst in guten Jahren letztlich nicht genug verdient, um derartige Kraftakte meistern zu können, stellte der VDW-Vorsitzende klar.
Die Forderung der Gewerkschaft nach einer kräftigen Lohnerhöhung kommt zur Unzeit und ist nicht drin, so Welcker deutlich. Die dauerhafte Erhöhung der Lohnkosten, die im Werkzeugmaschinenbau einen Anteil von 33 Prozent an den Gesamtkosten ausmachen, bindet Mittel, die dringend notwendig sind, die Arbeitsplätze und die Zukunft der Unternehmen nachhaltig zu sichern. Darüber hinaus müssen Teile, Komponenten oder auch komplette Maschinen nicht mehr notwendigerweise in Deutschland produziert werden. Im Wettbewerb mit den östlichen Nachbarn bedeute eine Lohnsteigerung von 1 Prozent einen Anstieg zwischen 6 und 7 Prozent in Tschechien, Ungarn oder Polen. Abgesehen davon, dass der Niveauunterschied nach wie vor beträchtlich ist, würde keines der Länder seinen Wettbewerbsvorteil durch eine 30 bis 35-prozentige Lohnsteigerung aufs Spiel setzen, gab Welcker mit Nachdruck zu überlegen.
Die kompletten Ausführungen von Carl Martin Welcker, Vorsitzender des VDW, sowie ausführliches Zahlenmaterial und Grafiken finden Sie unter www.vdw.de im Bereich Leistungsangebot/Presse.
Quelle und Kontaktadresse:
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