Deutsche LKW-Maut frühestens in 2005 / Jetzt EU-Mautrichtlinie verbessern
(Berlin) - Die Allianz pro Schiene forderte Verkehrsminister Stolpe auf, sich sofort und mit Nachdruck in Brüssel für eine Verbesserung der EU-Mautrichtlinie einzusetzen. Da Toll Collect erst übernächstes Jahr die voll funktionierende Mauterfassung anbietet, drohen weitere Komplikationen und Verzögerungen durch die neue EU-Richtlinie, warnte Norbert Hansen, der Vorsitzende der Allianz pro Schiene.
Nach Informationen der Allianz pro Schiene wolle der neue irische Vorsitzende des EU-Verkehrsministerrats die Richtlinie auf dem Ratstreffen am 8./9. März 2004 durchboxen und auch das EU-Parlament arbeite in diesen Tagen mit Hochdruck an der Maut-Richtlinie, die am 1.Juli 2005 in Kraft treten soll.
Die von Toll Collect vorgeschlagene abgespeckte vorläufige Maut-Version für 2005 sei zunächst technisch unflexibel und könne deshalb nicht an neue EU-Vorgaben angepasst werden. Da ist neuer Ärger vorprogrammiert, warnte Norbert Hansen. Bevor Toll Collect das Vollsystem in 2006 ins Laufen bringt, kann man offenbar weder die Höhe der Maut noch die mautpflichtigen Straßen ändern. In beiden Punkten weiche der EU-Entwurf zu den Wegekosten jedoch vom deutschen Mautgesetz ab.
Die Allianz pro Schiene sieht grundsätzlichen Änderungsbedarf bei dem vorliegenden Entwurf der EU-Wegekostenrichtlinie. Der Vorsitzende Hansen: Wir lehnen den Entwurf ab, weil er das Ziel der Kostenwahrheit im Verkehr verfehlt. Schwerwiegende Mängel weist der Richtlinien-Entwurf nach Ansicht des Schienenbündnisses in drei zentralen Punkten auf: bei der Höhe der Maut, ihrem Geltungsbereich und bei der Verwendung der Einnahmen.
So sieht der Entwurf vor, dass nur die in den letzten 15 Jahren angefallenen Kosten für Bau und Erhalt der Straßen bei der Mauthöhe berechnet werden dürfen. Demnach müsste der deutsche Maut-Satz um schätzungsweise 30 Prozent gesenkt werden. Die Allianz pro Schiene wies darauf hin, dass Straßen eine Abschreibungsdauer von bis zu 90 Jahren haben und verlangt deshalb eine zeitlich unbefristete Vollkostenrechnung. 15 Jahre sind eine willkürliche Grenze, die die Maut künstlich klein rechnet, kritisierte Norbert Hansen.
Bei der Frage, auf welchen Straßen Benutzungsgebühren erhoben werden dürfen, forderte die Allianz pro Schiene eine EU-weite Pflicht zur Mauterhebung für das gesamte Straßennetz. Hansen: Alle Straßen werden mit Steuergeldern gebaut und unterhalten, Landstraßen genauso wie Autobahnen. Der Richtlinien-Entwurf stellt es den Mitgliedstaaten dagegen frei, ob sie eine Maut erheben oder nicht, und schränkt den Geltungsbereich auf wichtige Transitstrecken ein. Das hätte zur Folge, dass die geplante deutsche Maut erneut ein aufwändiges Genehmigungsverfahren in der EU durchlaufen müsste, da sie auf dem gesamten deutschen Autobahnnetz gelten soll. Der Vorsitzende des Schienenbündnisses kritisierte zudem die Wettbewerbsverzerrung gegenüber der Schiene: Die Eisenbahnen werden von einer EU-Richtlinie dazu verpflichtet, europaweit auf allen Trassen Gebühren zu bezahlen.
Die Einnahmen aus der Maut sollen, dem vorliegenden Richtlinien-Entwurf zufolge, größtenteils in die Straße zurück investiert werden. Dieser Festlegung widerspricht die Allianz pro Schiene scharf. Die Mitgliedsstaaten müssen ausdrücklich ermuntert werden, die Mauteinnahmen in umweltschonende und sozialverträgliche Verkehrsmittel wie die Bahnen zu investieren, forderte Norbert Hansen. Nur so könnten die Ziele der Kommission erreicht werden, den Verkehr in Europa nachhaltiger zu gestalten.
Der Sinn und Zweck der Maut, nämlich die LKW angemessen an den Wegekosten zu beteiligen und so für mehr Kostenwahrheit im Verkehr zu sorgen, drohe in Deutschland durch das Versagen von Toll Collect in Vergessenheit zu geraten. Verlierer sind die Umwelt und die Menschen, die unter der LKW-Lawine leiden , betonte Hansen. Es sei mehr als bedauerlich, dass auch der europäische Richtlinien-Entwurf hinter den Zielen der EU-Kommission zurückbleibe.
Das EU-Weißbuch zum Verkehr hatte eine Richtlinie angekündigt, die die Wegekosten für alle Verkehrsträger regeln und dabei auch die externen Kosten enthalten sollte. Norbert Hansen: Was jetzt vorliegt, ist nur eine halbherzige Novellierung der LKW-Vignette. Wir brauchen aber in Deutschland und Europa ein verkehrspolitisches Instrument, das Umweltschäden und Unfallkosten den Verursachern anlastet und dadurch die umweltfreundliche Schiene stärkt.
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