Pressemitteilung | k.A.

Deutsche Bahn AG klagt gegen Fahrgastverband

(München) - Die Deutsche Bahn AG geht seit Ende letzter Woche auch gerichtlich gegen Kritik an ihrem neuen Preissystem vor. Sie hat Klage gegen den Vorsitzenden des Fahrgastverbandes PRO BAHN e.V. , Karl-Peter Naumann, wegen einer kritischen Äußerung erhoben. Seit gestern liegt PRO BAHN eine Klage der Deutschen Bahn AG wegen einer kritischen Äußerung über das neue Preissystem der DB AG vor. Nach einem Test der Beratungsqualität der DB AG hatte die "Bild am Sonntag" am 22. Dezember Kommentare bei PRO BAHN eingeholt und zitiert.

Mitte Dezember 2002, unmittelbar nach Inkrafttreten des neuen Tarifsystems der Deutschen Bahn AG am 15 Dezember 2002, hatten der Westdeutsche Rundfunk und "Bild am Sonntag" die Beratungsqualität an Schaltern und über die Telefonauskunft getestet. Beide Untersuchungen waren zu dem Ergebnis gekommen, dass den Fahrgästen sehr häufig für dieselben Verbindungen sehr viele verschiedene Preise genannt wurden, die um erhebliche Summen voneinander abwichen. Daraufhin zitierte "Bild am Sonntag" den Bundesvorsitzenden des Fahrgastverbandes PRO BAHN in der Schlagzeile: "Jeder zweite zahlt zuviel." Jetzt, wenige Tage nach Erscheinen der Zeitschrift "test" der unabhängigen Stiftung Warentest (Berlin), die in einer weiteren Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen war, dass bei jeder zweiten Beratung dem Fahrgast nicht sofort das günstigste Angebot genannt wird, wurde dem PRO BAHN-Bundesvorsitzenden Naumann nun eine Klage zugestellt, nach welcher ihm der Kommentar zu der Untersuchung der "Bild am Sonntag" verboten werden soll.

Dass Herr Naumann persönlich verklagt und dem Prozesskostenrisiko ausgesetzt wird, dient offensichtlich der Einschüchterung der immer zahlreicher werdenden Kritiker. Man darf gespannt sein, welche Haltung die Bundesregierung zu diesem Vorgehen eines durch Steuergelder mitfinanzierten Bundesunternehmens einnehmen wird. In der Klageschrift meint die DB AG, es handele sich nur um ein "vermeintliches Preischaos" und spricht von einer "nach vermeintlichen Skandalen heischenden Boulevardpresse". Die u.a. von PRO BAHN; VCD und Stiftung WARENTEST nachgewiesenen, massenhaften Beratungsfehler werden als "bedauerliche Einzelfälle" verharmlost.

Der Fahrgastverband PRO BAHN sieht die Kritik durch die grundgesetzliche Meinungsfreiheit gedeckt und wird aus grundsätzlichen Erwägungen einen Rechtsstreit auch bis zum Bundesverfassungsgericht betreiben, um das Recht der Verbraucher auf freie Meinungsäußerung zu verteidigen. Auch in der Sache sieht sich PRO BAHN durch zahlreiche weitere Untersuchungen und die anhaltende Kritik am neuen Preissystem bestätigt. Auch Kundenberater in Reisebüros, die täglich mit dem neuen Tarifsystem umgehen müssen, kritisieren in Fachzeitschriften die Mängel des neuen Tarif- und Verkaufssystems. Nach Einschätzung von PRO BAHN sind die Kundenberater, die mit einer veralteten Computerausstattung arbeiten müssen, mit dem komplizierten Tarif völlig überfordert.

Detailinformation: Der Klageantrag: Denm Beklagten zu untersagen, folgende Behauptung aufzustellen und / oder zu verbreiten: "Jeder zweite Kunde (der Deutschen Bahn) zahlt zu viel für sein Ticket." Hintergrundinformation Die wichtigsten Mängel im Tarif- und Beratungssystem der DB AG:

• komplizierte Grundpreise (bis zu 14 Grundpreise für praktisch gleichwertige Verbindungen),
• drei verschiedene, nicht harmonierende Tarifsysteme für die Grundpreise der unterschiedlichen Zuggattungen,
• Sonderpreise für den Nahverkehr, die nicht im EDV-System angezeigt werden,
• Sortierung der Verbindungen: die schnellsten und teuersten Verbindungen werden zuerst angezeigt,
• eine Funktion, mit der die preiswerteste Verbindung zuerst angezeigt wird, fehlt oder (nur an Fernverkehrsautomaten) ist nicht ausreichend,
• Anzeige weniger Verbindungen (ohne weitere Abfrage werden dem Kundenberater und am Fernverkehrsautomaten nur 2 Verbindungen angezeigt),
• Fahrkarten können nur noch für konkrete Zugverbindungen ausgestellt werden, die vorher gefunden werden müssen,
• komplizierte, erklärungsbedürftige Bedingungen für Rabatte (3 Rabattstufen mit unterschiedlichen Bedingungen, Gruppentarif, Zugbindung, Stornogebühren, einige Rabatte nur für Rückfahrkarten, ein Rabatt nur mit Wochenendbindung),
• unzulängliche und irreführende Information in der Werbung,
• fehlende Abstimmung von Datenverarbeitung und Tarif (für manche durchgehende Verbindungen können Fahrkarten nicht erstellt werden (z.B. ICE-IC-ICE)
• lange Wartezeiten,
• insgesamt hohe Fehlerhäufigkeit,
• Erhebung von Nachlösezuschlägen auch bei Verspätungen, bei defekten Fahrkartenautomaten oder überlasteten Schaltern aufgrund mangelhafter Information des Zugpersonals,
• Erhebung von Nachzahlungen auch bei nachvollziehbaren Irrtümern der Reisenden oder bei Benutzung leeren Zügen.

Quelle und Kontaktadresse:
PRO BAHN e.V. Gemeinnütziger Fahrgastverband Schwanthalerstr. 74, 80336 München Telefon: 089/54456213, Telefax: 089/54456214

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