Pressemitteilung | Marburger Bund - Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V. - Bundesverband

Deutliche Kurskorrektur in Krankenhauspolitik notwendig

(Berlin) - Rund 15.000 zusätzliche Klinikärzte und eine Erhöhung des Krankenhausbudgets um ca. zwei Milliarden Mark fordert die Klinikärzteorganisation Marburger Bund (mb) von der Bundesregierung. In einem heutigen Gespräch mit Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) mahnten Vertreter des Marburger Bundes eine „deutliche Kurskorrektur“ in der Krankenhauspolitik an. Frank Ulrich Montgomery, 1. Vorsitzender des Verbandes, kritisierte insbesondere die überhastete Einführung des neuen Krankenhausvergütungssystems nach Fallpauschalen DRG (Diagnosis Related Groups), das bereits zum 01. Januar 2003 das bisherige Abrechnungssystems nach Pflegesätzen komplett ablösen soll.

Montgomery: „Wir stehen vor einer möglichen Verschlechterung der Patientenversorgung in deutschen Kliniken, da die gute Idee des neuen Vergütungssystems durch politisches Fehlverhalten gefährdet ist.“ Wer mehr Qualität und Transparenz wolle, der müsse alle Leistungen bei der Berechnung des neuen DRG-Systems berücksichtigen. Der vom Gesetzgeber vorgegebene Zeitplan sei zu knapp bemessen, um die tatsächlichen Personalkosten einschließlich unbezahlter Überstunden im neuen Abrechnungssystem zu erfassen. Es drohe ein gefährlicher Kellertreppeneffekt in Richtung Qualitätsverlust, wenn Ulla Schmidt den Einführungszeitpunkt zum 01. Januar 2003 nicht um zwei Jahre auf den 01. Januar 2005 verschiebe.

Rudolf Henke, 2. Vorsitzender des Marburger Bundes, verlangte, auch die Auswirkungen des Arbeitszeiturteils des Europäischen Gerichtshofs vom 03. Oktober 2000 zu berücksichtigen. Die EU-Richter hatten im Gegensatz zum deutschen Arbeitszeitgesetz klargestellt, dass der Bereitschaftsdienst auch der Krankenhausärzte nicht Ruhe-, sondern Arbeitszeit sei. Die Relevanz dieses Urteils für deutsche Klinikärzte sei erst kürzlich vom Arbeitsgericht Gotha bestätigt worden. Das bisherige Bereitschaftsdienstmodell führe zu überlangen und gesetzeswidrigen Arbeitszeiten von 30 und mehr Arbeitsstunden am Stück.

„Bei rechtskonformer Umsetzung des EuGH-Urteils“, so mb-Vize Henke, „brauchen wir schleunigst ein neues Dienstmodell und einen Personalmehrbedarf von mindestens 15.000 zusätzlichen Klinikärzten in Höhe von rund zwei Milliarden Mark. Die Bundesregierung müsse umgehend das deutsche Arbeitszeitgesetz den neuen europäischen Vorgaben anpassen.

Bei ihrem Gespräch mit der Ministerin überreichten die mb-Vertreter Modelle des Marburger Bundes zur systemadäquaten Umsetzung des neuen Krankenhausvergütungssystems sowie des Arbeitszeiturteils des EuGH. „Die Krankenhäuser müssen mit immer weniger Personal immer mehr Patienten versorgen. Wenn die Bundesregierung jetzt nicht handelt, dann wird die bereits ausgequetschte Zitrone Krankenhaus auch noch zertreten“, so mb-Chef Montgomery.

Der Marburger Bund, größter deutscher und europäischer Ärzteverband mit rund 70.000 Mitgliedern (jeder zweite Krankenhausarzt), werde alles in seiner Macht Stehende unternehmen, um die drohende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Patientenversorgung in Krankenhäusern zu verhindern.

Quelle und Kontaktadresse:
Marburger Bund - Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e. V. - Bundesverband Riehler Str. 6 50668 Köln Telefon: 0221/9731680 Telefax: 0221/9731678

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