Deutlich besser - Aktuelle Wirtschaftssituation zur Jahresmitte
(Köln) - Jährlich zur Jahresmitte befragt der BWVS seine Mitgliedsunternehmen in einer neutralen Umfrage danach, wie sie die aktuelle Wirtschaftssituation der Branche einschätzen. Parallel dazu hat die Wassersport-Wirtschaft Stimmen eingeholt, die die wirtschaftliche Lage dokumentieren. Jürgen Tracht und Hans Wischer berichten.
Der Aufschwung greift, überschrieben wir vor einem Jahr den Wirtschaftsbericht zur Jahresmitte. Wir sagten voraus, dass das Bootsgeschäft erst im Jahre 2000 wieder voll anziehen würde. Nun, das hat es in weiten Bereichen mehr als getan.
Von einem Rekordergebnis ist indes noch nicht die Rede. Denn bei den gestiegenen, hohen Exportzahlen für 1999 ist zu berücksichtigen, dass allein sechs Superyachten, geliefert in den Commonwealth-Bereich und nach Oman, die Statistik wesentlich beflügelt haben. Die Tabelle Exportstatistik zeigt das ganz deutlich. Wertmäßig wurde auch nach Spanien, Slowenien, Kroatien, Italien und in die USA mehr exportiert als Vorjahr. Die Durchschnittswerte pro exportiertem Boot haben sich dabei unterschiedlich entwickelt. Die Tabellen Export und Exportstatistik sagen Ihnen dazu mehr. Bei den Importzahlen für 1999 ergab sich gegenüber dem Vorjahr ein deutliches Plus bei den Stückzahlen, aber auch ein deutliches Minus bei den Werten. Aus Polen, Italien und den Niederlanden wurde wertmäßig mehr importiert, aus allen anderen Ländern weniger. Die Zahlen für den Import aus Neuseeland mit gerade sechs Superyachten fallen aus dem Rahmen. Die Tabellen Import und Import-Statistik sagen Ihnen dazu mehr. Im ersten Quartal 2000 hat der Import wertmäßig - gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum - um 64 Prozent zugelegt, der Export um 36 Prozent (wenn man Superyachten Made in Germany einmal außer Betracht lässt). Dieser überaus erfreuliche Trend zeigt: Es geht weiter bergauf. Allein aus Berlin kommen Klagen. Im Umland entstehen mehr Liegeplätze, als nachgefragt werden. Peter Twelkmeyer von Marina Lanke-Berlin: Zur Zeit sterben mehr unserer Kunden oder geben aus Altersgründen den Wassersport auf, als dass neue hinzukommen. Im Service-Bereich lassen Kunden nur das Notwendigste reparieren, verzichten immer öfter auf Inspektionen. Seine Umsätze kann er nur noch über den Preis halten. Im Charterbereich lässt der immer größer werdende Wettbewerb keinen Spielraum für befriedigende Gewinne. Bereits seit fünf Jahren konnte Twelkmeyer die Preise nicht anheben. Dass Kunden - im Berufsleben oft knallharte Geschäftsleute - zunehmend bei den Kaufverhandlungen den Händlern ebenbürtig sind, ist eine Tatsache, auf die man sich einstellen muss. Allein die Handelsbetriebe, die sich auf diese neue Klientel eingestellt haben, sind erfolgreich, meint Peter Holub von Sealine Sales Deutschland.
Doch nun erst einmal zur Gesamtsituation. Aus dem Konjunkturbarometer, erstellt nach der BWVS-Umfrage, geht hervor, dass 58 Prozent der Unternehmen die Geschäftslage im Vergleich zum Vorjahr besser beurteilen. 22,5 Prozent sprachen von gleich guten Geschäften. Zum Vergleich die Zahlen des Vorjahres: 34,8 Prozent besser und 22,2 Prozent gleichbleibend. Die Konjunktur hat also weiter kräftig angezogen. Wie es in den einzelnen Sparten aussieht, zeigt die Tabelle 2. Im Bootsbereich haben lediglich die Marktsegmente Motorboote, gebrauchte Segelboote und gebrauchte Schlauchboote geringfügig schlechter abgeschnitten als vor einem Jahr.
Auch in den Bereichen Zubehör, Service und Wartung, Wassersportbekleidung Charter wird pessimistischer geurteilt. Im Bereich Motoren und Ausbildung/Schulen ist die Tendenz erfreulich. Letztes heißt: die Gesamtzahl der am Wassersport Interessierten wird langfristig wieder zunehmen.
Segelboote
84 Prozent der befragten Unternehmen sprachen von gleichen oder besseren Geschäften (Vorjahr: 60 Prozent). Agnes Gruben (Bootsbau Gruben, Werft für die Jollen) meinte: Alles wie gehabt. Steigende Auftragseingänge dokumentieren für Reimund Haasler (db yachtbau, Werft für kleinere Kajütboote) eine positive Entwicklung der Marktsituation. Thomas Brauckmann (BYG Berliner Yachthandel) war mit über 30 Prozent mehr Umsatz und 30 Prozent mehr Gewinn in den ersten sechs Monaten gegenüber dem Vorjahresvergleichszeitraum äußerst zufrieden. Ebenfalls von einer 30-prozentigen Umsatzsteigerung sprach Fritz Conijn von der niederländischen Conyplex-Werft (große Segelyachten bis 17,50 Meter Länge). Er liefert einen bedeutenden Anteil seiner Produktion an deutsche Kunden.
Motorboote
78,9 Prozent berichteten zur Jahresmitte von gleichbleibenden oder besseren Geschäften. Vor einem Jahr waren es 82,8 Prozent. Da sehr viele Motorboote aus den USA und Großbritannien importiert werden, beeinträchtigten die ständig steigenden Wechselkurse die Geschäfte. Zufriedener waren Händler, die aus dem Euro-Raum importieren. Bei ihnen gab es keine Preiskorrekturen auf Grund der Währungsschwankungen, sie können einfach sorgloser kalkulieren. Für in Polen gefertigte Boote (wie die Quicksilver von Marine Power) gilt das ebenso. Hille (offene Sportboote) fertigt in Deutschland und England und kann so Währungsschwankungen ausgleichen. Hans-J. Schaub von Hille führte seinen Umsatzzuwachs von 30 Prozent - von 1999 auf 2000 - darauf zurück, dass sich Kunden in den letzten Jahren mit Käufen zurückgehalten haben. Peter Holub von Sealine Sales Deutschland (Boote 6 bis 15 Meter Länge) von sprach von wesentlichen Umsatzsteigerungen gegenüber dem Vorjahr: Die Umstrukturierung des Deutschlandimportes mit Eröffnung einer Werksniederlassung, so meint er, hat das Vertrauen zur Marke Sealine zurückgewonnen und gefestigt. Seine Gewinnerwartungen bis Ende des Jahres mag er noch nicht voraussehen, dafür muss die Entwicklung des britischen Pfundes abgewartet werden. Bei Thalmann (Hamburger Händler überwiegend für Gebrauchtboote) wurde die Situation als stabil und zufriedenstellend bezeichnet, bis Ende des Jahres wird eine positivere Bilanz als in 1999 erwartet. Reinhard Steltzer (AMS, Anbieter von Trawleryachten aus taiwanesischer und europäischer Produktion sowie Perkins-Motoren-Servicestation) will sich wegen des hohen Dollarkurses künftig mehr auf die Fertigung bei Werften in Europa konzentrieren. Für neue Boote sieht er die Situation schwächer als im Vorjahr: Die gebrauchten Trawler mit niedriger Motorisierung und geringem Dieselverbrauch werden ihm, sagte er, aus der Hand gerissen Die in diesem Jahr immens angestiegenen Treibstoffkosten haben sich auf die Umsätze bei Phönix am Bodensee (Motoryachten in diversen Größen) negativ ausgewirkt. Dennoch ist Roland Rieger mit der derzeitigen Situation zufrieden, musste noch keinen seiner 18 Mitarbeiter entlassen. Er will sich künftig auf den deutschsprachigen Raum konzentrieren und hat seine Messebeteiligungen in Genua, Barcelona und Palma gestrichen. Präsent will er nur noch auf den Ausstellungen in Friedrichshafen, Hamburg, Düsseldorf und Tulln bei Wien sein. Am Bodensee beeinträchtigen die schärfsten Abgasbestimmungen der Welt das Bootsgeschäft.
Schlauchboote
Anbieter von Schlauchbooten sprachen in diesem Jahr zu 78,8 Prozent von gleichbleibenden oder besseren Umsätzen als im Vorjahr. Vor einem Jahr waren es mit 75,7 Prozent ein paar Punkte weniger. Hier hat sich der frühere Sommer im Mai ausgewirkt und die Nachfrage angeheizt. Ob nun für gebrauchte oder neue Modelle. Peter Gugel (Gugelwerke) wünscht sich allerdings eine gleichmäßigere Nachfrage über das gesamte Jahr. Doch die Kunden haben sich daran gewöhnt, dass sie überall und jederzeit kurzfristig alles kaufen können. Für Lieferzeiten haben sie kein Verständnis, obwohl die bei individueller Ausstattung nicht zu vermeiden sind. Bis zum Jahresende erwartet Peter Gugel ein Umsatzplus von 10 Prozent.
Motoren
Noch vor einem Jahren beurteilten Bootsmotorenhändler und -importeure die Situation zu erfreulichen 82,9 Prozent als besser oder gleichbleibend. In diesem Jahr war die Stimmung noch positiver zu 91,8Prozent bei den befragten Unternehmen. Bernd Reinitz von Volvo Penta sprach von einem geradezu boomenden Markt für sein Unternehmen: Unsere Umsätze im ersten Halbjahr 2000 sind gegenüber dem Vorjahr um mehr als 30 Prozent gestiegen. Reinitz führt das auf die Preisstabilität des Euro-Marktes zurück. Allerdings konnte die Gewinnsituation aufgrund der enormen Preisdrucks seitens des Wettbewerbes nicht verbessert werden. Uns geht es gut, meldete Helmut Zilles von MAN. Auf dem maritimen Sektor haben wir mit wenigen Ausnahmen in all unseren Märkten kräftig zugelegt. Spitzenreiter auf hohem Niveau waren natürlich die USA. Aber auch in den europäischen Märkten (wie beispielsweise Großbritannien und Italien) konnten wir zweistellige Zuwächse verzeichnen. Selbst unsere fernöstlichen Kunden haben deutlich mehr bestellt.
Bordelektronik
Anbieter von Bordelektronik sprachen in diesem Jahr zu 80,3 Prozent von gleichbleibenden oder besseren Geschäften. Vor einem Jahr waren es nur 65,5 Prozent. Vom derzeitigen Aufschwung in Deutschland profitieren insbesondere ausländische Werften, die an deutsche Eigner liefern. Dort werden Boote und Yachten bereits mit den wichtigsten Elektroniksystemen ausgestattet. Zugleich ist der Käufer preisbewusster geworden, Niedrigpreis-Produkte werden vornehmlich über Katalog- und Versandhäuser gekauft. Dieser Trend ist wohl nicht mehr aufzuhalten. Deshalb legt sich der Fachhandel immer weniger Ware aufs Lager. Das aber ist die falsche Geschäftspolitik. Denn dadurch drängt sich der Fachhandel mit zunehmend geringerer Präsentation von Produkten noch mehr ins Abseits, meint BWVS-Präsident Axel Meier (Simrad Deutschland). Harald Mörer (Mörer Schiffselektronik) beliefert seit rund drei Jahren nur noch den Fachhandel, Werften und Servicebetriebe. Durch verstärkte Verkaufsbemühungen, Kundenbesuche und Schulungen hat er seine Kunden seitdem besser erreicht, sich eine Marktnische geschaffen. Im ersten Halbjahr 2000 konnte er seinen Umsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 18 Prozent steigern. Im ersten Quartal 2000 erzielte HDW-Hagenuk Schiffstechnik eine Umsatzsteigerung von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dieser erfreuliche Trend setzte sich allerdings im zweiten Quartal 2000 nicht fort, da es Lieferengpässe bei einigen Produkten gab.
Somit konnte der Umsatz in den ersten sechs Monaten 2000 gegenüber 1999 nur um fünf Prozent gesteigert werden. Knud Carlsson von HDW Hagenuk erwartet bis Jahresende lediglich ein Plus von drei Prozent. Bei Nordwest-Funk, einem Tochterunternehmen von Eissing, sind die Umsätze im Vergleich zum Vorjahr, auch durch neue Vertretungen, deutlich gestiegen. Einzig und allein machen uns, so Niko Reisch, die hohen Wechselkurse für den US-Dollar das britische Pfund zu schaffen.
Zubehör
Für das übrige Zubehör beurteilten 83,8% der Unternehmen die Geschäftsentwicklung gegenüber dem Vorjahr als gleichbleibend oder besser. Vor einem Jahr waren es nur 74 Prozent. Robert Marx von Marx Marine, zugleich Einzel- und Großhändler, urteilte unterschiedlich: Im Einzelhandel herrscht ein starker Preisdruck. Gleichzeitig wird mehr Service erwartet. Die Kunden akzeptieren keine Lieferzeiten und fahren für ein paar Prozentpunkte mehr 50 Kilometer weit zum nächsten Händler. Im Großhandel drückt die Währungssituation auf das Geschäft. Durch höheren Umsatz konnte er seinen Gewinn gegenüber dem Vorjahr verbessern.
Mit dem guten Wetter vor Ostern begann bei Schefferling die Saison bereits früher als in den Vorjahren. Indes wurden dadurch Schlechtwetterartikel und -bekleidung weniger nachgefragt, meinte Enno Pfahl. In seiner Segelmacherei Moritz hat er im vergangenen Winter große Investitionen im EDV-Bereich getätigt. So ist es jetzt möglich, bereits im Kundenge spräch das Lastverhalten des zukünftigen Segels verkaufsfördernd darzustellen.
Auch Detlef Lange von Bukh-Bremen sprach auf Grund des guten Frühsommers in diesem Jahr von einem wesentlich besseren Ergebnis als in 1999. Zudem ist bei ihm preislich hoch angesiedeltes Zubehör gut nachgefragt. Allein mit dem Motorengeschäft im Freizeitbereich war er nicht zufrieden. Dafür konnte er bei der Motorisierung von Rettungsbooten Punkte gut machen. Rainer Kolodzie von Webasto (Anbieter von Bordheizungen) sprach von 17 Prozent mehr Umsatz im ersten Halbjahr 2000 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Er führt das auf steigende Komfortansprüche der Bootsfahrer zurück.
Versicherungen
Die Geschäfte der auf die Versicherung von Booten spezialisierten Unternehmen sind jeweils ein Spiegelbild der Branche. Margit Bursinski, bei Pantaenius seit 1. Juli für das Marketing verantwortlich (zuvor stellvertretende Chefredakteurin vom Magazin Segeln) sprach von einer positiveren Marktsituation als im Vorjahr: Die Umsätze von Pantaenius stiegen um 10 Prozent.
Charter
80 Prozent der Vercharterer sprachen in der BWVS-Umfrage von gleichbleiben den oder besseren Geschäften. Vor einem Jahr waren es nur 65,9 Prozent. Dirk Kadach vom Yacht- und Charterzentrum Heiligenhafen (Direkt-Vercharterer von Segelyachten an der Ostsee, Agentur für Segelboote in ausländischen Revieren) berichtete von einem Umsatzzuwachs gegenüber dem Vorjahr. Er befürchtet aber angesichts des schlechten Sommerwetters negative Auswirkungen auf die kommende Saison. Der Umsatz der ausländischen Charterreviere liegt nach anfänglichem, zweistelligen Minus zur Jahresmitte wieder auf Vorjahresniveau. meinte Dirk Kadach. Locaboat offeriert geruhsam unter Motor laufende Charter-Penichetten in Frankreich, Holland und Mecklenburg. Allgemein lief das Jahr 2000 ganz gut an. Die Monate April und Mai waren alle unseren Revieren gut gebucht, meinte Eric Claverie. In Mecklenburg hat mit Sicherheit der neue Charterschein anstelle des bislang vorgeschriebenen Motorboot-Führerscheins die Geschäfte beflügelt. Jede dritte Anfrage bei uns bezog sich auf Mecklenburg. Doch da die Zahl der Boote dort begrenzt ist, müssen so manche Interessenten bis zum Jahr 2001 warten. Bis zum Jahresende erwartet Claverie eine Umsatzsteigerung von etwa fünf Prozent.
Schulen/Ausbildung
Im Ausbildungsbereich sprachen die Schulen in diesem Jahr zu 82,6 Prozent von gleichbleibenden oder besseren Umsätzen. Vor einem Jahr waren es nur 73,8 Prozent. Bei der Segelschule von Marina Lanke-Berlin beispielsweise wurde mit günstigen Angeboten die Schülerzahl verdreifacht und der Umsatz verdoppelt.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V. (BWVS)
Gunther-Plüschow-Str. 8
50829 Köln
Telefon: 0221/595710
Telefax: 0221/5957110