Pressemitteilung | Hartmannbund – Verband der Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V.

Desaströse Signale von Politik und Kassenvertretern / Pohle: Vertragsärzteschaft droht katastrophaler Coronaherbst

(Berlin) - Der Bundesrat hat gestern grünes Licht für den Corona-Pflegebonus gegeben - allerdings nicht für Medizinische Fachangestellte. Aus Sicht des Hartmannbund Landesverbandes Brandenburg ist dieser Beschluss nicht nachvollziehbar und nicht akzeptabel. Gleiches gelte für die jüngsten Äußerungen des GKV-Spitzenverbandes, wonach neue Hürden für vertragsärztliche Honorarsteigerungen eingeführt werden sollen.

"Dass der Bundesrat nun eine Milliarde Euro an Steuermitteln als Coronabonus für Beschäftigte in der Altenpflege und in Krankenhäusern gebilligt hat, ist richtig. Aber falsch ist es, dass das ambulante Versorgungssystem leer ausgehen soll. Da darf der Vertragsarzt aus seinem Honorar Prämien finanzieren, welche die Mitarbeiter dann steuerfrei in Empfang nehmen. Die Außenwirkung ist fatal, zeigt sie doch einmal mehr die Wertschätzung, welche die Ärztinnen und Ärzte und ihre Mitarbeitenden im Vertragsarztsektor eben nicht genießen. Mit warmen Worten und Applaus vom Balkon und einer ansonsten praktisch unterlassenen Hilfeleistung von Bund und Ländern wird die überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft im ambulanten Versorgungsbereich de facto dekapitiert. Mit absehbaren Folgen für die Motivation und Performance im nächsten Coronaherbst", äußert sich der Vorsitzende des Brandenburger Hartmannbundes Dr. Hanjo Pohle.

Bis zuletzt habe man auf Einsicht gehofft und der Politik zugetraut, dass diejenigen, die rund 90 Prozent der Covid-19-Patienten versorgt haben, dafür eine entsprechende auch finanzielle Anerkennung erhielten. "Aber nein, so etwas kommt für die Vertragsärzteschaft mit ihren Mitarbeitenden, die in der Coronapandemie das Bollwerk für die Krankenhäuser darstellten, nicht in Frage", kritisiert der Rathenower Allgemeinmediziner.

"Dieser bedauernswerten Entwicklung setzt die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes Doris Pfeiffer mit ihrer Äußerung von Mittwoch noch die Krone auf, wenn sie die zukünftige Entwicklung so beschreibt: überall müsse gespart werden und man werde Honorarsteigerungen, wenn überhaupt, nur unter den Gesichtspunkten des tatsächlichen Bedarfs von Versorgung, der Qualität und der Effizienz der Leistungserbringer betrachten". Dass freiberuflich tätige Ärztinnen und Ärzte als Leistungserbringer deklariert werden, sei leider symptomatisch für die immer stärker belastete Sozialpartnerschaft zwischen Kassen und Vertragsärzteschaft, die zugrunde zu gehen drohe. Wenn diese merkantilistischen Betrachtungen immer weiter um sich griffen, würde dies den Weg für Veränderungen in der Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung bereiten, die keiner haben wolle. Gesundheitsversorgung vollziehe sich nicht nach den Kriterien eines Dax-Konzerns mit entsprechenden Renditeerwartungen. "Wenn eine Berufsgruppe, die Gesundheit, das wichtigste Gut aller Menschen, betreut und versorgt, weiterhin so behandelt wird, ist das Ende vorprogrammiert. Es wird zwangsläufig noch schneller ökonomisiert und alles, was gute Medizin ausmacht, wie Empathie und Menschlichkeit, wird dann auf der Strecke bleiben. Das wäre ein großer, wohl nicht mehr gutzumachender Fehler".

Abschließend fordert Pohle die Gesetzlichen Krankenversicherungen im eigenen Interesse auf, die Folgen einer immer stärkeren Effizienzbetrachtung im Gesundheitswesen zu bedenken. "Wenn Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Sektor zunehmend wirtschaftlichen Kriterien wie Kosten-Nutzen-Analysen unterzogen und danach beurteilt werden, ob sie ihren Versorgungsauftrag effizient erfüllen, könnte dies unerwünschte Effekte mit sich bringen. In diesem Fall würden sich viele Kassenvertreter erheblich umsehen müssen, ob eine solche Betrachtungsweise richtig und im Interesse ihrer Versicherten ist", zeigt sich Pohle überzeugt.

Quelle und Kontaktadresse:
Hartmannbund - Verband der Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V. Pressestelle Kurfürstenstr. 132, 10785 Berlin Telefon: (030) 2062080, Fax: (030) 20620829

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