Der Weg aus dem Elfenbeinturm: Wissenschaft kommunizieren / Studie "Wissenschaftskommunikation in Deutschland" untersucht Motive, Hindernisse und Aktivitäten von Wissenschaftlern in Deutschland
(Berlin) - Wissenschaft wird einerseits abstrakter, andererseits aber immer häufiger zur Lösung gesellschaftlicher Probleme herangezogen. Das heißt, Wissenschaft muss sich - vielleicht mehr denn je - erklären, kommunizieren, legitimieren. Und das gegenüber verschiedenen Zielgruppen: einer breiten Öffentlichkeit, Fachkollegen, potenziellen Drittmittelgebern oder dem Nachwuchs.
Eine vom Deutschen Fachjournalisten-Verband (DFJV) finanzierte Studie des Instituts für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT) der Universität Bielefeld hat jetzt untersucht, welche Einstellungen, Motive und Hindernisse bei deutschen Wissenschaftlern gegenüber einer externen Wissenschaftskommunikation bestehen, welche Kommunikationsformen in welchem Umfang genutzt und welche Zielgruppen adressiert werden.
Studiendesign
Mittels Online-Befragung wurden 7.460 Wissenschaftler aus den übergeordneten Wissenschaftsbereichen Natur-, Lebens-, Ingenieur-, Geistes- und Sozialwissenschaften angeschrieben. Die Ausschöpfungsquote betrug 18,42 Prozent. Professoren waren in der Stichprobe mit 89,2 Prozent (Grundgesamtheit 20,9 Prozent) deutlich überrepräsentiert.
"Klassische" Kommunikationsformen dominieren
Häufigste Form der externen Wissenschaftskommunikation ist die Beantwortung von Journalistenanfragen. 60 Prozent der Befragten bestätigen solche Aktivitäten für die vergangenen 24 Monate. Immerhin fast die Hälfte der Befragten hat in dieser Periode mindestens eine Pressemitteilung herausgegeben, knapp ein Drittel hat im Wissenschaftsteil oder Feuilleton einer Zeitung publiziert. Bei der Vermittlung von Wissen gegenüber einer nicht-fachlichen Öffentlichkeit im Rahmen von Präsenzveranstaltungen dominiert der Vortrag - mehr als 80 Prozent der befragten Wissenschaftler waren hier mindestens einmal aktiv. Interessant: Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass ein starkes wissenschaftskommunikatives Engagement vor allem in biografisch späteren Phasen stattfindet. Bei der massenmedialen Kommunikation sind vor allem die Sozialwissenschaftler überrepräsentiert, unterrepräsentiert hingegen Natur- und Geisteswissenschaftler. Natur- und Ingenieurwissenschaftler zeigen wiederum eine höhere Aktivität bei Präsenzveranstaltungen.
Kommunikationsmotive: Moralische Verpflichtung und Unterstützung für das eigene Fach
62,5 Prozent sehen es als ihre moralische Verpflichtung an, die Öffentlichkeit über wichtige Themen aufzuklären, 61,7 Prozent nennen "öffentliche Unterstützung für das eigene Fachgebiet" als wesentlichen Grund für die eigene Kommunikation. Die seit einigen Jahren von Politik und Medien geforderte öffentliche Präsenz (Berichtspflicht) der Wissenschaft scheint damit handlungsleitend, ebenso der Kampf um knappe Ressourcen und Aufmerksamkeit.
Arbeitsbelastung ist Kommunikationshindernis
Als Grund für fehlendes kommunikatives Engagement wird in allen Fächergruppen zu mindestens 50 Prozent Zeitmangel angegeben, gefolgt von einem Mangel an Gelegenheiten. Es überrascht, dass dieser Grund insbesondere von Naturwissenschaftlern besonders häufig genannt wird (70 Prozent), obwohl von dieser Fächergruppe gleichermaßen Großveranstaltungen am stärksten wahrgenommen werden.
Fachkollegen sind immer noch wichtigste Adressatengruppe
Für alle befragten Wissenschaften stellen Fachkollegen die wichtigste Adressatengruppe dar, was insofern nicht unbedingt zu erwarten war, als dass diese Zielgruppe über andere Kanäle noch präziser adressiert werden könnte. An zweiter Stelle rangiert der potenzielle Nachwuchs, erwartungsgemäß besonders im Fokus bei Natur- (83,5 Prozent) und Ingenieurwissenschaften (90,0 Prozent), wo ein offenkundiger Nachwuchsmangel besteht.
Fazit
Die Studie zeigt, dass Wissenschaftler den verschiedenen Formen der Wissenschaftskommunikation positiver gegenüber stehen, als es das traditionelle Bild suggerieren mag. Wissenschaftskommunikation im Sinne von Berichtspflicht und im Interesse des Fachs (Ressourcenbeschaffung und Nachwuchsrekrutierung) setzt sich sukzessive durch. Allerdings bedient sich bislang lediglich eine Minderheit regelmäßig der breiten Palette an Kommunikationsformaten. Es bleibt zu hoffen, dass die Bereitschaft zur Kommunikation an eine nicht-fachliche Öffentlichkeit an Intensität und Varianz nach und nach zunimmt.
Die Studie kann als PDF-Dokument kostenlos über www.wk-studie.de heruntergeladen werden.
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Deutscher Fachjournalisten-Verband AG (DFJV)
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