Der Rechtsstaat ist nicht verhandelbar: Statement von Rechtsanwältin Dr. Sylvia Ruge
(Berlin) - Nach mehrmaliger Vertagung hat das polnische Verfassungsgericht nun entschieden, dass bestimmte Aspekte des EU-Rechts gegen die polnische Verfassung verstoßen. Das Urteil betrifft die Artikel 1 und 19 des EU-Vertrags, die die Basis für das Mitspracherecht der EU in Sachen Rechtsstaatlichkeit bilden. Das Gericht gibt dem nationalen Recht damit den Vorrang vor EU-Recht. Das Urteil ist die nächste Stufe im Konflikt zwischen der EU-Kommission und Polen um die polnische Justizreform. Der DAV verfolgt die Entwicklung mit zunehmender Sorge.
"Die Pflicht, wirksamen und unabhängigen Rechtsschutz zu schaffen, ist eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips. Polen hat den Rechtsstaat durch seine Justizreformen immer weiter ausgehöhlt. Diesem Prinzip nun aber auf europäischer Ebene formell eine Absage zu erteilen, hat eine neue Qualität. Das polnische Verfassungsgericht war bereits in der ersten Stufe der polnischen sogenannten Justizreform seiner Unabhängigkeit beraubt worden. Daher war - leider - zu erwarten, dass das Gericht nun den Vorrang des Unionsrechts in Abrede stellen würde.
Wer das gemeinsame Wertefundament der EU aber derart in Abrede stellt, muss mit Konsequenzen rechnen. Die EU hat mit dem Rechtsstaatlichkeitsmechanismus eine Sanktionierungsmöglichkeit an der Hand, die sie nun nutzen muss."
Am 22. Oktober findet die erste öffentliche Konferenz der Initiative Weimarer Dreieck der Anwaltschaften statt. Die Veranstaltung (englisch mit deutschen/polnischen/französischen Untertiteln) ist kostenlos.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)
Pressestelle
Littenstr. 11, 10179 Berlin
Telefon: (030) 7261520, Fax: (030) 726152190