Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) fordert eine Richtlinie für soziale Grundsicherungen in allen EU-Mitgliedstaaten
(Berlin/ Brüssel) - Zwischen den EU-Mitgliedstaaten herrschen nach wie vor große Unterschiede bei der sozialen Absicherung, effizienten Sozialverwaltungen und wirksamen sozialen Dienstleistungen. In einer Reihe von Mitgliedstaaten sind fundamentale Garantien und Leistungen u.a. für bedürftige und arbeitslose Menschen nicht ausreichend gesichert, für junge Menschen mit Förderbedarf, für Wohnungslose, für Menschen mit Behinderung und Pflegebedarf.
Dies entspricht nicht den europäischen Grundwerten und den sozialen Menschenrechten. Es beeinträchtigt die Befähigung der Bevölkerung und der Arbeitnehmer, den sozialen Frieden, vertieft die Kluft zwischen arm und reich und zieht wohlhabende Schichten nicht genügend in die Pflicht zur Solidarität.
Diese Defizite beeinträchtigen den sozialen Zusammenhalt sowie den fairen Wettbewerb in der EU. Im Sinne einer Aufwärtskonvergenz für Lebensverhältnisse und Lebensqualität werden europäische Mindeststandards für nationale Grundsicherungssysteme benötigt.
Aus diesen Gründen haben der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege die Europäische Säule sozialer Rechte begrüßt und begleiten nun deren Umsetzung. Dabei geht es nicht um EU-Sozialleistungen, sondern gemeinsame Grundsätze, die in den Mitgliedstaaten und bei politischen Maßnahmen der EU in wirtschaftlichen Krisenzeiten umzusetzen sind.
Das von der BAGFW entsandte Mitglied im EWSA, Prof. Dr. Bernd Schlüter, untersucht als Berichterstatter die ersten Umsetzungsschritte der Europäischen Säule sozialer Rechte und legt dem EWSA Vorschläge für künftige Umsetzungsleitlinien vor.
Der EWSA hat für die fundamentale Frage der Grundsicherung eine rechtlich bindende Richtlinie vorgeschlagen, welche alle Mitgliedstaaten verpflichtet, zugunsten ihrer Bürger dieses Recht auf Existenzsicherung in Verbindung mit einer aktiven Arbeitsmarktpolitik sicherzustellen. Dabei handelt es sich um einen Rahmen und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten selbst über die genaue Höhe und die konkreten Bedingungen der Grundsicherung entscheiden. Es handelt sich um einen zentralen Punkt der Säule sozialer Rechte, der alle EU-Mitgliedstaaten zugestimmt haben.
Prof. Dr. Bernd Schlüter begrüßt diese Initiative:
"In einer Werteunion dürfen wir nicht länger zulassen, dass in Mitgliedstaaten der Europäischen Union arme und benachteiligte Menschen im Stich gelassen werden, in absoluter Armut leben, von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen sind oder sogar diskriminiert und aus ihren Ländern vertrieben werden. Der EWSA hat sich für eine Richtlinie für europäische Mindeststandards für nationale Grundsicherungssysteme und für eine aktive Beschäftigungs- und Befähigungspolitik in Europa ausgesprochen.
Gleichzeitig ist zu analysieren, wo es im Moment unfaire Praktiken z. B. auch im Bereich der Steuern, der Euro-gestützten Exportüberschüsse und der Konzentration von Marktmacht und Profiten gibt und welche Maßnahmen der innereuropäischen Solidarität angemessen sind.
Die Wohlfahrtsverbände haben eine große Tradition der internationalen und europäischen Solidarität und jetzt ist ein guter Zeitpunkt, dieser wieder neue Impulse zu geben."
Der EWSA ist ein Organ der Europäischen Union und er berät die EU-Kommission, das Europäische Parlament und den Rat der EU. Er ist u.a. bei Mitteilungen der Kommission und Gesetzgebungsmaßnahmen zu beteiligen. Er versteht sich als Stimme der Zivilgesellschaft in Europa und vereinigt Vertreter der Arbeitgeberverbände, der Gewerkschaften, der Wohlfahrtsverbände, Umwelt- und Verbraucherschutzverbände und viele weitere zivilgesellschaftliche Organisationen aus allen EU-Mitgliedstaaten.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW)
Katrin Goßens, Referentin, Öffentlichkeitsarbeit
Oranienburger Str. 13-14, 10178 Berlin
Telefon: (030) 24089-0, Fax: (030) 24089-134