Pressemitteilung | Bundesverband Beteiligungskapital – German Private Equity and Venture Capital Association e.V. (BVK)

Der deutsche Beteiligungsmarkt bleibt weiterhin geprägt von Konsolidierung und Vorsicht / BVK präsentiert Statistik für das dritte Quartal 2002

(Berlin) - Der deutsche Beteiligungsmarkt sieht sich weiterhin den Auswirkungen eines negativen wirtschaftlichen Umfeldes gegenüber. Im dritten Quartal des Jahres 2002 wurden die Trends der ersten Jahreshälfte weitgehend fortgeführt. Die Statistik des dritten Quartals zeigt, dass sich die Konsolidierung weiter fortsetzt, wenn gleich auch offensichtlich weniger intensiv. „Aufgrund der Zahlen kann man jedoch immer noch nicht von einer Entwarnung bezogen auf das Beteiligungsgeschäft in Deutschland sprechen“ sagt Dr. Holger Frommann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. (BVK) auf der Quartalspressekonferenz in Berlin. „Die Konsolidierung hat den Markt und insbesondere das Early stage-Segment voll im Griff.“

Die Quartalsstatistik für das dritte Quartal 2002 basiert auf den Angaben von 216 ordentlichen Mitgliedern per 30.09.2002. Zur Geschäftstätigkeit im dritten Quartal machten 31 Mitglieder keine Angaben; sie gingen mit ihrem Portfolio per 30.06.2002 bzw. 31.03.2002 in die Statistik ein.


Deutlicher Rückgang bei den Neuinvestitionen

Die Investitionen im dritten Jahresquartal lagen mit einem Volumen von 490,0 Mio. Eurodeutlich unter dem Ergebnis des Vorquartals (727,2 Mio. Euro) und nur knapp über dem Ergebnis des ersten Quartals (482,2 Mio. Euro). Auf Erst-Engagements in insgesamt 164 Unternehmen entfielen 322,2 Mio. Euro (Q2: 491,4 Mio. Euro). Damit herrscht in diesem Bereich anhaltende Vorsicht, während Folgeinvestitionen in Portfoliounter-nehmen weiterhin überwiegen. Es wurden Folgeinvestitionen in Höhe von 168 Mio. Euro in insgesamt 246 Unternehmen getätigt (Q2: 235,8 Mio. Euro).


Keine Erholung bei Frühphasenfinanzierung / Anzahl der Buyouts weiterhin hoch

In der Struktur der Bruttoinvestitionen nach Finanzierungsphasen stehen Expansionsfinanzierungen an der Spitze mit 34,3Prozent, gefolgt von Buyouts mit 31,8Prozent und Early stage-Finanzierungen mit 30,1 Prozent. Damit ist der Anteil der Expansionsinvestitionen gegenüber dem zweiten Quartal um fast 10 Prozent gestiegen – investiert wurden 168,0 Mio. Euroin 194 Unternehmen.

Im Early stage-Bereich (Frühphasenfinanzierung: Seed- und Start up-Unternehmen) stieg das Investitionsvolumen im dritten Quartal mit 136,0 Mio. Euro (Q2: 114,8 Mio. Euro) leicht an. Bei Seed-Finanzierungen wird dagegen sichtbar, dass die Investitionen nach Volumen und Anzahl weiter wegbrechen: Diese sind von 17,3 Mio. Euroim zweiten Quartal auf 11,8 Mio. Eurozurückgefallen. „Nach wie vor wird das Teilsegment Early stage auf der Investitionsseite wie auf der Exitseite am meisten gebeutelt“, erläutert Frommann (BVK). „Eine kurzfristige Erholung des Marktes ist nicht in Sicht, man sollte sogar davon ausgehen, dass Erholungstendenzen auch in 2003 nicht wesentlich spürbar sein werden.“ Im Bereich der Buyouts fielen die Investitionen mit 155,6 Mio. Eurogegenüber dem Vorquartal (372,6 Mio. Euro), das von einigen großen Transaktionen geprägt war, wieder auf ein Normalmaß zurück. Mit 31,8 Prozent machen Buyouts aber nach wie vor einen großen Anteil der Bruttoinvestitionen aus.


Anzahl größerer Buyout-Transaktionen nimmt zu / Leveraged Buyouts (LBO) gewinnen an Gewicht

Die Statistiken der letzten Jahre bis heute haben auch in Deutschland gezeigt, dass sich im Buyout-Segment tiefgreifende Veränderungen vollzogen haben. Zunehmend bilden größere Transaktionen den Schwerpunkt in diesem Marktsegment. Seit dem Ende der 90er Jahre liegt der Schwerpunkt bei den Buyouts vor allem auf Spin-off’s aus Großunternehmen. Von überdurchschnittlich wachsender Bedeutung ist dabei der Teilbereich der Leveraged Buyouts (LBO). Prinzipiell sind Buyouts Unternehmensübernahmen durch Finanzinvestoren, die wesentlich über Fremdkapital finanziert werden. MBO’s/MBI’s zielen dabei auf eher kleinere und mittlere Transaktionen. LBO’s sind Übernahmen von Unternehmen, die aus Großkonzernen ausgegliedert oder von der Börse zurückgekauft werden.

Machten LBO’s im Jahr 1998 noch 23,5 Prozent des Buyout-Volumens in Deutschland aus, so waren es 2001 bereits 58,5 Prozent. In den ersten neun Monaten des Jahres 2002 ist der LBO-Anteil bereits auf 79,7 Prozent gestiegen. Das zunehmende Gewicht von LBO’s wird vor allem auf die im Umbruch befindliche deutsche Unternehmenslandschaft zurückgeführt. Die allgemeine wirtschaftliche Lage, ein ruhiger M&A-Markt, Kostendruck und Liquiditätsengpässe zwingen Großunternehmen dazu, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Zahlreiche große Player trennen sich daher von ihren Randaktivitäten und veräußern diese an Finanzinvestoren. Diese gestalten das Unternehmen dann so, dass es im Markt eine neue Chance bekommt. Das Ziel der Investoren ist eine höhere Wertschöpfung des Unternehmens und schließlich die Veräußerung desselben.

Den Leveraged Buyouts wird in der deutschen Öffentlichkeit noch nicht die wirtschaftliche Bedeutung beigemessen wie in anderen Ländern. Dennoch steht diese außer Frage: Eine Untersuchung der European Private Equity and Venture Capital Association (EVCA) hat die wirtschaftlichen Effekte von Buyouts herausgearbeitet und die wirtschaftliche Bedeutung dargelegt. (Survey of the Economic and Social Impact of management Buyouts and Buyins in Europe, PWC/EVCA, Brüssel 2001)


Großtransaktionen verzerren auch die Branchenstruktur

Betrachtet man die Branchenstruktur der Investitionen des dritten Jahresquartals 2002, so entfielen 22,5 Prozent auf Investitionen im Konsumgüterbereich, was vor allem auf einen großen Buyout in dieser Branche zurückzuführen ist. Weitere Later stage-Szenarien und Buyouts in eher traditionellen Branchen wirken ebenfalls leicht verzerrend auf die Branchenstruktur. Der Löwenanteil von 44,9 Prozent aller neuen Investitionen entfiel immer noch auf die High-Tech-Branchen (Informations-, Kommunikations-, Biotechnologien und Medizintechnik). Hier flossen 62,6 Mio. Euro(12,8 Prozent) in die Software-Branche, 56,3 Mio. Euro(11,5 Prozent) in die Biotechnologie und 45,3 Mio. Euro(9,2 Prozent) in die Kommunikationstechnologie.


Schwerpunkt der Investitionen liegt in Baden-Württemberg

Mit 382,8 Mio. Eurofloss ein Großteil der Investitionen des dritten Quartals (78,1 Prozent) in Unternehmen innerhalb Deutschlands. Die Investitionstätigkeit in Europa (außer Deutschland) ließ dagegen gegenüber dem Vorquartal (302,2 Mio. Euro) stark nach und fiel mit einem Volumen von nur 44,5 Mio. Eurosogar erstmals unter das Volumen der außereuropäischen Investitionen (62,9 Mio. Euro). Unter den Regionen innerhalb Deutschlands dominierte Baden-Württemberg (36,3 Prozent), gefolgt von Hessen (11,1 Prozent), Bayern (10,2 Prozent), NRW (9,2 Prozent) und Berlin (8,8 Prozent). Auf die neuen Bundesländer (ohne Berlin) entfielen 10,7 Prozent der Investitionen.


Einzelne große Veräußerungen an Finanzinvestoren prägen das Bild der Abgänge

Das Exitvolumen betrug im dritten Quartal 2002 476,5 Mio. Euro. Die Portfoliobereinigung sollte zwar mit dem zweiten Quartal dieses Jahres abgeschlossen sein, offensichtlich folgt ihr aber eine zweite, kleinere Bereinigungswelle nach. Nachdem sich der Anteil der Verluste an den Gesamtabgängen im Vorquartal normalisiert hatte, kehrte sich dieser Trend im dritten Quartal wieder um: Mit 148,9 Mio. Euro entfielen 31,2 Prozent des Exitvolumens auf Totalverluste. Überdurchschnittlich zugenommen haben Veräußerungen an andere Finanzinvestoren, die auf einige wenige größere Transaktionen zurückzuführen sind. Bei einem Volumen von 219,2 Mio. Euro(46 Prozent aller Abgänge) war dies auch der Hauptexitkanal. Trade sales (Veräußerung der Unternehmensanteile an einen industriellen Investor) haben dagegen im dritten Quartal nachgelassen, obwohl das Klima für einen solchen Exitweg sich weiterhin zu erholen scheint.


Kaum Erholungstendenzen für 2003 spürbar

Der BVK sieht angesichts eines anhaltend negativen wirtschaftlichen Umfeldes derzeit keine Anzeichen für einen neuen Aufwärtstrend im Beteiligungsmarkt. Nach den Angaben Frommanns wird die Börse, einst wichtiger Motor für Investitionen, weiterhin nicht als Exitkanal zur Verfügung stehen. Allein Trade Sales haben sich inzwischen langsam erholt, so dass im Bereich M&A wieder günstige Exits möglich sind. „Darüber hinaus üben institutionelle Investoren Zurückhaltung bei neuen Committments in neue Fonds“, so Frommann. „Da der Kapitalüberhang sich im Wesentlichen auf große und paneuropäische Fonds konzentriert und das Fund Raising ausgesprochen schwierig ist, dürfte es insgesamt eher zu einer Kapitalverknappung kommen.“

Dazu trägt nach Ansicht des Bundesverbands auch die nach wie vor bestehende Rechtsunsicherheit bei. Zwar wurden von der jüngsten Finanzministerkonferenz der Länder positive Beschlüsse hinsichtlich der Besteuerung der Investoren und Initiatoren von Fonds gefasst, dennoch sei die Lösung der Probleme noch nicht greifbar: „Die Koalitionsvereinbarung enthält insbesondere im Steuerbereich Maßnahmen, deren Umsetzung das Beteiligungsgeschäft erschweren wird. Damit werden neue Aufschwungstendenzen verhindert.“

Die Q3-Statistik sowie weitere Presseinformationen sind abrufbar unter www.BVK-eV.de direkt auf der Startseite unter „Aktuelles“.


Über den BVK

Der 1988 in Berlin gegründete Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften - German Venture Capital Association e.V. (BVK) ist die umfassende Organisation der deutschen und der in Deutschland tätigen Repräsentanten ausländischer Kapitalbeteiligungsgesellschaften. Er hat die zentrale Aufgabe, die Interessen seiner Mitglieder zu vertreten und das öffentliche Bewusstsein zu Funktion und Bedeutung von Beteiligungsgesellschaften als verlässliche Partner für Unternehmen, Initiatoren wirtschaftlichen Wachstums und Stabilitätsfaktor für die Wirtschaft Deutschlands zu fördern.


Rückfragen an:
Dr. Holger Frommann, Geschäftsführer des BVK
Telefon: 030/30 69 82-0
Dr. Werner Schauerte, Vorstandsvorsitzender des BVK
Telefon: 089/41 36 87-21

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Quelle und Kontaktadresse:
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