Pressemitteilung | Industrieverband Agrar e.V. (IVA)

Denkanstöße für den Pflanzenschutz / IVA begrüßt Diskussionspapier "Der stumme Frühling", sieht aber auch inhaltliche Mängel

(Frankfurt) - Willkommene Denkanstöße für einen umweltgerechteren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, gemischt mit einigen Ungereimtheiten und leider auch sachlichen Fehlern - das ist die Einschätzung des Industrieverbands Agrar e. V. (IVA) zu dem jetzt von elf Wissenschaftlern in der Reihe "Leopoldina Diskussion" veröffentlichten Debattenbeitrag "Der stumme Frühling".

Den Autoren ist es nach Ansicht des IVA gelungen, komplizierte Sachverhalte wie das Zulassungsverfahren oder den Pflanzenschutz-Einsatz in der landwirtschaftlichen Praxis auch für interessierte Laien gut verständlich aufzuarbeiten. Korrekt und differenziert stellen sie dar, dass es hierzulande in den zurückliegenden Jahrzehnten keinen Anstieg der Pflanzenschutz-Anwendungen gab - anders als zuletzt von verschiedenen Medien berichtet. Auch zu den von den Autoren gesetzten Zielen, wie Nahrungsmittelsicherheit, sauberes Trinkwasser und einer vielfältigen und artenreichen Umwelt, bekennt sich die agrochemische Industrie vorbehaltlos.

Da die Autoren den Nutzen des Pflanzenschutz-Einsatzes und agrarökonomische Fragen in ihrer Betrachtung weitgehend ausklammern, unterlaufen ihnen jedoch einige logische Ungereimtheiten. Moderne Landwirtschaft mit Pflanzenschutz und Mineraldüngern hat etwa die doppelten Flächenerträge wie ökologische Anbauverfahren - im Umkehrschluss benötigt sie daher für die gleiche Erntemenge nur die halbe Fläche. Wenn die Leopoldina-Autoren jetzt Importe von Lebens- und Futtermitteln kritisieren, muss man anmerken, dass die kritisierten Importe von Agrarrohstoffen bei einem Verzicht auf Pflanzenschutzmittel in Deutschland nicht etwa sinken, sondern sogar ansteigen würden. Auch der zu Recht kritisierte Habitatverlust, der wesentliche Faktor für den Rückgang der Biodiversität, würde bei verminderter Produktivität ebenso verschärft. Denn die fehlenden Erntemengen könnten nur durch eine Ausweitung der Anbaufläche kompensiert werden.

Einer Einschätzung der Autoren widerspricht der IVA sogar mit Nachdruck: Von einer systematischen Unterschätzung der Risiken durch Chemikalien kann man nach Ansicht der Pflanzenschutz-Industrie vor dem Hintergrund des deutschen Zulassungssystems nicht ernsthaft sprechen. Die Regeln für die Zulassung und die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sind durch eine jahrzehntelange intensive Diskussion zwischen Behörden und Wissenschaft - teilweise auch unter Beteiligung der Leopoldina-Autoren - entstanden. Das Risiko steht dabei stets im Fokus. Die Methoden der Risikoabschätzung wurden immer weiter verfeinert. Auch für die Kombinationswirkungen von Substanzen wurden solche Methoden entwickelt und von den Behörden auch angewendet.

Als eine an sich vermeidbare Schwäche des Diskussionspapiers sieht der IVA die selektive und oft einseitige Auswahl der Quellen. So greifen die Autoren zum Beispiel mit ihrem Vorschlag einer "Pestizid-Abgabe" ganz tief in die Mottenkiste. Die Studie, auf die sie sich beziehen (Möckel et al.), enthält bekannte analytische und methodische Mängel, auf die die Autoren aus wissenschaftlicher Redlichkeit hinweisen müssten.

Positiv bewertet der IVA schließlich den Vorschlag der Wissenschaftler, das Personal bei den Pflanzenschutzämtern der Bundesländer wesentlich aufzustocken. Dies ist auch eine Forderung des IVA im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP). Für eine konsequente Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes braucht es eine unabhängige öffentliche Beratung und auch entsprechendes Monitoring der Anwendung durch die Behörden. Zur Vorbeugung von Fehlanwendungen, die oft ursächlich für die in dem Diskussionspapier angesprochenen Probleme beim Pflanzenschutzmittel-Einsatz sind, braucht es eine intensivere Beratung.

Quelle und Kontaktadresse:
Industrieverband Agrar e.V. (IVA) Martin May, Geschäftsführer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Mainzer Landstr. 55, 60329 Frankfurt am Main Telefon: (069) 2556-1281, Fax: (069) 2556-1298

NEWS TEILEN: