DAV verurteilt Absetzung des Vorstandes der Istanbuler Rechtsanwaltskammer
(Berlin) - Am 21. März 2025 hat die türkische Justiz den gesamten Vorstand der Istanbuler Anwaltskammer, einschließlich des Kammerpräsidenten Prof. Dr. Ibrahim Kaboğlu, abgesetzt. Begründet wird dies mit Vorwürfen wie „Terrorpropaganda“ und „Verbreitung irreführender Informationen“, allein weil der Vorstand eine unparteiische Untersuchung der Todesfälle von zwei Journalisten in Nordsyrien (Rojava) gefordert hatte. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) betrachtet die aktuellen Entwicklungen in der Türkei und die Absetzung des Vorstandes mit großer Sorge.
„Der DAV steht an der Seite der Kolleginnen und Kollegen der Rechtsanwaltskammer Istanbul und verurteilt das inakzeptable Vorgehen der türkischen Justiz,“ so Rechtsanwalt Stefan von Raumer, Präsident des DAV. Mit den Türkischen Anwaltskammern sei der DAV über einen Freundschaftsvertrag verbunden.
Die Amtsenthebung der Kolleginnen und Kollegen des Istanbuler Kammervorstandes reiht sich ein in die in den letzten Tagen bekannt gewordenen, zutiefst besorgniserregenden Entwicklungen in der Türkei. Diese Entscheidung ist mit dem Rechts- und Berufsverständnis der deutschen Anwaltschaft nicht vereinbar. „Eine unabhängige Anwaltschaft ist Gewähr zur Aufrechterhaltung der Demokratie. Es ist das grundlegende Recht der freien Advokatur und ihre Aufgabe, sich an der öffentlichen Diskussion zu beteiligen und die Gewährleistung der Menschenrechte zu sichern,“ so von Raumer.
„Wir verurteilen den Angriff auf die türkische Anwaltschaft und stehen fest an der Seite unserer Kollegen und Kolleginnen. Der Angriff trifft nicht nur die Anwaltschaft, sondern auch die gesellschaftliche Gerechtigkeit,“ ergänzt Rechtsanwältin Gül Pinar, Mitglied des DAV-Strafrechtsausschusses.
Hintergrund:
Wegen der Forderung des Vorstandes der Istanbuler Rechtsanwaltskammer nach einer unparteiischen Untersuchung der Todesfälle von zwei Journalisten in Nordsyrien (Rojava), wurde diese mit Vorwürfen wie „Terrorpropaganda“ und „Verbreitung irreführender Informationen“ konfrontiert und gegen den Vorstand ermittelt.
Internationale Organisationen hatten bereits mit einer am 29. Januar 2025 veröffentlichten gemeinsamen Erklärung die türkischen Behörden aufgefordert, die Verfahren einzustellen und die Unabhängigkeit der Anwaltskammern zu respektieren. Am 23. Februar 2025 hatte die Istanbuler Rechtsanwaltskammer eine außerordentliche Generalversammlung abgehalten, zu welcher auch internationale Vertreterinnen und Vertreter anderer Anwaltsorganisationen – auch des DAV – eingeladen waren. Dort wurde dem Vorstand der Istanbuler Rechtsanwaltskammer, der über 65.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vertritt, das Vertrauen ausgesprochen und er entlastet.
Angesichts der Amtsenthebung sprach der Kammerpräsident Prof. Dr. Ibrahim Kaboğlu gegenüber türkischen Medien von „einem schwarzen Tag für die freie Advokatur“.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV), Littenstr. 11, 10179 Berlin, Telefon: 030 7261520