DAV fordert Abschaffung der Wohnsitzregelung
(Berlin) - Der Deutsche Anwaltverein (DAV) plädiert in einer Initiativstellungnahme dafür, die Wohnsitzregelung für Geflüchtete nach § 12a AufenthG aufzuheben. Entgegen der gesetzgeberischen Absicht hat sich diese Vorschrift gerade nicht als integrationsfördernd erwiesen - dies bestätigt nun auch die Evaluation des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Für die mit § 12a AufenthG einhergehenden schwerwiegenden Grundrechtseingriffe besteht keine Rechtfertigung.
Seit August 2023 liegt eine durch das BAMF veranlasste und von ihm publizierte wissenschaftliche Evaluation mit der Einschätzung vor, dass die Wohnsitzregelung "sehr wahrscheinlich nicht integrationsfördernd" ist. "Die Auswertung belegt unter anderem einen hohen bürokratischen Aufwand, negative Einflüsse auf die Wohnraumversorgung und die Arbeitsaufnahme sowie eine größere Gefahr sozialer Ausgrenzung", schildert Rechtsanwalt Berthold Münch, Mitglied des DAV-Ausschusses Migrationsrecht. "Mit diesem Evaluationsergebnis werden die Resultate älterer Erhebungen eindrucksvoll bestätigt."
Gerade die Arbeitsmarktintegration leistet einen zentralen Beitrag zur sozialen Integration. "Sie schafft vielfältige soziale Kontakte und vermittelt dadurch niedrigschwellig Werte und Perspektiven, sie verbessert Sprachkompetenzen und verhindert Vereinsamung", betont Münch. "Vor allem aber ermöglicht sie gesellschaftliche Beteiligung aufgrund wirtschaftlicher Freiheiten." Wenn die Integration in den Arbeitsmarkt (und damit in die Gesellschaft) durch die Wohnsitzauflage de facto eher behindert wird, fällt das zentrale Argument des Gesetzgebers weg.
Der DAV fordert daher, § 12a Aufenthaltsgesetz aufzuheben. "Es besteht weder eine Rechtfertigung für die damit verbundenen schwerwiegenden Grundrechtseingriffe, noch gibt es eine Grundlage der Regelung im geltenden oder im kommenden Unionsrecht", so der Rechtsanwalt.
§ 12a wurde mit dem Integrationsgesetz vom 5. August 2016 zunächst für drei Jahre befristet in das Aufenthaltsgesetz aufgenommen. Im weiteren Verlauf wurde das Gesetz - entgegen der ursprünglichen Absicht - ohne Evaluation entfristet und modifiziert. Die Vorschrift enthält umfangreiche Regelungen, nach denen Geflüchteten für drei Jahre Vorgaben für ihre Wohnsitznahme gemacht werden können. Ausdrückliche Absicht des Gesetzgebers war die Förderung nachhaltiger Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland - eine Fehleinschätzung, wie sich nun zeigt.
Flankiert ist die Vorschrift von Ordnungswidrigkeitstatbeständen sowie sozialrechtlichen Regelungen. Mit der Aufhebung des § 12a AufenthG können diese Maßnahmen ebenfalls keinen Bestand mehr haben.
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