"Das ist schon grotesk" / Handelsblatt: BAP-Präsident kritisiert erlaubnisfreie Arbeitnehmerüberlassung
(Berlin) - Die Zeitarbeitsbranche leidet einerseits stark unter der Corona-Pandemie, denn es sind in der Regel die Zeitarbeitskräfte, deren Jobs in der ausgelösten Wirtschaftskrise als erste bedroht sind. Andererseits wird aktuell flexibles Personal dringend gebraucht, ob im Lebensmitteleinzelhandel, in der Logistik oder in der Alten- und Krankenpflege. Jedoch wird die Branche nun mit zusätzlichen, branchenfremden Marktteilnehmern konfrontiert: Die Bundesregierung erlaubt in der Coronakrise auch Unternehmen, die keine Verleiherlaubnis besitzen, ihr Personal vorübergehend anderen Firmen zu überlassen. Arbeitsrechtlich möglich wird dies durch eine entsprechende Auslegung einer Ausnahmeregelung im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).
"Trotz Extremsituation ist das schon grotesk"
Gegenüber dem Handelsblatt äußert sich BAP-Präsident Sebastian Lazay kritisch über diese Regelung: "Sollen wir nun also unsere Beschäftigten organisiert in Kurzarbeit schicken, während andere Unternehmen ohne jede Regulierung mit ihren Beschäftigten vorübergehend unsere Arbeit übernehmen? Bei allem Verständnis für die aktuelle Extremsituation ist das schon grotesk."
Darüber hinaus würden die geltenden gesetzlichen Regelungen in der Zeitarbeit streng von der Bundesagentur für Arbeit oder vom Zoll kontrolliert, so Lazay weiter, aber wer kontrolliert andere Branchen, wenn sie, ohne sich ans AÜG halten zu müssen, Personal überlassen?
"Im schlechtesten Fall einer arbeitsrechtlichen Verletzung fällt das am Ende dennoch negativ auf die Zeitarbeitsbranche zurück", befürchtet der BAP-Präsident.
"Die Politik sollte jetzt die starren Fesseln lockern"
Laut Lazay sollte die Politik daher jetzt die starren Fesseln lockern, etwa die geltende Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten. Denn diese führe dazu, dass Zeitarbeiter nach dieser Frist aus eingespielten Teams in den Entleihbetrieben abgezogen und dann möglicherweise von ihren Arbeitgebern in Kurzarbeit geschickt werden müssten.
Kurzarbeit statt Kündigung
Statt ihren Mitarbeitern zu kündigen und sie in die Arbeitslosigkeit zu schicken, nutzt die Zeitarbeitsbranche das Instrument Kurzarbeit, um eine Situation wie beispielsweise in Spanien zu verhindern. Medienberichterstattungen zufolge hätten dort seit dem 12. März mittlerweile rund 900.000 Beschäftigte ihre Arbeit verloren, weit über die Hälfte davon Zeitarbeitskräfte.
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