Coronakrise senkt Stromverbrauch nur kurzfristig - Ökostromlücke von 100 TWh bis 2030 durch schnelleren Ausbau Erneuerbarer Energien vermeiden
(Berlin) - "Bedingt durch die Coronakrise sinken der industrielle Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen in Deutschland. Diese kurzfristigen Effekte dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Energiebedarf mittel- und langfristig deutlich steigen wird. Um einerseits wettbewerbsfähig zu bleiben und andererseits die Klimaziele zu erfüllen, müssen Industrieunternehmen, die Wärmeversorgung und der Verkehrssektor klimafreundlich modernisiert und die Sektorenkopplung vorangebracht werden. Nach allen Expertisen braucht es perspektivisch deutlich mehr Strom für den wachsenden Bedarf an klimafreundlichen Wärmepumpen, Elektromobilität und Power-to-X-Anwendungen. Für ein nachhaltiges und widerstandsfähiges Energiesystem sind Erneuerbare Energien in ihrer ganzen Kraft und Vielfalt nötig, sonst droht 2030 eine gewaltige Ökostromlücke in Höhe von 100 TWh. Anstatt drängende Entscheidungen bei der Energiewende weiter auszusitzen, muss die Bundesregierung rasch bestehende Barrieren beseitigen und den längst überfälligen Fahrplan für den Ausbau der Erneuerbaren bis 2030 vorlegen", so Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE).
Vor dem Hintergrund des veränderten Stromverbrauchs sowie konjunktureller Schwankungen durch die Coronakrise hat der BEE sein Szenario 2030 ergänzt. Es stellt dar, wie sich die jetzige Entwicklung der Erneuerbaren Energien auf den Klimaschutz bis 2030 auswirkt. Dafür wurden die Ausbauziele der Bundesregierung mit den erforderlichen Ausbaumengen bis 2030 verglichen.
Um den im Koalitionsvertrag vereinbarten Anteil von 65 Prozent Erneuerbaren Energien im Stromsektor bis 2030 zu erreichen, sind nach den BEE-Berechnungen 481 Terawattstunden (TWh) Strom aus Erneuerbaren Energien erforderlich. Dafür ist eine jährliche Installation von 4.700 Megawatt (MW) Windenergie Onshore, 2.000 MW Windenergie Offshore, 10.000 MW Photovoltaik, 600 MW Bioenergie, 50 MW Wasserkraft und 50 MW Geothermie notwendig. Die Bundesregierung hingegen gibt mit dem wenig ambitionierten Klimaschutzprogramm 2030 die Menge an Erneuerbaren Strom im Jahr 2030 zwischen 372 bis 382 Terawattstunden an, welche 65 Prozent entsprechen soll. Die Umrechnung auf 100 Prozent entspräche somit einem Bruttostromverbrauch von lediglich 572 bis 587 TWh.
Als Referenz für die Ausbaupfade für Erneuerbare Energien und die Einbeziehung einer verstärkten Sektorenkopplung bis zum Jahr 2030 erweist sich das Jahr 2020 aufgrund der Coronakrise nicht mehr als geeignete Referenz. "Kurzfristige Effekte wie ein niedrigerer Energieverbrauch der Industrie, ein Anteil von Erneuerbaren Energien am Strommix von über 50 Prozent im ersten Quartal 2020 sowie das mögliche Erreichen des Klimaziels für 2020 sind krisenbedingt nicht nachhaltig und deshalb nicht dazu geeignet, um Rückschlüsse auf die kommende Entwicklung bis 2030 zu ziehen. Nach der Wirtschaftskrise von 2008 haben wir erlebt, dass der Stromverbrauch rasch wieder gestiegen ist. Dies gilt es jetzt ebenso zu berücksichtigen, wie die wachsenden Bedarfe bei der Sektorenkopplung", kommentiert Peter. "Ein schnellerer Ausbau ist nötig und möglich. Die dezentralen Erneuerbaren Energien sind deshalb jetzt zu stärken, um so zu regionaler Wertschöpfung, neuen Arbeitsplätzen und dem Erreichen der Klimaziele beizutragen."
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