Communicator-Preis 2004 für Hubert Wolf / Kirchenhistoriker erhält 50000 Euro für die beste Vermittlung von Wissenschaft in die Öffentlichkeit
(Bonn) - Der "Communicator-Preis - Wissenschaftspreis des Stifterverbandes" geht in diesem Jahr an Hubert Wolf. Der Münsteraner Professor für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte wird mit 50.000 Euro für herausragende Leistungen in der Vermittlung seiner wissenschaftlichen Arbeit in die Öffentlichkeit ausgezeichnet. Der Preis wird gemeinsam vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) am 30. September in einer Festveranstaltung mit einem Vortrag des Preisträgers im Rahmen des diesjährigen Wissenschaftssommer in Stuttgart verliehen.
Der Communicator-Preis ist in enger Zusammenarbeit zwischen DFG und Stifterverband entstanden und wird in diesem Jahr zum fünften Mal verliehen. Mit diesem Preis werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgezeichnet, die sich nachhaltig und in herausragender Weise um die Vermittlung ihrer Arbeit in eine breite Öffentlichkeit bemühen. Eine Jury aus Wissenschaftsjournalisten, Kommunikations- und PR-Fachleuten beurteilt die Bewerbungen nach den Kriterien Relevanz, Zielgruppe, Originalität und Nachhaltigkeit. In diesem Jahr gingen 33 Bewerbungen aus verschiedenen Fachgebieten ein, von denen elf in die engste Wahl kamen. Unter ihnen wählte die Jury Hubert Wolf als Träger des Communicator-Preises 2004 aus.
Hubert Wolf wurde 1959 in Wört/Ostalbkreis geboren und studierte nach dem Abitur in Tübingen und München katholische Theologie. Er wurde 1985 zum Priester geweiht und 1990 zum Dr. theol. promoviert. Bereits anderthalb Jahre später habilitierte er sich in Tübingen für das Fach Mittlere und Neuere Kirchengeschichte. Im Dezember 1991 erhielt Wolf einen Ruf auf die C4-Professur für Kirchengeschichte der Universität Frankfurt. Seit 2000 lehrt er an der Universität Münster. Wolf, der 2003 den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis, den höchstdotierten deutschen Förderpreis, erhielt, beschäftigt sich mit der Auswertung der Archive der Inquisition und päpstlichen Indexkongregation. Charakteristisch für seine Arbeit ist, dass Wolf die Ereignisse in der Kirchengeschichte in größere interdisziplinäre Zusammenhänge der Politik- und Wissenschaftsgeschichte einbindet.
Wolf engagiert sich seit vielen Jahren für die breite öffentliche Vermittlung seiner Forschungsergebnisse. Er bringt in Vorträgen und Artikeln der Öffentlichkeit vorwiegend kirchengeschichtliche Themen nahe. Oft behandelt er dabei lokale Aspekte und erzählt in klaren und verständlichen Worten von einem mutigen Bischof von der Ostalb, von abtrünnigen Kirchenmännern, von Denunziationen, üblen Intrigen und auch der Großmütigkeit von Kirchenvertretern.
Schwerpunkt seiner Vermittlungsarbeit sind inzwischen die Ergebnisse aus der Aufarbeitung der vatikanischen Archive. Seit 1992 hat Hubert Wolf Zugang zu den Archiven der Inquisition und päpstlichen Indexkongregation. In zahlreichen Zeitungsbeiträgen, in Radiointerviews und Vorträgen zeichnet Wolf das aus seinen Forschungsarbeiten resultierende komplexe Bild von römischer Inquisition und Indizierung. Während er dabei mit überzeugenden Fakten gegen Vorurteile über die Geschichte der Kirche argumentiert, legt er ebenso mutig die Schwächen und Fehler seiner Institution dar. Stets erläutert er seinem Publikum sorgfältig den historischen Kontext der kirchengeschichtlichen Ereignisse.
In einer Artikelserie in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Jahr 2003 stellte Wolf zum Beispiel das Verhältnis des Vatikans zur Situation der Juden in Deutschland und Europa und zum Nationalsozialismus dar. Die spannend geschriebenen Artikel, die auf große Resonanz stießen, verbinden historiographische Genauigkeit und stilistisch verständliche Darstellung. Sie dokumentieren das Verhalten des Vatikans und zeigen auf, welche Motivation es für dessen Verhalten gab.
Die Jury würdigte Wolf als einen Aufklärer im besten Sinne, der es versteht, der breiten Öffentlichkeit durch Ehrlichkeit und Klarheit sowie durch lebendige, engagierte Darstellung die komplexen Realitäten der Kirchengeschichte zu vermitteln.
Auch das Fernsehen hat die Forschungsergebnisse von Hubert Wolf dargestellt. Aus seinem Forschungsfeld "Römische Inquisition und Indexkongregation" wurden einige Beispiele in Fernsehberichten gezeigt, so die Indizierung Heinrich Heines (1998, mit Arte). Geplant ist eine auf zwölf Jahre angelegte filmische Begleitung der Arbeiten in den Archiven des Vatikans. Auf seiner Website (www.buchzensur.de) macht Wolf die Ergebnisse der Forschung zu Inquisition und Index für jedermann zugänglich.
Der Communicator-Preis wird symbolisiert durch ein vom Kölner Künstler Michael Bleyenberg gestaltetes Hologramm. Es soll die Bedeutung der Transparenz in der Wissenschaft unterstreichen und sichtbar machen, dass es sich lohnt, die Dinge ins "rechte Licht" zu setzen. Wie das Hologramm entfaltet auch die Wissenschaft nur dann ihre ganze Leuchtkraft.
Quelle und Kontaktadresse:
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