Pressemitteilung | Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) / Regionalverband Ost - Bundesgeschäftsstelle Berlin

Coca-Cola erklärt Mehrweg-Ausstieg zur Unternehmensstrategie / Coca-Cola Vorstandschef Ulrik Nehammer wirbt auf Branchentagung "für einen Ausweg aus Mehrweg" und ruft Getränkeindustrie auf, gemeinsame Lösungen zu finden, "sonst bleiben wir bis Ende des Jahrhunderts im Mehrweg" / Sollte Coca-Cola mit seiner Strategie Erfolg haben, fallen in Deutschland über 120.000 grüne Arbeitsplätze weg / Deutsche Umwelthilfe unterstützt Forderung der Umweltbundesamt-Präsidentin nach einer Lenkungsabgabe auf Getränke in Einweg in Höhe von 20 Cent

(Berlin) - Nach Recherchen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sucht der Vorstandsvorsitzende der Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG Ulrik Nehammer offensiv nach weiteren Verbündeten in der Getränkeindustrie "für einen Ausweg aus Mehrweg". Nach einem Bericht im Fachblatt "Rundschau für den Lebensmittelhandel" erklärte Nehammer Ende Januar 2015 in Kitzbühel auf einer Branchentagung der Getränkeindustrie, man müsse gemeinsame Lösungen finden, "sonst bleiben wir bis Ende des Jahrhunderts in Mehrweg."

Der erneute Generalangriff von Coca-Cola auf das weltweit größte noch intakte Mehrwegsystem in Deutschland erfährt damit eine neue Dimension. Der amerikanische Brausehersteller will nicht nur selbst aus Mehrweg aussteigen, in seinem Unternehmen mehrere tausend grüne Arbeitsplätze in Deutschland abbauen und den operativen Gewinn des Mutterkonzerns, der im Jahr 2014 bei knapp 24 Prozent lag, weiter steigern. Coca-Cola versucht offensichtlich innerhalb der Getränkewirtschaft, weitere Hersteller vom Mehrwegausstieg zu überzeugen.

"Coca-Cola erklärt dem deutschen Mehrwegsystem den Krieg. Die früheren Bundesumweltminister Töpfer, Merkel, Trittin und Gabriel haben ähnliche umweltfeindliche Angriffe von Coca-Cola erfolgreich abgewehrt. Es genügt nicht, nur auf eine überfällige Kennzeichnung von Einweg und Mehrweg hinzuweisen. Die amtierende Bundesumweltministerin muss jetzt endlich handeln und eine Lenkungsabgabe in Höhe von 20 Cent auf Einweggetränke auf den Weg bringen, so wie die Präsidentin des Umweltbundesamtes es vorgeschlagen hat", fordert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Er betont, dass mehr als 120.000 grüne Arbeitsplätze in der mehrwegorientierten deutschen Getränkewirtschaft wegfallen werden, sollte Coca-Cola mit seinem Vorstoß Erfolg haben. Der Zusammenbruch des Mehrwegsystems im Getränkebereich wäre die Folge.

Der Coca-Cola Deutschland-Chef Nehammer hat seiner Ankündigung zur Abschaffung von Mehrwegflaschen bereits Taten folgen lassen. Die 1,5 Liter PET-Mehrwegflasche ist aus den meisten Verkaufsregalen verschwunden. Die 0,5 Liter PET-Mehrwegflasche soll dieses Jahr folgen. Der DUH liegen Informationen aus dem Unternehmen vor, nach denen die verbleibende 1,0 Liter Mehrwegflasche in etwa zwei Jahren folgen soll. "Coca-Cola kämpft seit Jahrzehnten weltweit gegen Umweltgesetze. In den letzten Jahren wurde der PET-Mehrwegpool in verschiedenen europäischen Ländern abgeschafft, zuletzt in Österreich und Norwegen. Jetzt hat es der Getränkekonzern aus Atlanta offensichtlich auf das umweltfreundliche deutsche Mehrwegsystem abgesehen", warnt Resch.

In der Verpackungsverordnung ist als offizielles Ziel eine Quote von 80 Prozent ökologisch vorteilhafter Getränkeverpackungen festgelegt. Die Mehrwegquote liegt derzeit bei unter 45 Prozent. Sollte Umweltministerin Hendricks nicht entschieden gegensteuern, wird es nach Ansicht der DUH bald kein Mehrwegsystem mehr geben, das es zu schützen gilt.

"Verbraucher sollten zu anderen Colas in umweltfreundlichen Mehrwegflaschen greifen und dem Großkonzern Coca-Cola an der Ladenkasse für den Abbau von Umweltstandards und grünen Arbeitsplätzen eine Quittung erteilen", sagt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer. Der Experte betont, dass neben der Einführung einer Abgabe auf Einweg die Umsetzung einer Kennzeichnungsverordnung zur klaren Unterscheidbarkeit von Mehrweg- und Einweggetränkeverpackungen notwendig ist.

Hintergrund: Coca-Cola und sein Verhältnis zum Mehrwegschutz

1. Umweltminister Klaus Töpfer reagierte 1987 auf die Ankündigung von Coca-Cola, die 1,0 Liter Mehrwegglasflasche durch Einweg-PET zu ersetzen, mit einer Verordnung zur Einführung eines Pfandes auf Einweg-Flaschen. Daraufhin verzichtete Coca-Cola auf die Umstellung auf Einweg und führte die (nun abgeschaffte) 1,5 Liter Mehrweg-PET-Flasche ein.

2. Ende der 90er Jahre forderte Coca-Cola die Abschaffung der 72 Prozent Mehrwegschutzquote und wollte bundesweit Verkaufsautomaten für Einweg-Getränke aufstellen. Die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel erteilte Coca-Cola eine Abfuhr; die Verunstaltung der Städte mit gekühlten Verkaufsautomaten wurde verhindert.

3. Von 2000 bis 2002 kämpfte Coca-Cola verbissen gegen die Einführung eines Pflichtpfandes auf Getränkedosen und Plastikflaschen, scheiterte aber am damals verantwortlichen Bundesumweltminister Jürgen Trittin.

4. Zur Fußball-WM 2006 in Deutschland torpedierte Coca-Cola das Mehrwegsystem mit einer Einweg-PET-Flasche in Fußballform, die als "Mehrwegflasche" pfandfrei abgegeben wurde. Mit Unterstützung des damaligen Bundesumweltministers Sigmar Gabriel stoppte die DUH diesen Versuch, den Mehrwegschutz und entsprechende Einwegpfandregelungen zu unterlaufen.

5. Im Januar 2015 wurde bekannt, dass Coca-Cola sich komplett von Mehrweg verabschieden möchte. Noch nicht klar ist, ob sich die amtierende Bundesumweltministerin Barbara Hendricks - wie ihre Vorgänger - für grüne Arbeitsplätze und den Schutz des Mehrwegsystems einsetzen wird.

Den DUH-Faktencheck zu Coca-Colas Aussagen über Mehrwegflaschen, Umweltschutz und Arbeitsplätzen finden Sie unter http://l.duh.de/ccfakt.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Umwelthilfe e.V., Bundesgeschäftsstelle Berlin Daniel Hufeisen, Pressesprecher Hackescher Markt 4 / Promenade 3 (Eingang), 10178 Berlin Telefon: (030) 2589860, Fax: (030) 25898619

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