Pressemitteilung | IG Metall - Industriegewerkschaft Metall

Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall, zu „Autogipfel“ des BMWK

(Frankfurt am Main) - „Es ist gut, dass der Bundeswirtschaftsminister Habeck sich mit Spitzenvertretern der Automobilindustrie zur krisenhaften Lage ausgetauscht hat.

Aus Sicht der Beschäftigten könnte die Lage der Automobilindustrie in unserem Land kaum dramatischer sein. Die Zukunft der Automobilindustrie ist auch die Schicksalsfrage für den Industriestandort Deutschland. Die Probleme in der Automobilindustrie werden dabei durch die insgesamt konjunkturell schwierige Situation massiv verstärkt. Deshalb ist und bleibt es wichtig, Konsument*innen finanzielle Planungssicherheit zu schaffen und die Binnennachfrage zu stärken.
Die Forderungen der IG Metall nach einer Industriepolitik, die Investitionen und bezahlbare, planbare Energiekosten für die energieintensiven Industrien fokussiert, sind in unserem 11- Punkte-Plan branchenübergreifend formuliert. Wir brauchen Sicherheit für die Beschäftigten durch eine starke industrielle Basis in Deutschland, gute bezahlte Arbeitsplätze und stabile demokratische Verhältnisse. Die Aufkündigung von Übernahmeregelungen und das Abschmelzen von Ausbildungsplätzen verunsichert die junge Generation und verschärft den Fachkräftemangel.

Wir haben deutlich gemacht, dass wir in vielen Unternehmen derzeit Konflikte zwischen Management und Arbeitnehmerseite haben und das kurzfristige, rein renditegetriebene Handeln mancher Geschäftsleitungen für falsch und verantwortungslos halten.

Wir fordern die Arbeitgeber auf: Stoppen Sie den hektischen und aktionistischen Abbau bei Personal und Standorten. Wir brauchen Investitionen in die Zukunft und Fachkräftesicherung, einen langen Atem statt schneller Rendite.

Lassen Sie uns stattdessen sprechen: Austausch statt Ausreden.
Wir haben aber auch klargemacht, dass wir die Politik in der Pflicht sehen, deutlich mehr zur Unterstützung der politisch gesetzten Ziele zu tun.
Angesichts der zugespitzten Krise der Automobilwirtschaft, des schleppenden Hochlaufs der Elektromobilität, der Investitionszurückhaltung in der Wertschöpfungskette der Elektromobilität, des Zeitdrucks im internationalen Wettbewerb um die Märkte der Zukunft und des absehbaren Verfehlens der Klimaziele fordert die IG Metall jetzt ein schnelles neues Förderpaket für die Elektromobilität.

Eine Beschleunigung des Hochlaufs der E Mobilität würde dem Klima ebenso helfen wie den Herstellern und Zulieferern, die Milliarden in die E Mobilität investiert haben. Investitionen müssen sich lohnen und Strafzahlungen im kommenden Jahr wegen Verfehlung der Klimaziele wären eine fatale Geldverschwendung.

Eine Wiederbelebung des Hochlaufs würde es der Industrie außerdem erleichtern, im Wettlauf mit außereuropäischen Herstellern weiter nach vorne zu kommen. Es wäre gleichzeitig ein Konjunkturprogramm wie auch eine industriepolitische Fitness-Spritze für eine erfolgreiche Transformation der Automobilindustrie.

Neben der bereits beschlossenen Sonderabschreibung für gewerblich angeschaffte emissionsfreie Fahrzeuge sollte die Bundesregierung auch den privaten Kauf von E Fahrzeugen und Plug in Hybriden wieder fördern, ein soziales Leasing Programm auflegen und eine Gebrauchtwagenprämie prüfen.“

FORDERUNGEN DER IG METALL IM ÜBERBLICK:

1. Die Förderung des Kaufs von reinen Elektrofahrzeugen und Plug-In Hybriden sollte auch für private Käufer neu aufgelegt werden. Sie sollte sozial gestaffelt sein und könnte über den Förderzeitraum schrittweise abnehmen. Sie kann wie beim Vorgängermodell in Form einer Kaufprämie oder in Form von Abzugsfähigkeit bei der Einkommenssteuerschuld (analog der Abzugsfähigkeit energetischer Baumaßnahmen gemäß §35c EstG) gewährt werden. Wählt die Politik das Modell der steuerlichen Abzugsfähigkeit müsste ein zusätzliches Instrument für untere Einkommensschichten hinzukommen.

2. Für Nutzer*innen im geringen Einkommensbereich sollte ein soziales Leasing- Programm aufgelegt werden. Hier sollten vor allem Menschen mit geringen Einkommen, langen Pendelwegen und kleine Gewerbetreibende (Pflegedienste etc.) in den Blick genommen werden. So erhielten auch neue Verbraucherschichten Zugang zur Elektromobilität, für die sie bisher nicht erreichbar war.

3. Es sollten dabei nur Fahrzeuge gefördert werden, die einen relevanten europäischen Wertschöpfungsanteil haben. Es sollten dabei aber alle Marken förderfähig sein, unabhängig vom Hauptsitz des Herstellers.

4. Der Gebrauchtwagenmarkt für E-Fahrzeuge ist entscheidend für die breitere Durchdringung des Marktes. Und die Angst vor dem Verfall der Restwerte von Elektroautos ist derzeit ein Faktor bei der Kaufzurückhaltung. Daher sollte die Förderung des Gebrauchtwagenkaufs eines BEV oder PHEV geprüft werden. Auch hierdurch würden E-Autos für breitere Schichten erschwinglich. Für Neuwagenkäufer würde das Restwertrisiko abgemildert und die Leasingraten bei Neuwagen gemindert.

5. Zur Ergänzung der Sonderabschreibung für gewerbliche Fahrzeuge sollte die Absetzbarkeit der Leasingraten von den Betriebsausgaben bei BEV und PHEV Fahrzeugen erhöht werden, denn ein hoher Anteil des gewerblichen Geschäftes läuft über Leasing.

Neben der Förderung des Kaufs emissionsfreier Fahrzeuge sollte die Bundesregierung jetzt auch in diesen Bereichen noch einmal nachlegen:

1. Die Vergünstigung des Ladestroms, entweder durch Senkung der Steuern im Strompreis oder durch steuerliche Absetzbarkeit der Ladestromkosten.

2. Unterstützung einer perspektivischen Elektroquote für Unternehmensflotten und Leasinganbieter, derzeit in Vorbereitung durch die EU-Kommission.

3. Ambitionierte Umsetzung der Versorgungsauflage für große Tankstellenbetreiber.

4. Ambitionierte Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie durch die Bundesregierung, für mehr Ladepunkte in Tiefgaragen, an Wohnhäusern, am Arbeitsplatz und im Handel.

5. Sicherstellung der Finanzierung des Aufbaus eines initialen Ladenetzes für Nutzfahrzeuge und erneuerte Kaufförderung für klimaschonende Nutzfahrzeuge.

6. Weitere Förderung der Batterieforschung, einer Schlüsseltechnologie der klimafreundlichen Mobilität.

7. Weitere Förderung der regionalen Transformationsnetzwerke in den Jahren 2026 bis 2028 durch die Bundesregierung.

Quelle und Kontaktadresse:
IG Metall - Industriegewerkschaft Metall, Alina Sophia Heisig, Pressesprecher(in), Wilhelm-Leuschner-Str. 79, 60329 Frankfurt am Main, Telefon: 069 6693-0, Fax: 069 6693-2843

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