Pressemitteilung | Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE)

BVE legt Wahlprüfsteine für Bundestagswahlkampf vor

(Bonn) - An einem 13-Punkte-Katalog wird die Ernährungsindustrie die Wahlprogramme der Bundestagsparteien messen. Als einer der bedeutendsten Industriezweige in Deutschland erwartet die Branche endlich die Schaffung mittelstandsfreundlicher unternehmerischer Rahmenbedingungen, die die Leistungskraft und Innovationsbereitschaft der Branche stärken und damit für die Sicherheit von rd. 550.000 Arbeitsplätzen sorgen. Besondere politische Aktualität haben die Entscheidungen der Bundesregierung zur Einführung eines Verbraucherinformationsgesetzes und eines Zwangspfandes auf Einweggetränkeverpackungen. Unter unseren Wahlprüfsteinen haben diese Punkte deshalb besondere Priorität.

Wahlprüfstein 1: Verbraucherpolitik

Ernährungsindustrie lehnt Verbraucherinformationsgesetz ab

Am 13 März .2002 hat das Bundeskabinett dem Entwurf eines Verbraucherinformationsgesetzes zugestimmt, der von der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) in dieser Form abgelehnt wird.

Nach dem Entwurf sollen der einzelne Bürger oder auch interessierte Institutionen Zugang zu den Informationen über Lebensmittel und Bedarfsgegenstände erhalten, die bei Behörden vorhanden sind und sich auf Verbraucherinteressen beziehen. Darüber hinaus sollen die Behörden das Recht haben, von sich aus die Verbraucher über bestimmte Sachverhalte unter Nennung von Produkt, Marke und Unternehmen zu informieren, und zwar auch unterhalb der Schwelle akuter Gesundheitsgefahren.

Staatliche Äußerungen zu Sicherheitsaspekten oder generell zur Qualität von Produkten haben aber nachhaltige Auswirkungen auf das Verbraucherverhalten. Negative Informationen werden in der Regel als Warnungen aufgefasst, sie können ein Unternehmen in existentielle Probleme bringen; Beispiele aus der Vergangenheit belegen dies. Vor diesem Hintergrund ist der Vorschlag für das Verbraucherinformationsgesetz äußerst skeptisch zu sehen.

Aus der Sicht der Ernährungsindustrie wahrt der Gesetzentwurf vor allem den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht. Die Informationsrechte greifen in den grundrechtlich geschützten Bereich der Unternehmen viel zu weit ein. Sie eröffnen dem Wettbewerber, der Politik und auch den NGOs Möglichkeiten des Missbrauchs. Darüber hinaus sieht sich die Industrie der Gefahr sofortiger Auslistungen durch den Handel ausgesetzt, der auf auch noch so unbegründete negative Meldungen möglicherweise so reagiert.

Ein Verbraucherinformationsgesetz muss auch die Interessen der Unternehmer und ihrer Mitarbeiter schützen, gerade weil Informationen so gravierende Folgen haben können. Es ist zu befürchten, dass mit diesem Vorhaben letztlich ein "öffentlicher Pranger" geschaffen wird. Keinesfalls kann akzeptiert werden, dass Behörden "Ross und Reiter" auch in den Fällen nennen können, in denen sich Vorwürfe bei späterer Prüfung als unhaltbar erweisen.

Grundsätzlich sollte den Betroffenen die Möglichkeit gegeben werden, Informationen selbst in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Nur wenn dies unterbleibt, sollte die Verbreitung durch die Behörde erfolgen können. Dies sieht auch ein Gesetzentwurf Niedersachsens vor, der dem Bundesrat ebenfalls vorliegt.

Das Vorhaben, Daten nur dann in einer allgemein verständlichen Form aufzubereiten, "soweit dies mit vertretbarem Aufwand möglich ist", lässt an den Grundsatz des Amtshaftungsrechts erinnern, dass eine Behörde die Pflicht hat, eine Auskunft richtig, klar, unmissverständlich und vollständig zu geben. Verbraucher sind in vielen Fällen nicht in der Lage, ohne Erläuterung einen Vorgang sachgemäß zu beurteilen.

Entgegen der öffentlichen Kritik sieht das Gesetz keine Auskunftspflicht der Wirtschaft vor. Eine solche Verpflichtung ist auch nicht erforderlich, da der Markt, die Unternehmer-Kunden-Beziehung und die Öffentlichkeitsarbeit der Unternehmen das Informationsinteresse der Verbraucher insoweit von selbst regeln. Wer behauptet, die überwiegende Mehrheit der Unternehmen "mauere", mag dafür den Beweis antreten. Es sind jedenfalls keine Missstände aufgetreten, die ein Eingreifen des Gesetzgebers rechtfertigten.

Schließlich eignet sich das Vorhaben nicht für einen nationalen Alleingang. In Betracht kommen kann nur eine europäische Regelung.


Wahlprüfstein 2: Verpackungsverordnung

Einführung des Zwangspfandes falsches Signal

Der Beschluss des Bundeskabinetts vom 20. März 2002 zur Einführung eines Zwangspfandes auf Einweggetränkeverpackungen für Bier, Mineralwasser und kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke ab 1. Januar 2003 ist aus Sicht der in der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie zusammen geschlossenen Verbandsorganisationen, einschließlich großer Teile der Brauwirtschaft, ebenso falsch wie teuer. Das Zwangspfand auf Einwegflaschen, Dosen und Getränkekartons wird Kostenbelastungen in Milliardenhöhe zur Folge haben, ohne ökologischen Nutzen. Allein der Aufbau des notwendigen Rücknahmesystems wird nach vorsichtigen Schätzungen etwa 1,3 Mrd. Euro kosten. Die jährlichen Betriebskosten dürften bei ca. 800 Mio. Euro liegen. Das Zwangspfand wird die Verbraucher, und damit die Volkswirtschaft nur zusätzlich belasten.

Es gibt keinen Beleg, dass ein Zwangspfand auf Einwegverpackungen zu einer Stabilisierung des Mehrweganteils führt; das Gegenteil ist zu befürchten.

Neue Ökobilanzen belegen zudem, dass moderne Einwegverpackungen, wie Getränkekartons und Schlauchbeutel ökologisch vorteilhaft und damit gerade unter Umweltgesichtspunkten der Mehrwegflasche gleichwertig, ihr teilweise sogar überlegen sind. Die Anfang der 90er Jahre von der Politik vorgenommene unterschiedliche Bewertung von Einweg- und Mehrwegverpackungen ist aufgrund technischer Entwicklungen längst nicht mehr aufrecht zu erhalten.

Das Zwangspfand ist eine Maßnahme, die die überfällige Neukonzeption der Verpackungsverordnung erschwert. Die BVE fordert eine ökologisch zielführende, umfassende Novelle der Verpackungsverordnung, die langfristig die richtigen Weichen stellt und die aktuellen Probleme löst. Eine Klarstellung der Selbstentsorger-Gemeinschaftslösungen gehört ebenso dazu wie die Anpassung der deutschen Regelung an die Europäische Verpackungsrichtlinie.


Handlungsbedarf bei Selbstentsorger-Gemeinschaftslösungen

Die Ernährungsindustrie begrüßt grundsätzlich die in der Verpackungsverordnung vorgesehene Möglichkeit der Selbstentsorgung, verlangt aber, dass Selbstentsorger in einen fairen Wettbewerb eintreten.

Industrie und Handel sind in hohem Maße über die rechtlich bedenklichen Selbstentsorgerlösungen für Verkaufsverpackungen verunsichert, die den Unternehmen von großen Drogeriemarktketten angeboten werden. Offensichtliche Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Selbsthilfeorganisation der Wirtschaft Duales System (DSD) - bis hin zur gefährlichen Aushöhlung - begründen die Sorge vor spürbaren Verteuerungen der Entsorgungskosten. Es geht um erhebliche wirtschaftliche Risiken und die Bestimmtheit der rechtliche Rahmenbedingungen.

Bundesregierung und Bundesländer sind aufgefordert die Rechte und Pflichten von Selbstentsorger-Gemeinschaften bundeseinheitlich und verlässlich auszulegen.

Die Bundesländer haben in einem erfreulichen ersten Schritt eine Klarstellung der Verpackungsverordnung beschlossen. Die Industrie- und Handelskammern sind danach verpflichtet, der zuständigen Landesbehörde die Selbstentsorger namentlich mitzuteilen, damit diese - ergänzend zur Prüfung durch unabhängige Sachverständige - die Einhaltung der Pflichten aus der Verpackungsverordnung überwachen können. Endgültige Rechtssicherheit ist jedoch nur durch die Novelle der Verpackungsverordnung zu erlangen.


Eckpunkte für eine umfassende Novelle

Dabei gilt es eine zukunftsorientierte Regelung zu schaffen, die gleichermaßen einfach und transparent ist und die allen Teilnehmern im Markt gleiche Anforderungen auferlegt. Ziel muss eine neue, an die europäische Verpackungsrichtlinie angepasste Verordnung sein, die nicht mehr zeitgemäße Regelungen, wie z. B. ein Zwangspfand, ersetzt und technische Innovationen bei der Materialentwicklung und beim Verpackungs-Recycling berücksichtigt. Letztlich gilt es auch das Zusammenspiel von Umweltrecht und Wettbewerbsrecht zu klären. Die Neuregelung muss in diesem Punkt Rechtssicherheit für Unternehmen, Systembetreiber und Verbände schaffen.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE) Godesberger Allee 142-148 53175 Bonn Telefon: 0228/308290 Telefax: 0228/3082999

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