Bundesschienenwegeankündigungsgesetz: Bundesländer müssen Ampel-Kompromiss zum BSWAG effizienter machen
(Berlin) - Zum zweiten Mal binnen vier Monaten hat der Bundestag das Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) geändert. Nach Ansicht der GÜTERBAHNEN wurde damit zunächst aber vor allem der Irrgarten der Schieneninfrastrukturfinanzierung um eine neue Parzelle erweitert. Da wichtige Aufgaben ungeklärt blieben, könnte das Gesetz noch im Vermittlungsausschuss landen.
Verspätet und mit umgekehrter Wagenreihung ist am gestrigen Abend die Novelle des Bundesschienenwegeausbaugesetzes im Bundestag mit den Stimmen der Ampel und der Linken abgefahren. Durch die Änderungen sollen notwendige Investitionen in die Schieneninfrastruktur finanzierbar werden, die zuvor nicht förderfähig waren. Vor allem soll der Bund künftig auch die laufende Instandhaltung des Schienennetzes mitfinanzieren können, wie es bei Straße und Wasserwegen vollkommen normal ist. Beim Schienennetz war diese Aufgabe mit der Bahnreform von 1994 dem Betreiber DB übergeben worden, der die Instandhaltung heute aus Trassenpreiseinnahmen finanzieren muss. Mit diesen müssen aber gleichzeitig auch Personal-, Energie- und andere Sachkosten für den laufenden Betrieb sowie ein Teil der Investitionen gedeckt werden. Fatales Sparen an der Instandhaltung durch die DB war die Folge, das marode Netz muss jetzt auf Kosten des Bundes in weiten Teilen stark erneuert werden. Gleichzeitig muss das Netz für das künftige Wachstum ausgebaut werden. Für beide Aufgaben bedarf es einer schlüssigen Strategie, Geld und eine effiziente Umsetzung.
GÜTERBAHNEN-Geschäftsführer Peter Westenberger sagte nach dem Bundestagsbeschluss in Berlin: "Diese Novelle ist nicht eingebettet in eine solche, übrigens europarechtlich seit 2012 vorgeschriebene, Leitstrategie für die Schiene. Der Bund stellt zwar bis 2027 deutlich mehr Mittel zur Verfügung als bisher, aber nicht genug zur Beseitigung des Investitionsrückstands. Die Koalition will nun mit einer mit Ländern und Branche bis Anfang der Woche unbekannten Klausel die bisherige Neubaufinanzierung für die Sanierungsfinanzierung öffnen. Dafür hat sie erstmals eine - prioritäre - Projektliste mit den seit 2022 diskutierten 40 Korridormaßnahmen in das 1993 erstmals und ursprünglich nur für den Netzausbau beschlossene BSWAG eingefügt. Der extrem kurzen Debatte in Ausschuss und Plenum des Bundestages lag nach unserer Kenntnis weiterhin kein belastbarer Ausgabenplan vor, der eine aktuelle Kostenschätzung und Mittelverteilung für die Netzsanierung und den künftigen Ausbau enthält. Wir halten nach der Debatte fest: mit den im Bundeshaushalt 2024 um etwa ein Drittel gekürzten Neubaumitteln plus dem neuen, prioritären Verwendungszweck kommt der schon jetzt schneckenlangsame Netzausbau trotz aller warmen Worte bald zum de-facto-Stillstand. Früher wurde das bestehende Bestandsnetz kaputtgespart, jetzt wird seine Sanierung zur Zukunft verklärt, obwohl das Verkehrswachstum unbedingt beides braucht: Sanierung plus Ausbau."
Dahinter verschwinden die positiven Neuerungen der Novelle fast. Abstelleinrichtungen und andere sogenannte Nebeneinrichtungen, mehr Lärmschutz und Barrierefreiheit werden erstmals förderbar und die Begründung der Finanzierung kleinerer Maßnahmen wird erleichtert. Allerdings können erst Finanzierungsvereinbarungen diese BSWAG-Neuerungen zum Leben erwecken. Weil schon ihr Umfang umstritten ist, haben Fraktionen und Ministerien für die Einigung auf den Gesetzentwurf so lange gebraucht und sind auch dem anfangs verkündeten Anspruch, die angeblich 180 Förderinstrumente zu bündeln, nicht nähergekommen.
Weil sie außerdem zwei von Ländern und Branche massiv eingeforderte Aufgaben von der Finanzierung ausgeschlossen haben, droht eine Verhandlung im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Es geht um die Förderung des Umbaus der Lokomotiven auf die neue Leit- und Sicherungstechnik ETCS sowie die Erstattung der Mehrkosten für Schienenersatzverkehre und Güterzug-Umwege bei den 40 bis 2030 geplanten großen Korridorsperrungen. Auch eine effiziente Kontrolle des Mitteleinsatzes mahnt das Gesetz nur an, ohne sie konkret zu verankern. Westenberger: "Der Bundesrat hatte außerdem schon im Herbst angekündigt, dass er die finanziellen Fragen des BSWAG auch mit der Gründung der DB InfraGO verbunden sieht. Dass die Regierung die Länderkammer hierbei umgangen hat, könnte sich nun rächen. Die Debatte zeigt einmal mehr, was der deutschen Schieneninfrastrukturpolitik im Unterschied etwa zur Schweiz oder Österreich alles fehlt: ein transparentes Monitoring, ein langfristig stabiler gesetzlicher und finanzieller Rahmen und eine auch politisch kompetente Fachbehörde für Konzeption und Steuerung."
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