Pressemitteilung | Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD)

Bürgerbeteiligung bei Großprojekten: Eine Sprechstunde der Bundesregierung? / VCD-Magazin fairkehr deckt auf, Bürger kommen nur bis ins Wartezimmer

(Berlin) - Von Merkel bis Ramsauer - Partizipation ist das neue Zauberwort der Bundesregierung. Damit sich eine Konfrontation zwischen Bürgern und Staatsgewalt wie bei Stuttgart 21 nicht wiederholt, versuchen Politiker die Bürger mitentscheiden zu lassen.

So veröffentlicht Peter Ramsauer das "Handbuch für eine gute Bürgerbeteiligung", Peter Altmaier richtet in seinem Ministerium die "Unterabteilung Bürgerbeteiligung" ein und Angela Merkel veranstaltet den "Bürgerdialog zur Zukunft Deutschlands". Doch all diese Versuche sind nur halbherzig, wie das VCD-Mitgliedermagazin fairkehr in seiner aktuellen Ausgabe zeigt.

Es geht der Politik bei Großprojekten bislang nicht um ein wirklich offenes Verfahren. Vielmehr soll Zustimmung zu den Beschlüssen der Regierung hergestellt, die "Dafür-Mentalität" geweckt werden. Peter Ramsauer, Bundesverkehrsminister: "Wir wollen der schweigenden Mehrheit, die dafür ist, einen Anreiz geben, sich zu Wort zu melden." Die Bundesregierung lädt also die Bürger ein, ihre Position öffentlich mitzuteilen. Die Entwicklung der milliardenschweren Bauvorhaben soll aber allein Sache der Politiker bleiben.

Dabei kann Bürgerbeteiligung so effektiv sein. Beispiel Zürich: In den 70er Jahren kam es zu einem Volksentscheid gegen eine neue U-Bahn. Bürger und Politik entwickelten gemeinsam ein alternatives S-Bahn-System, das heute Vorbild-Funktion für ganz Europa hat. In Deutschland wagen erste wenige Städte eine wirkliche Bürgerbeteiligung von Anfang an. Die Region Hannover beispielsweise fragte ihre Einwohner über das Internet und Bürgerforen, wie CO2 im Verkehr eingespart werden kann. Auf Basis der Hinweise wurden Maßnahmen entwickelt.

Hannover ist ein Exot in Deutschland. In den meisten Fällen werden Bürger und Bürgerinnen erst im Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren beteiligt. Was sie dann erwartet: Viel Inhalt und wenig Zeit. Im Falle des Flughafenausbaus in Frankfurt wurden Bürger mit 20 000 Seiten Text und 1000 Karten konfrontiert. Doch selbst wer diese Informationsflut durchschaut, kann lediglich Detailbeschwerden einreichen. "Ob" das Projekt seine Berechtigung hat, darüber darf nicht mehr diskutiert werden, nur über das "Wie".

Klaus Selle, Professor für Stadtentwicklung an der Hochschule Aachen: "Es darf nicht alles schon entschieden sein, wenn man mit Bürgerinnen und Bürgern redet. Wenn es nichts mehr zu diskutieren gibt, darf man nicht von Beteiligung sprechen, das ist im schlimmsten Falle eine Irreführung der Öffentlichkeit."

Dieses und weitere Themen, wie u.a. ein ausführlicher Bericht über den VCD Bahntest 2012/2013 - "Bahn-Flug-Kostencheck", lesen Sie in der Ausgabe 06/2012 der VCD-Mitgliederzeitschrift fairkehr, dem Magazin für Umwelt, Verkehr und Reisen. Interessierten senden wir ein Rezensionsexemplar gerne kostenfrei zu. Weitere Informationen auch unter www.fairkehr-magazin.de

Quelle und Kontaktadresse:
Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD), Bundesverband Pressestelle Rudi-Dutschke-Str.9, 10969 Berlin Telefon: (030) 2803510, Telefax: (030) 28035110

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