Brüssel leitet Verfahren gegen Deutschland wegen Must-Carry-Regeln ein
(Berlin) - Die Europäische Kommission hat heute (12. Oktober 2006) entschieden, ein Verfahren gegen Deutschland wegen der unzureichenden Umsetzung der EU-Vorgaben für Must-Carry-Regeln in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Hamburg und Niedersachsen einzuleiten.
Der Deutsche Kabelverband und seine Mitglieder begrüßen die heutige (12. Oktober 2006) Entscheidung der Europäischen Kommission, ein Verfahren wegen der bislang nicht erfolgten Umsetzung von Artikel 31 Universaldienstrichtlinie (UDRL) einzuleiten. Dem Beschluss liegt eine Beschwerde des Deutschen Kabelverbandes von August 2005 zu Grunde. Artikel 31 UDRL sieht die Möglichkeit von Must-Carry-Regelungen vor, soweit sie zur Erreichung klar umrissener Ziele von allgemeinem Interesse erforderlich sowie verhältnismäßig und transparent sind. Außerdem ist eine regelmäßige Überprüfung vorgesehen.
Das EU-Recht sieht als Regel die freie Belegbarkeit der Kabelkanalkapazitäten durch den Kabelnetzbetreiber vor und nur als Ausnahme die Einführung von staatlichen Belegungsvorgaben. Rüttger Keienburg, Präsident des Deutschen Kabelverbandes dazu: "Dieses Regel-Ausnahme-Prinzip wird in Deutschland teilweise völlig auf den Kopf gestellt. Bei einer 100-prozentigen Belegung der analogen Kapazität durch staatliche Vorgaben wird die Ausnahme ohne Not zur Regel. Danach bedarf nicht die Belegungsvorgabe einer Rechtfertigung, sondern die freie Belegung durch den Kabelnetzbetreiber."
Der Deutsche Kabelverband hat sich in Vertretung der Interessen von Kabel Deutschland, Kabel BW und Unity Media gegenüber den medienpolitischen Entscheidungsträgern jahrelang für die Schaffung eines transparenten, einheitlichen und auf das notwendige Maß reduzierten analogen Kabelbelegungsregime eingesetzt, die das Interesse an einer Meinungs- und Programmvielfalt mit den Interessen der Kabelnetzbetreiber an einer flexiblen Nutzung des Breitbandkabels auch für neue Dienste vereint. Die länderübergreifend tätigen Kabelnetzbetreiber sehen sich einer sehr heterogenen Regulierung durch 15 Landesmediengesetze ausgesetzt. Dies erschwert länderübergreifende Geschäftsmodelle und vor allem die flächendeckende Digitalisierung oder Modernisierung der Kabelnetze für Digital TV-, Internet- und Telefonangebote.
Insbesondere die Must-Carry-Vorgaben für die analoge Kanalbelegung schränken die Handlungsspielräume der Kabelnetzbetreiber bei der Belegung ihrer Netze ein. Zugleich behindern sie die Entscheidung über die digitale oder analoge Nutzung von Kabelkapazitäten und damit die Netzaufrüstung bzw. die Digitalisierung. Somit stellen die Must-Carry-Regeln auch ein Hindernis für die Verwirklichung des politisch und ökonomisch wünschenswerten Infrastrukturwettbewerbs zwischen Kabel- und Telefonnetzen dar.
Erst nachdem Bemühungen um eine Deregulierung der Must-Carry-Regeln weitgehend ungehört blieben, hat der Deutsche Kabelverband in Brüssel seine Beschwerde wegen der mangelnden Umsetzung der EU-Vorgaben in deutsches Länderrecht eingereicht. "Wir haben uns nie für eine Abschaffung von Must-Carry ausgesprochen, sondern sind immer für eine mit europäischem Recht vereinbare und verhältnismäßige Regulierung eingetreten. Nachdem über zwei Jahre nach Ablauf der Frist zur Umsetzung von Art. 31 UDRL die Anpassung des deutschen Kanalbelegungsregimes immer noch auf sich warten ließ, sahen wir uns aber zur Einreichung der Beschwerde gezwungen", so der Präsident des Deutschen Kabelverbandes, Rüttger Keienburg.
Dr. Ralf Heublein, Geschäftsführer des Deutschen Kabelverbandes: "Wir haben ein großes Interesse daran, im Dialog mit den Rundfunkverantwortlichen der Länder die Rahmenbedingungen für eine moderne Medienordnung mit zu entwickeln. Diese muß auch den Übergang von der analogen zur digitalen Belegung der Kabelnetze unter Berücksichtigung der Interessen aller Marktpartner und vor allem der Endkunden mit einbeziehen. Wir begrüßen die auf der Ebene einzelner Landesmediengesetze bereits vorgenommenen Anpassungen der Must-Carry-Regelungen. Allerdings setzen wir uns für eine Regelung auf der Ebene des Rundfunkstaatsvertrages ein, die einheitliche Kriterien für die Umsetzung der EU-Vorgaben enthält und damit bundesweit vergleichbare Bedingungen schafft. Das Breitbandkabel kann nicht als einzige Infrastruktur umfassenden medienrechtlichen Regulierungen unterworfen werden und andererseits den politisch gewünschten Infrastrukturwettbewerb im Kommunikationssektor erbringen."
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Kabelverband e.V.
Dr. Ralf Heublein, Geschäftsführer
Dircksenstr. 49, 10178 Berlin
Telefon: (030) 2463-2040, Telefax: (030) 2463-9780
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Digital Switchover Digitalisierung im Kabel folgt eigenen Regeln / Hochrangige Vertreter aus Politik, Finanzwelt und der Kabelindustrie diskutierten über Digitalisierungs-Strategien im Kabel
- Kabelnetzbetreiber beschleunigen Wachstum mit Internet, Telefon und Digital-TV / Kabel baut Vorsprung beim Triple Play weiter aus / 4 Millionen Digitalkunden
- Breitbandkabel zunehmend ernsthafter Wettbewerber zur Deutschen Telekom / Kabelnetzbetreiber gewinnen monatlich über 40.000 Neukunden / Kabel-Internet punktet beim Endkunden durch Qualität und Preis / Kabel für den Wettbewerb der Infrastrukturen von Regulierung befreien