Pressemitteilung |

Brief an Berliner Bundestagsabgeordnete: Praxisaufkauf gefährdet ärztliche Versorgung in Berlin

(Berlin) - Die Landesgruppe Berlin/Brandenburg des NAV-Virchow-Bundes hat die Abgeordneten des Deutschen Bundestags zu Änderungen am bevorstehenden GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) aufgerufen. Insbesondere die geplante Aufkaufregelung für Arztpraxen werde sich in Berlin negativ auf die Versorgungssituation auswirken. Die Großstadt werde besonders betroffen sein, weil Stadtpraxen vielfach Patienten aus dem Umland mitversorgten, warnt Dipl.-Med. Matthias Coordt, der der Landesgruppe vorsteht. Die Bedarfsplanung zur Ermittlung des Versorgungsbedarfs bilde solche Effekte nicht ab, sondern fuße auf einer simplen Stichtagerhebung mit völlig veralteten Verhältniszahlen, kritisiert der niedergelassene Internist.

Obwohl der Versorgungsgrad für Hausärzte in Berlin aktuell mit 116,6 Prozent ausgewiesen werde, könne von Überversorgung keine Rede sein, sagt Coordt und erklärt: "Dies entspricht einer Hausarztzahl von ca. 2.400. In dieser Statistik ist nicht erfasst, dass ein großer Teil dieser Ärztinnen und Ärzte nicht hausärztlich tätig ist. Es handelt sich um Arztsitze des hausärztlichen Versorgungsbereiches, die überwiegend in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) großer Kliniken angesiedelt sind und dort zur spezialisierten oder hochspezialisierten Behandlung eingesetzt werden. Würde man diese Sitze aus der Bedarfsanalyse herausrechnen, käme man auf einen Versorgungsgrad von unter 100 Prozent. Dies erklärt die Wahrnehmung vieler Patienten, dass es nicht leicht ist, einen Hausarzt zu finden."

Die überwiegende Zahl der originären Hausarztsitze befände sich jedoch im Bereich von Einzel- und Gemeinschaftspraxen. Es seien genau diese für die alltägliche Versorgung wichtigen Sitze, denen der Aufkauf drohe, so Coordt weiter. MVZ seien von der Regelung ausgenommen. Die Folgen dieser Entwicklung seien fatal. "Unterm Strich bedeutet dies, dass nachweisbar viele ausgewiesene Hausarztsitze nicht in der hausärztlichen Versorgung arbeiten, die Bedarfszahlen also falsch sind, und dass andererseits die Umsetzung der Intention des Gesetzgebers genau im originären Hausarztbereich den schon bestehenden Mangel verschärfen würde." Die gleichen Probleme gebe es darüber hinaus im fachärztlichen Bereich. Trotz rechnerischer Überversorgung beklagten viele Patienten die teils langen Wartezeiten und zu volle Praxen bei den Spezialisten.

In einem Appell an die Berliner Bundestagsabgeordneten fordert Coordt diese auf, sich ihrer Verantwortung für die Stadt zu stellen und die geplante Aufkaufregelung zu stoppen. Seine Befürchtung sei, so Coordt, dass sich der Zwangsaufkauf in Berlin negativ auf die Patientenversorgung auswirken werde. "Die Regelung ist ein gesundheitspolitischer Irrweg ersten Ranges", so der NAV-Landeschef.

Quelle und Kontaktadresse:
NAV-Virchow-Bund Landesverband Berlin-Brandenburg, c/o NAV-Virchow-Bund Pressestelle Chausseestr. 119b, 10115 Berlin Telefon: (030) 288774-0, Fax: (030) 288774-15

(cl)

NEWS TEILEN: