Pressemitteilung | Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.

Brandbrief an Bundeskanzler Schröder: Keine Zustimmung zu EU-Übergangsfristen

(Berlin) - Die Tarifvertragsparteien des deutschen Baugewerbes haben in einem Brandbrief Bundeskanzler Gerhard Schröder aufgefordert, die Beschlussvorlage der EU-Kommission vom 11. April 2001, nach der Übergangsfristen nach der EU-Osterweiterung nur für die Arbeitnehmerfreizügigkeit, nicht jedoch für die Dienstleistungsfreiheit vorgesehen sind, abzulehnen. Wie es in einem gemeinsamen Schreiben der Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes und des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Dipl.-Ing. Arndt Frauenrath und Prof. Dr. h.c. Ignaz Walter, zusammen mit dem Bundesvorsitzenden der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Klaus Wiesehügel, heißt, reiche die alleinige Aussetzung der Freizügigkeit für Arbeitnehmer nicht aus, um die befürchteten Verwerfungen für die 70.000 heimischen Baubetriebe und deren etwa 1 Mio. Beschäftigte zu verhindern. Um ein Unterlaufen der Übergangsfristen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu verhindern, müssten für die Zulassung der Arbeitnehmerfreizügigkeit, der Dienstleistungsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit gleiche Übergangsfristen vereinbart werden.

Käme es zu einer sofortigen Freigabe der Dienstleistungsfreiheit, könnten die osteuropäischen Baubetriebe - trotz Übergangsfrist bei der Freizügigkeit der Arbeitnehmer - ihre Lohnkostenvorteile in konkurrenzlos billige Angebote umzusetzen, befürchten die Präsidenten. Dagegen hätten die deutschen Baubetriebe aufgrund der in der Übergangszeit ausgesetzten Freizügigkeit der Arbeitnehmer keine Möglichkeit, osteuropäische Arbeitnehmer selbst zu beschäftigen. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass die Scheinselbständigkeit zunehme, da osteuropäische Bauarbeiter oder sogar ganze Bauarbeiterkolonnen versuchen würden, als Scheinselbständige unter Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit die Übergangsfristen in der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu unterlaufen. Zwingende Folge seien massive Verluste von Arbeitsplätzen heimischer Bauarbeiter und die Vernichtung der Existenz einer großen Zahl heimischer Baubetriebe.

Um ein Unterlaufen der Übergangsfristen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu verhindern, schlagen die Bauspitzenverbände gemeinsam mit der Gewerkschaft vor, für die Zulassung der Arbeitnehmerfreizügigkeit, der Dienstleistungsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit gleiche Übergangsfristen mit den Beitrittsstaaten zu vereinbaren. Dabei appellieren die Verbände an Bundeskanzler Schröder, diese gemeinsame Haltung notfalls auch durch ein deutsches Veto im Ministerrat durchzusetzen. Für die Verabschiedung der Beschlussvorlage der EU-Kommission gilt das Einstimmigkeitsprinzip.

Ihre Forderungen begründen die Bauspitzenverbände vor allem mit dem großen Lohngefälle zwischen der EU und den Beitrittskandidaten. Der Bruttostundenlohn für einen Facharbeiter im verarbeitenden Gewerbe betrage in Westdeutschland rund 28,50 DM. Hingegen liege der gleiche Stundenlohn in Westpolen bei 4,80 DM und in östlichen Gebieten Polens sogar nur bei 2,70 DM. Beim Beitritt Spaniens und Portugals zur EU hätte der Durchschnittslohn in diesen Ländern 47 % des EU-Durchschnitts ausgemacht, bei den mittel- und osteuropäischen Staaten liege der Durchschnittslohn derzeit lediglich bei 13 %. Nach einer Studie im Auftrag der EU-Kommission wird sich der Unterschied innerhalb der nächsten 30 Jahre nicht einmal halbieren.

Quelle und Kontaktadresse:
Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. Kurfürstenstr. 129 10785 Berlin Telefon: 030/212860 Telefax: 030/21286240

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