Börsenverein: Nein zu einer überstürzten gesetzlichen Regelung für die E-Book-Ausleihe
(Frankfurt am Main) - Wenige Wochen vor Ende des Gesetzgebungsverfahrens zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform in Deutschland hat der Bundesrat vorgeschlagen, eine mit diesem Reformprojekt in keinem Zusammenhang stehende Regelung zur E-Book-Ausleihe ins Gesetz aufzunehmen. Der Vorschlag sieht eine Zwangslizenz vor, d.h. Verlage müssten qua Gesetz Bibliotheken jedes, auch neu erschienene E-Book für den Verleih zur Verfügung stellen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hält den Vorschlag für problematisch.
Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins:
"Wir halten es für völlig falsch, in den letzten Zügen eines laufenden Gesetzgebungsverfahrens überstürzt und ohne Not ein so komplexes Thema wie die E-Book-Ausleihe aufzunehmen. In dieser kurzen Zeit ist es nicht möglich, das Thema angemessenen zu behandeln und zu prüfen. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Zwangslizenz wäre ein massiver Eingriff in die Rechte der Urheber*innen und Verlage. Kommerzielle E-Book-Angebote des Buchhandels und der Verlage wären gegenüber einer so entstehenden steuersubventionierten E-Book-Flatrate schlichtweg nicht mehr wettbewerbsfähig."
Zum Hintergrund:
- Das etablierte E-Book-Leihsystem "Onleihe", das auf freiwilligen Lizenzvereinbarungen mit derzeit ca. 7.200 Verlagen basiert, funktioniert einwandfrei. Leser*innen stehen mehr als eine halbe Million E-Book-Titel zur Verfügung, die allein im Jahr 2020 über 30 Millionen Mal genutzt worden sind. Auch große Onleihe-Verbünde schöpfen dabei das vorhandene Titelangebot nur zu etwa 10 Prozent aus.
- Die Möglichkeit, manche E-Book-Neuerscheinungen mit einigen Monaten Verzögerung für die Ausleihe in Bibliotheken bereitzustellen, ist für Verlage und Autor*innen von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Denn in den ersten Monaten nach der Veröffentlichung ist die Nachfrage nach einem Titel am größten - im Buchhandel wie bei der Onleihe. Würde diese Möglichkeit wegfallen, wären hohe Umsatzausfälle bei Verlagen, Autor*innen und im Buchhandel die Folge, da immer weniger Leser*innen E-Books kaufen, sondern diese stattdessen - kostenlos und ohne Qualitätseinbußen - ausleihen würden.
- Schon jetzt deckt das E-Lending in Deutschland etwa 40 Prozent des Konsums von E-Books ab, während 60 Prozent auf Verkäufe entfallen. Das E-Lending erzeugt jedoch nur ca. 5 Prozent des Umsatzes, den Autor*innen und Verlage mit E-Books erzielen können. Zu 95 Prozent kommen ihre Erlöse über die Verkäufe im Online-Handel.
Quelle und Kontaktadresse:
Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V.
Cathrin Mund, Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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