Pressemitteilung | UMKEHR e.V. - Informations- und Beratungsbüro für Verkehr und Umwelt

Börsengang der Bahn "durch die kalte Küche"?

(Berlin) - Anlässlich der morgigen (16. Juni) Debatte im Verkehrsausschuss des Bundestags zum Börsengang der Bahn zieht die Bahnexpertengruppe "Bürgerbahn statt Börsenbahn" eine aktuelle Bilanz der unterschiedlichen Börsenpläne und warnt vor dem Führen von Scheindebatten. "Zuerst muss geklärt werden, über welches Projekt man überhaupt redet", forderte Winfried Wolf, Sprecher der Expertengruppe.

Die im Verkehrsausschuss des Bundestags projektierte Debatte zum Plan des Investment-Hauses Morgan Stanley, im Frühjahr 2006 einen Börsengang der Deuschen Bahn AG durchzuführen, ist überfällig. Der Plan verdeutlicht, wie negativ ein Bahn-Börsengang für die Mehrheit der Fahrgäste und für die Steuerzahler sein würde. Danach soll u.a. das Netz um weitere 4.000 km abgebaut, die Konzentration auf Hochgeschwindigkeit beschleunigt und den neuen privaten Bahneignern eine zehnjährige Garantie von jährlichen Subventionen in Milliarden-Höhe gegeben werden. Der Widerstand gegen diesen Börsenplan ist breit: Er wurde am 5. Mai im Verkehrsausschuss von allen Bundestagsparteien abgelehnt. Am 1. April verabschiedete die Transnet-Betriebsrätekonferenz eine Entschließung, in der es u.a. heißt: "Wir sagen uneingeschränkt Nein zu jeglicher Form des Börsengangs der Bahn... (Wir treten ein) für die Erhaltung einer einheitlichen, flächendeckenden und bundeseigenen Bahn im Interesse der Beschäftigte! n, der U mwelt und der Kunden."

In der aktuellen Debatte sieht "Bürgerbahn statt Börsenbahn" die Gefahr, dass zum Börsengang Scheindebatten geführt werden und am Ende ein Bahnbörsengang "durch die kalte Küche" erfolgt.

Tatsächlich gibt es drei Bahnprivatisierungsprojekte:
- Da ist als erstes der zitierte Plan von Mehdorn/Morgan Stanley, wonach die DB AG samt Netz an die Börse soll. Damit werden die privaten Eigner auf doppelte Weise mit jährlich gut 10 Milliarden Euro subventioniert: über die Nahverkehrsgelder und über die Gelder für Netzerhalt und Ausbau. Die Öffentlichkeit verliert jede Kontrolle über Bahnbetrieb und Bahninfrastruktur.

- Da ist zweitens das Projekt, die Bahn ohne Netz zu privatisieren. Dies wird von den verkehrspolitischen Sprechern im Bundestag gefordert. So steht es auch in der Studie "Synetra", die vom Bundesforschungsministerium finanziert wurde. Diese Variante ist nur wenig besser als die erstgenannte. Sie läuft darauf hinaus, dass der für die Fahrggäste entscheidende Bahnbetrieb privatisiert und ebenfalls auf Hochgeschwindigkeit konzentriert wird. Eine vergleichbar hohe Subventionierung der privaten Eigner erfolgt teilweise direkt (Nahverkehrsgelder) und teilweise indirekt (Investitionen in das staatliche Netz, das den Privaten zu nicht kostendeckenden Trassenpreisen zur Verfügung steht).

- Die dritte Variante ist der Privatisierungs-Alltag. Wir deckten bereits auf, wie die ersten 1.000 Bahnhöfe an den Kapitalmarkt gingen. Wir erleben dieser Tage, wie der Bahn-Güterverkehr inzwischen als Railion (Ex DB Cargo) firmiert und zunehmend ausgegliedert wird. Vor einer Woche schlug Mehdorn vor, die DB AG und die französische SNCF sollten ihren Hochgeschwindigkeitsverkehr und ihren Güterverkehr in zwei gemeinsamen neuen Gesellschaften konzentrieren. Der SNCF-Chef Gallois signalisierte dazu eine prinzipielle Zusage.

Alle diese Pläne münden in einem Abbau der Bahn als Bürgerbahn, als Bahn für alle. Alle diese Pläne werden den Anteil der Schiene im Verkehrsmarkt weiter reduzieren. Alle diese Pläne schlagen die Chance zu einer Verkehrswende aus, die der aktuell hohe Ölpreis, die Kriege um Öl und die drohende Klimaverschlechterung dringend gebieten.

Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitskreis Verkehr und Umwelt e.V. (Umkehr) Exerzierstr. 20, 13357 Berlin Telefon: 030/4927473, Telefax: 030/4927972

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