Pressemitteilung | Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW)

BÖLW-Statement anlässlich 100 Tage Bundesregierung / Umbau von Landwirtschaft und Ernährung anpacken / Klöckner muss das Innovationspotenzial der Öko-Lebensmittelwirtschaft nutzen

(Berlin) - Die 100 Tage Regierungsbilanz von Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, kommentiert Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bio-Spitzenverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW):

"Die Probleme, mit denen Julia Klöckner konfrontiert ist, sind gewaltig: Klimakrise, Wasserverschmutzung, Artenschwund, Fehlernährung und der Verlust von immer mehr Höfen verlangen nach Antworten. Immer wieder bestätigen Wissenschaftler den kritischen Zustand von Boden, Trinkwasser oder Biodiversität.

In den ersten 100 Tagen hat die Ministerin wichtige Themen angesprochen. Allerdings muss sich erst zeigen, ob ihre Lösungsansätze tatsächlich greifen.

Falls die Bundeslandwirtschaftsministerin bei der Neufassung der europäischen Agrarpolitik vor allem auf ein 'Weiter-so' statt auf ein echtes Umsteuern setzt, hilft das weder der Umwelt noch den aktiven Bauern.

Die Fleischkennzeichnung soll dazu führen, dass sich Verbraucher für eine artgerechtere Tierhaltung entscheiden können. Das wird aber nur gelingen, wenn Klöckner nicht auf eine freiwillige sondern auf eine verpflichtende Kennzeichnung der Haltungsbedingungen hinwirkt. Nur so gelingt Transparenz. Auch darf sie Bio nicht außen vor lassen - und damit den höchsten gesetzlichen Tierhaltungsstandard mit heute schon vielen Betrieben und einem funktionierenden Markt.

Für weniger Zucker, Salz und Fett in Lebensmitteln setzt Julia Klöckner auf freiwillige Maßnahmen der Lebensmittelwirtschaft. Es wird aber deutlich mehr brauchen, um Gesundheitskosten von täglich 1 Mrd. Euro, von denen ein erheblicher Teil durch ernährungsbedingte Krankheiten verursacht wird, angemessen zu reagieren.

Die Bio-Bauern, -Lebensmittelproduzenten und Händler stehen bereit, die Politik beim Umbau hin zu einer enkeltauglichen Landwirtschaft und Ernährung zu unterstützen. Auch Millionen Bio-Kunden leisten jeden Tag mit ihrer Kaufentscheidung ihren Beitrag zum Umbau von Landwirtschaft und Ernährung. Wir laden Bundesministerin Julia Klöckner ein, dieses Potenzial zu nutzen."


Hintergrund: Deutschland hat sich in diversen Abkommen und Verträgen verpflichtet, nachhaltiger zu wirtschaften; unter anderem in der "Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie", dem "Pariser Klimaabkommen", den "Zielen für die nachhaltige Entwicklung" und der Biodiversitätskonvention der Vereinten Nationen.

Um diese Ziele zu erreichen, muss die Bundesregierung folgendes in Angriff nehmen:

- Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) muss darauf ausgerichtet werden, dass öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen eingesetzt werden. Steuergeld sollte künftig dafür verwendet werden, Wasser, Böden, Biodiversität und Klima zu schützen, Tiere anständig zu halten und so besonders bäuerlichen Betrieben neue Perspektiven zu geben.
- Wer 2030 20 Prozent Bio anstrebt, muss bereits heute 20 Prozent der Mittel auf Öko-Forschung verwenden, um damit das Innovationspotential von Bio voll zu erschließen. Aktuell werden lediglich 1,5 Prozent der Agrar-Forschungsmittel für Bio verwendet.
- Die Umsetzung der Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau (ZöL) muss engagiert erfolgen, damit das 20 Prozent-Ziel erreicht wird.
- Die Bundesregierung muss eine verpflichtende Haltungskennzeichnung für Fleisch- und Fleischprodukte analog der Eierkennzeichnung auf den Weg bringen. Denn am Markt wirkt am besten, was der Kunde kennt, versteht und überall wiederfindet.
- Gentechnikfreiheit sichern: Die neue Bundesregierung muss endlich ein wirksames Gesetz zur Umsetzung nationaler Anbauverbote von gentechnisch veränderten Pflanzen beschließen, ein guter Entwurf wurde im Bundestag bereits eingebracht. Neuartige Gen-technikverfahren wie CRISPR-Cas müssen in der Lebensmittelwirtschaft gemäß dem Vorsorgeprinzip reguliert werden.
- Gesunde Ernährung stärken: Jede Schule muss über einen Schulgarten und eine Küche verfügen. Der Bund sollte die öffentliche Gemeinschaftsverpflegung als wirksames Instrument für eine gesunde Ernährung nutzen. Dänemark zeigt, wie es geht. So wurde bspw. in Kopenhagen ein Bio-Anteil von 90 Prozent in allen öffentlichen Einrichtungen nahezu kostenneutral erreicht und damit eine nachhaltigere, schmackhaftere und gesündere Ernährung realisiert.

Quelle und Kontaktadresse:
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW) Joyce Moewius, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Marienstr. 19-20, 10117 Berlin Telefon: (030) 28482-300, Fax: (030) 28482-309

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