Pressemitteilung | Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW)

BÖLW Kommentar zu den heutigen Kabinettsbeschlüssen / Tierwohllabel, Umschichtung von Agrargeldern, Insektenschutz

(Berlin) - Das Bundeskabinett hat heute Vorlagen zum Tierwohllabel, zur Umschichtung von Agrargeldern und Insektenschutz gebilligt. Der Vorstandsvorsitzende des Bund Ökologische Lebenswirtschaft (BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein, kommentiert:

Tierwohllabel
"Ministerin Klöckner muss sicherstellen, dass ihr Label beim Kundinnen und Kunden die Unterschiede bei der Tierhaltung transparent und klar sichtbar macht. Gleichzeitig muss das Label das Ziel der Bundesregierung stützen, den Ökologischen Landbau bis 2030 auf 20 Prozent auszubauen. Beides ist nicht gegeben. Bio ist der einzige Ansatz, dem es in der Breite gelungen ist, was Klöckner mit dem Tierwohl-Label erreichen will: Menschen die Möglichkeit geben, durch ihren Einkauf zu einer artgerechten Nutztierhaltung beizutragen. Genau das setzt Bio erfolgreich um.
Ministerin Klöckner hat angekündigt, sie wolle während der deutschen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 eine verpflichtende europäische Haltungskennzeichnung für Fleisch auf den Weg bringen. Dieses Vorhaben ist dann glaubwürdig, wenn ihr zunächst freiwillig für Deutschland geplantes Label auf der erfolgreichen 0-1-2-3 Kennzeichnung von Eiern aufbaut und Bio als eigenständige Stufe vorsieht. Die Eierkennzeichnung haben Millionen Verbraucher in ganz Europa gelernt - das neue Label soll aber völlig anders funktionieren!

Bio-Schweine haben dreimal mehr Platz als jene, die unter gesetzlichen Mindestvorgaben gehalten werden. Sie haben 50 Prozent mehr Platz als bei der geplanten höchsten konventionellen Stufe. Sie werden mit Bio-Futter gefüttert, das ohne chemisch-synthetische Pestizide und Kunstdünger angebaut wird - was unter anderem der Artenvielfalt zugutekommt. Im Bio-Betrieb gilt daher Tierwohl für die Nutztiere ebenso wie für Fasan, Feldhamster oder Biene! Die Bio-Tierhaltung ist an die Fläche gekoppelt, so dass unsere Gewässer geschützt werden. Und: Bio-Wurst kommt ohne künstliche Farbstoffe und kritische Zutaten aus. Damit geht Bio weit über die geplanten Vorgaben des Labels hinaus.

Die im Gesetz angelegte Dreistufigkeit des Labels sieht aktuell keine eigene Stufe für Bio vor. Damit konterkariert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) das 20 Prozent Bio-Ziel im Koalitionsvertrag. Das lässt sich nur ändern, wenn die höheren Leistungen der Bio-Tierhaltung beim geplanten Label und bei der Informationskampagne deutlich werden. Nur so können Kundinnen und Kunden die unterschiedlichen Leistungen der Tierhaltungssysteme erkennen und Bio-Tierhalter haben eine faire Chance im Wettbewerb.
Wir fordern die Ministerin auf, im Tierwohllabel Fleisch aus ökologischer Erzeugung eine eigene Stufe zuzuordnen."

Umschichtung von Agrargeldern
"Die Bäuerinnen und Bauern in Deutschland zeigen Veränderungsbereitschaft, mehr für die Umwelt zu tun. Sie fragen verstärkt Agrarumweltprogramme nach und stellen massiv auf Bio um. Die dafür eingeplanten Mittel reichen in etlichen Bundesländern nicht aus, um der Nachfrage gerecht zu werden. Daher ist es richtig, wenn künftig mehr Mittel für diesen Bereich zur Verfügung gestellt werden. Die EU erlaubt, bis zu 15 Prozent von den Geldern, die pauschal je Hektar Agrarfläche gezahlt werden, für freiwillige Umweltleistungen der Bauern zu verwenden. Wenn nun diese Umschichtung von derzeit 4,5 Prozent auf 6 Prozent erhöht wird, ist das ein erster Schritt in die richtige Richtung. Um Landwirtinnen Planungssicherheit zu geben, muss aber bereits jetzt festgelegt werden, dass in den nächsten Jahren der Satz weiter erhöht wird. Das Maß dafür sind die Umstellungen, mit denen gerechnet wird, wenn die von der Bundesregierung und von einzelnen Ländern politisch längst formulierten Zielvorstellungen umgesetzt werden - also das Erreichen von 20 bis 30 Prozent Ökolandbaufläche bis 2030. Bei der Umschichtung muss sichergestellt werden, dass die Mittel tatsächlich in der Landwirtschaft eingesetzt werden."

Insektenschutzprogramm
"Es ist gut, dass die Bundesregierung angesichts des dramatischen Insekten- und Artensterbens in Deutschland jetzt endlich ein Aktionsprogramm startet. Allerdings werden diese Bemühungen nur dann die gewünschte Wirkung erzielen, wenn flächendeckend insektenschonend gewirtschaftet wird - schließlich sind Insekten sehr mobil. Bisher liegt der Fokus der Maßnahmen zu sehr auf Blüh- und Randstreifen außerhalb der bewirtschafteten Flächen. Es ist folgerichtig, auch hier auf Ökologischen Landbau zu setzen. Denn Öko-Betriebe stärken durch ihre Wirtschaftsweise die Artenvielfalt - und das auf der gesamten Betriebsfläche. Wie durchgehend das weltweit in Studien nachgewiesen wird, hat zuletzt das staatliche Thünen-Institut aufgezeigt. Umso wichtiger ist es, dass die konkreten Regelungen Bio-Bauern und -Bäuerinnen in ihrer Wirtschaftsweise unterstützen."

Hintergrund:

Umschichtung: In den vergangenen Jahren konnte eine Reihe von Umweltmaßnahmen der Landwirtschaft nicht finanziert werden, da nicht genügend Mittel verfügbar waren. Die starke Nachfrage konventioneller Betriebe, die auf Bio umstellen wollen, hat zu einem Bio-Flächenwachstum von 42 Prozent in den vergangenen drei Jahren geführt. 8.000 Betriebe haben seit 2015 neu umgestellt. Auch hier wurden die Mittel in einzelnen Bundesländern knapp, um die Umstellung fördern zu können. Während der zweijährigen Umstellungszeit wirtschaften die Betriebe nach den Bio-Regeln, können ihre Ernte aber nur konventionell vermarkten. Wenn die Bundesregierung ihr Ziel von 20 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2030 umsetzten will, muss sie allein dafür jedes Jahr 1 Prozent mehr in die Umweltprogramme umschichten.

Insektenschutz: Auf Öko-Flächen finden Bienen Blüten: Bei einer Zählung von offenen Blüten konnten auf Öko-Getreideäckern im Durchschnitt 277 geöffnete Blüten/m² gezählt werden, auf den konventionellen Vergleichsflächen dagegen gerade einmal 0-3 Blüten/m². Es gibt also viel mehr Pollen und Nektar auf dem Bio-Acker. Zusätzlich wird durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel das Vorkommen von Bienen, aber auch von Wildbienen, Hummeln und Schmetterlingen gefördert. Auf Bio-Flächen sind sie drei bis sieben Mal häufiger und die Gesellschaften sind artenreicher. Siehe: https://www.oeko-komp.de/wp-content/uploads/2018/02/mehrwert_natur.pdf
Weitere Infos:
- Wie Bio-Betriebe für Artenvielfalt sorgen:
https://www.boelw.de/themen/zahlen-fakten/landwirtschaft/artikel/naturschutz-oekolandbau/
- Die oben genannte Studie des Thünen-Instituts: https://www.thuenen.de/de/infothek/presse/aktuelle-pressemitteilungen/was-der-oekolandbau-fuer-umwelt-und-gesellschaft-leistet/

Mehr Infos auf den Themenbereichen der BÖLW-Webseite s.
https://www.boelw.de/themen/tier/haltung
https://www.boelw.de/themen/eu-agrarpolitik
https://www.boelw.de/service/bio-faq/klima-umwelt/

Quelle und Kontaktadresse:
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW) Pressestelle Marienstr. 19-20, 10117 Berlin Telefon: (030) 28482-300, Fax: (030) 28482-309

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