Blaschke: Schutz der Patientendaten muss Vorrang haben vor vermeintlichen Effizienzsteigerungen im Gesundheitswesen
(Berlin) - "Für unseren Berufsstand steht die vertrauensvolle Zahnarzt-Patienten-Beziehung an erster Stelle. Der Schutz der Patientendaten hat deshalb Vorrang vor Effizienzsteigerungen mit zweifelhaftem Nutzen", hielt die Bundesvorsitzende des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ), Kerstin Blaschke, am 31. Januar 2014 in ihrem Eingangsstatement zum FVDZ-Presseseminar fest. Das Thema der Veranstaltung lautete "Auf dem Weg zur digitalen Praxis: Wie sicher sind Patientendaten?". Die Menge der im Gesundheitswesen gespeicherten Daten sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen, fügte Blaschke hinzu. Dabei hätten sich auch die Präferenzen verschoben. Der Schutz individueller Daten gerate gegenüber den Bedürfnissen der "Datensammelstellen" und den Begehrlichkeiten der Interessengruppen am Gesundheitsmarkt zunehmend in den Hintergrund.
Professor Paul Unschuld, Direktor des Horst-Görtz-Stiftungsinstituts der Berliner Charité, berichtete während der Podiumsdiskussion von einer neuen Wertigkeit der Patientendaten. Die Ursachen dafür verortete er im Wandel des Gesundheitswesens "von einem politischen Fürsorgeinstrument zu einer Gesundheitswirtschaft, in der Kranksein in mancher Hinsicht als volkswirtschaftlich wertvoller angesehen wird als Gesundheit". Aus dem einstigen Gesundheitswesen sei eine industrielle Gesundheitswirtschaft hervorgegangen. Hier seien ein Markt entstanden und unternehmerisches Denken gefragt. Damit einher gehe auch das wachsende Interesse an den intimen Daten der Patienten, die sich nicht nur ökonomisch-kommerziell nutzen ließen, sondern möglicherweise auch politisch und weltanschaulich relevant seien.
Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Dr. Günther E. Buchholz, äußerte sich skeptisch zu zentralen Datensammlungen: "Das zentrale Sammeln von Klardaten ist immer problematisch, weil solche Daten auch immer Begehrlichkeiten wecken." Gerade bei sensiblen Sozial- bzw. Gesundheitsdaten solle man daher so weit wie möglich davon absehen.
Die Sicht der Krankenkassen vertrat Karsten Knöppler, Geschäftsbereichsleiter DV Steuerung beim AOK-Bundesverband. Knöppler trat für die Digitalisierung der Patientendaten ein und unterstrich die individuellen Vorteile für die Patienten. Ein weiterer positiver Effekt sei aus Kassensicht die Möglichkeit einer sektorenübergreifenden Qualitätssicherung. Die Anfälligkeit und Missbrauchsgefahr von großen Datenmengen räumte jedoch auch Knöppler ein.
Als Gegner der "Datensammelei" präsentierte sich der Diplom-Informatiker Thomas Maus. "In einer derart gigantischen IT-Infrastruktur, wie man sie im Gesundheitswesen findet, kann niemand den individuellen Schutz der Gesundheitsdaten gewährleisten", zeigte sich der IT-Experte überzeugt. Das zeige auch die Vergangenheit, in der Datenlecks und -missbrauch unter anderem auch bei Krankenkassen bereits aufgetreten seien. Maus appellierte deshalb an die Bundesregierung, die Spielregeln für den Umgang mit großen Datenmengen vorzugeben und nicht allein dem Effizienzgedanken zu folgen.
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