Bischof von Limburg: Über Krankheit spekuliert Presserat spricht Rüge aus
(Berlin) - Der Beschwerdeausschuss 1 des Deutschen Presserats hat am 11. März 2014 in Berlin vier öffentliche Rügen ausgesprochen.
Spekulation über Bischof Tebartz-van Elst
Die erste Rüge erhielt FAZ.NET. Die Redaktion hatte Gerüchte über eine mögliche psychische Erkrankung des Bischofs von Limburg wiedergegeben. Der Bruder von Tebartz-van Elst, ein Psychiater, habe das angeblich "Vertrauten" gesagt, berichtete FAZ.NET und nannte auch die konkrete Diagnose. Eine Stellungnahme des Bischofs oder seines Bruders zu den Spekulationen enthielt der Artikel nicht. Damit hat die Redaktion aus Sicht des Ausschusses die Privatsphäre des Bischofs verletzt: Die Presse darf nicht ohne Zustimmung der Betroffenen über psychische Krankheiten berichten (Richtlinie 8.6 des Pressekodex). Dass das unbestätigte Gerücht auf diese Weise weiterverbreitet wurde, verstieß zudem gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Kodex.
Porträt ohne Faktenprüfung
Die Zeitschrift DAS GOLDENE BLATT wurde gerügt, weil sie einen Bericht mit Fotos, der 2009 über die Lebensumstände einer jungen Frau entstanden und in mehreren Zeitungen erschienen war, fast vier Jahre später noch einmal veröffentlichte - ohne Zustimmung der Betroffenen. Die Lebensumstände der Frau hatten sich inzwischen allerdings grundlegend geändert. Sie lebte lange nicht mehr in einem Wohnmobil, hatte inzwischen geheiratet und sah sich durch die Veröffentlichung schwer belastet. Der Ausschuss wertete das als Verstoß gegen die Regeln zum Schutz der Persönlichkeit nach Ziffer 8 des Kodex. Vor einer neuen Veröffentlichung hätte es die journalistische Sorgfaltspflicht erfordert, die aktuelle Lebenssituation der Frau zu prüfen und ihre Einwilligung erneut einzuholen.
Leserbrief relativiert Antisemitismus
Wegen der Veröffentlichung eines Leserbriefes, der Antisemitismus und staatliche Euthanasie in der NS-Zeit relativiert und eine falsche Behauptung über Zionisten aufgestellt hatte, wurde die DITHMARSCHE LANDESZEITUNG gerügt. Der Pressekodex (Ziffer 2, Richtlinie 2.6) schreibt vor, dass auch bei der Veröffentlichung von Leserbriefen die Publizistischen Grundsätze zu beachten sind. Dem ist die Redaktion nicht nachgekommen.
Diskriminierende Bildunterschrift
BILD.DE wurde wegen einer diskriminierenden Berichterstattung über den Fall einer irischen Roma-Familie gerügt, der die Behörden vorübergehend ein blondes Mädchen entzogen hatten. Das Kind war zum Zeitpunkt der Berichterstattung bereits wieder zu der Familie zurückgekehrt, weil sich der Verdacht gegen die Eltern, sie könnten das Mädchen entführt haben, als unbegründet herausgestellt hatte. Zuvor hatten Behörden in einem anderen Fall das Mädchen Maria aus einem Roma-Lager in Griechenland in Obhut genommen. Die Zeitung hatte über beide Fälle berichtet und den Beitrag mit einer Fotostrecke bebildert. Zu einer Dorfansicht hieß es: "In diesem Roma-Dorf in Griechenland wurde Maria gefunden, am Dienstag wurde ein Mädchen aus einer Siedlung nahe Dublin gerettet. Wie viele blonde und blauäugige Mädchen leben noch bei Roma-Familien in Europa - und warum?" Aus Sicht des Ausschusses sind die Formulierung "gerettet" sowie die Suggestivfrage dazu geeignet, Vorurteile gegen die Volksgruppe der Roma zu schüren. Das verstößt gegen die Ziffer 12 (Diskriminierung) des Pressekodex.
Statistik:
4 Rügen, 11 Missbilligungen, 9 Hinweise. 3 Beschwerden waren begründet,
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Presserat
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