Pressemitteilung | Deutscher Philologenverband e.V. (DPhV)

Bildung braucht Zukunft. Bildungspolitische Bilanz der Ampel-Regierung zu mager

(Berlin) - Im Zuge einer bildungspolitischen Jahresbilanz attestiert der Deutsche Philologenverband (DPhV) der inzwischen beendeten Ampel-Regierung zu wenig Engagement für Bildung und reflektierten Fortschritt und verbindet damit wichtige Forderungen an die künftige Bundesregierung. So stelle die noch nicht umgesetzte Fortsetzung des Digitalpakts viele Schulen vor große Herausforderungen. Wobei ein Digitalpakt 2.0, der von der neuen Regierung im Haushalt erst beschlossen werden muss, aus Sicht des DPhV zwar grundsätzlich sinnvoll, aber nicht der eigentliche Kern der Lösung sei. DPhV-Bundesvorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing sagt: „Wir brauchen endlich eine Verstetigung der Mittelflüsse bei der Digitalisierung der Infrastruktur der Schulen. Sonst droht in ein paar Jahren wieder eine Situation, wie wir sie jetzt erleben müssen – mit fatalen Konsequenzen für die Schulen.“

Darüber hinaus müsse die Leitung des künftigen Bundesbildungsministeriums weitere wichtige Themen angehen, die noch nicht genügend im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Lin-Klitzing sagt: „Das jetzige Startchancenprogramm des Bundesbildungsministeriums setzt zu spät an. Wir brauchen die Förderung sprachlich benachteiligter Kinder früher, nämlich bereits vor dem Schulbeginn.“
In diesem Zusammenhang setzt sich der DPhV zum einen für die konsequente Weiterführung der Bund-Länder-Initiative „Bildung durch Sprache und Schrift“ (BiSS) bzw. dessen Folgeprogramm „BiSS-Transfer“ ein. Das läuft allerdings Ende 2025 aus. „Hier kann und muss nun die neue Regierung und ein neu zu besetzendes Bundesbildungsministerium erste richtige Akzente setzen und die nötigen Entscheidungen rechtzeitig treffen, damit an BiSS-Transfer beteiligte Schulen und Kitas das Aufgebaute weiterführen können. Es darf im gesamtgesellschaftlichen Interesse für BiSS-Transfer gar kein Ende und nicht einmal eine verzögerte Anschlussförderung geben“, mahnt Lin-Klitzing.

„Genau deshalb brauchen wir nach den Schuleingangsuntersuchungen der Kinder im Alter von 4 ½ Jahren in jedem Bundesland auch eine diagnoseindizierte, vorschulische und verbindliche Sprachförderung. Eine Vernachlässigung habe fundamentale Auswirkungen auf die weitere Bildungskarriere der angehenden Schüler und Schülerinnen.“ Dies sei allerdings Sache der Länder, und hier gelte: „Die diagnoseindizierte, verbindliche vorschulische Sprachförderung muss unter der Aufsicht der Bildungsministerien der Länder und nicht des Familienministeriums stehen, eben weil es um den Übergang auf die Schule geht!“ Dazu fordert die Bundesvorsitzende des DPhV die Landesregierungen auf.

Lin-Klitzing weiter: „In der richtigen und wichtigen Debatte um allgemein nachlassende Schulleistungen werden besonders leistungsfähige und begabte Schülerinnen und Schüler leider oft übersehen. Dies ist in mehrfacher Hinsicht bedauerlich. Zum einen haben sie genauso wie alle anderen einen Anspruch darauf, gemäß ihren Fähigkeiten optimal gefordert und bestmöglich gefördert zu werden. Zum anderen lässt sich auch die Gesellschaft dadurch enormes Potential entgehen. In Wirtschaft und Wissenschaft tragen außerordentliche Talente zu großen Innovationen bei.“
Hier brauchen – aus Sicht des Deutschen Philologenverbandes - Lehrkräfte und ihre Schülerinnen und Schüler mehr Unterstützung und mehr umgesetzte „Drehtür“-Modelle, damit besonders leistungsfähige Schülerinnen und Schüler mehr und anderes lernen können. Dies könne beispielsweise in Angeboten für das Erlernen weiterer Fremdsprachen ab der fünften oder sechsten Klasse bestehen, durch vertiefende Aufgaben und die vorbereitende Begleitung für Wettbewerbe in Mathematik und den Naturwissenschaften in zusätzlichen Lerngruppen geschehen sowie durch Teilnahmeangebote für „Junior-Universitäten“.

„Verlieren Sie die leistungsfähigen und begabten Schülerinnen und Schüler an unseren Schulen nicht aus dem Blick“, appelliert Lin-Klitzing und wirbt für mehr Angebote zur Begabtenförderung, die von Bund und Ländern gemeinschaftlich unterstützt werden sollten. Hier lobt sie das bestehende Programm „Leistung macht Schule“ (LemaS), bei dem es aber nicht allein belassen werden dürfe. LemaS ist eine Initiative der Kultusministerkonferenz (KMK) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), die darauf abzielt, leistungsstarke und potenziell besonders leistungsfähige Schülerinnen und Schüler zu fördern. Das bundesweite Projekt wurde 2018 gestartet und läuft über zehn Jahre.

Auch im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) gebe es noch viel zu tun. Lin-Klitzing: „Länder und Bund müssen mit bereichsspezifischer Bildungs-KI die sinnvolle Rolle in der schulischen Bildung selbst gestalten und sich nicht bestehenden KI-Modellen ausliefern.“

Die Kultusministerkonferenz hatte dazu im Oktober Handlungsempfehlungen beschlossen.[1] Diese sind aus Sicht des DPhV nicht ausreichend. Die Bemühungen zwischen den Ländern und dem Bund, ein hoheitlich betriebenes, datenschutzkonformes, für pädagogische Zwecke trainiertes und damit didaktisch besonders zielführendes Large Language Model für den schulischen Bildungsbereich bereitzustellen, sollten konzeptionell nicht am Ende, sondern am Anfang des jetzigen Prozesses stehen, damit Lehrkräfte und ihre Schülerinnen und Schüler geschützt ihre „critical computational literacy“ erwerben können.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Philologenverband e.V. (DPhV), Friedrichstr. 169-170, 10117 Berlin, Telefon: 030 40816781

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