BGA: Außenhandel in Aufbruchstimmung / ostdeutsche Wirtschaft leidet aber an gravierender Exportschwäche
(Berlin) - "In diesem Jahr herrscht im deutschen Außenhandelwieder Aufbruchstimmung." Dies erklärte Dr. Michael Fuchs, Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), auf der traditionellen Außenhandels-Pressekonferenz des Verbandes am 06.04.2000 in Berlin. "Für das Gesamtjahr 2000 gibt der BGA folgende Prognose ab: Die Exporte werden um 8 Prozent auf 1062 Milliarden DM wachsen und damit wieder die Funktion des Wachstumsmotors unserer Wirtschaft übernehmen. Die Importe werden im gleichen Zeitraum um 7 Prozent auf 913 Milliarden DM steigen", sagte Fuchs. Daraus errechne sich ein Überschuss im Außenhandel, der den neuen Rekordwert von 149 Milliarden DM möglich erscheinen lasse. Das Außenhandelsvolumen werdenach dieser Prognose 1975 Milliarden DM erreichen.
"Deutschland wird damit im Jahr 2000 erstmals die Schallmauer von einer Billion DM bei den Exporten sicher durchbrechen und erneut zweitgrößte Handelsnation nach den USA und vor Japan sein. Der Welthandel wird unserer Prognose nach nur um gut 6 Prozent zunehmen. Daher wird sich auch unser Weltmarktanteil leicht vergrößern", führte Dr. Fuchs aus. Insgesamt setze sich der positive Trend des zweiten Halbjahres 1999 in diesem Jahr fort. Die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrisen in Asien, Russland und Teilen Lateinamerikas würden den deutschen Außenhandel nun nicht mehr nachhaltig beeinträchtigen. Die Region Asien befinde sich auf dem Wege der Erholung mit Wachstumsraten von bis zu 5 Prozent für einzelne Länder. Auch für Lateinamerika gebe der BGA eine zuversichtliche Wachstumsprognose von knapp 3 Prozent ab. "Für Russland stimmen uns die neuesten Indikatoren verhalten optimistisch. Dennoch hat das Land bei der Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen noch einen weiten Weg vor sich", führte der BGA-Präsident aus.
"Für das Wachstum des deutschen Bruttoinlandsproduktes 2000 prognostizieren wir 2,5 Prozent. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass dies ist im europäischen Vergleich eine bescheidene Wachstumsrate ist", erklärte Fuchs. Auch wenn sich das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr beschleunige, wirke ein Vergleich mit den anderen EU-Mitgliedsstaaten oder gar mit dem in den USA und Kanada ernüchternd. "Das prognostizierte Wachstum in Euroland liegt mit rund 3,2 Prozent wesentlich über dem deutschen. Es bleibt daher auch in diesem Jahr dabei: Deutschland stellt gemeinsam mit Italien beim Wirtschaftswachstum das Schlusslicht in Euroland dar", sagte Fuchs.
Zur speziellen Situation des Außenhandels in den neuen Bundesländern erklärte Fuchs, dass sich die ostdeutschen Ausfuhren in den vergangenen zehn Jahren zwar von einem niedrigen Niveau aus verdoppelt hätten. "Seit dem vergangenen Jahr läuten jedoch die Alarmglocken: Während die westdeutschen Ausfuhren gegenüber 1998 um 3,5 Prozent gestiegen sind, brachen die ostdeutschen Exporte um knapp
7 Prozent von 36,7 Milliarden DM auf 34,3 Milliarden DM ein. "Lediglich 3,5 Prozent aller deutschen Ausfuhren stammten noch aus den neuen Bundesländern. Verglichen mit einem Bevölkerungsanteil von 20 Prozent sei dies ein mehr als unbefriedigendes Ergebnis. "Die Exportquote der ostdeutschen Unternehmen liegt nur bei rund der Hälfte des Wertes in Westdeutschland. Ein Gleichziehen mit der Exportperformance der alten Bundesländer ist unter diesen Bedingungen auf lange Sicht nicht absehbar", erläuterte der BGA-Präsident.
Im zehnten Jahr der Einheit müsse der ostdeutschen Wirtschaft eine gravierende Exportschwäche attestiert werden. "Bei der Exportintensität, also dem Wert der Ausfuhren in DM je Einwohner, liegen die östlichen Bundesländer weit hinter dem Westen zurück. Das ausfuhrstärkste östliche Bundesland Sachsen erzielt nur die Hälfte des Wertes des schwächsten westlichen Bundeslandes Schleswig-Holstein." Dies sei unter anderem darin begründet, dass mehr als die Hälfte der ostdeutschen Exportunternehmen Mittelständler mit unter 50 Mitarbeitern und einer geringen Eigenkapitaldecke seien, die aus diesem Grund oft nicht die erforderliche Durchsetzungsfähigkeit und Ausdauer für ein Engagement auf Auslandsmärkten mitbringen würden.
"Die ostdeutschen Länder sind im Jahre 1990 mit der Hypothek von 40 Jahren SED-Herrschaft gestartet - mit einer maroden Infrastruktur und einer nicht wettbewerbsfähigen volkswirtschaftliche Basis." Um diese Nachteile auszugleichen, stehe außer Frage, dass die neuen Bundesländer auch weiterhin unterstützt werden müssten. Es seien allerdings bereits weit über eine Billion DM seit der Wiedervereinigung in die neuen Länder geflossen. Dr. Fuchs: "Ich betone ausdrücklich: Es entstehen nicht nur Kosten im Osten. Wir tätigen hier aussichtsreiche Zukunftsinvestitionen. Ostdeutschland hat mit seinen hochqualifizierten Fachkräften und seiner unternehmerischen Tradition eine Vielzahl von Standortvorteilen zu bieten, die nur aktiviert werden müssen. Erste Aufgabe der Politik in Ost und in gleicher Weise in West ist es: Zukünftig muss der Leistungsgedanke den Subventionsgedanken überflügeln."
Konkret erwarte der BGA, dass staatliche Gelder gezielter und sinnvoll verwendet würden, insbesondere für den Ausbau einer modernen Infra- und Wirtschaftsstruktur. Notwendig sei nicht das Kurieren an Symptomen in Ostdeutschland, sondern wettbewerbsfähige Strukturen für ganz Deutschland. Die Defizite in Ostdeutschland seien letztlich nur ein Kennzeichen für das, woran es in ganz Deutschland fehle: An einer modernen Sozialgesetzgebung und einem schlanken Staat mit weniger Regulierungen, sagte BGA-Präsident Fuchs auf der Außenhandels-Pressekonferenz in Berlin.
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