Betreuung von Pflegebedürftigen zuhause ist unter fairen Bedingungen möglich, aber Bundesregierung hält sich lieber raus / Pflege-Lösung Nummer 3: ein faires Modell für die Beschäftigung von Betreuerinnen zuhause
(Berlin) - In Deutschland kümmern sich geschätzt bis zu 700.000 Frauen aus dem Ausland um pflegebedürftige Menschen in ihrem Zuhause. Die Politik hat ihr Versprechen nach fairen gesetzlichen Rahmenbedingungen für diese sogenannte "24-Stunden-Pflege" bisher nicht eingelöst, auch der aktuelle Vorschlag für eine Pflegereform liefert keine Antworten. Sie steht damit der flächendeckenden Einführung des Konzepts im Wege, das die Caritas bereits seit einigen Jahren umsetzt.
"CairFair" sichert den Betreuerinnen faire Bezahlung, verlässliche Arbeitsbedingungen und praktische Unterstützung, für die Pflegebedürftigen und ihre Familien eine Begleitung, die die Qualität der Betreuung gewährleistet und bei steigendem Pflegebedarf die "Live-in-Care" nicht alleine lässt.
An mehreren Standorten in Nordrhein-Westfalen und seit Kurzem in Würzburg bietet die Caritas das CariFair-Modell an. Hierbei übernimmt die Caritas die Vermittlung einer Betreuerin, meisten aus Mittel-, Ost- oder Südosteuropa. Diese wird von dem Pflegebedürftigen oder seinen Angehörigen angestellt mit einem legalen Arbeitsvertrag - samt einer Bezahlung zum Mindestlohn oder darüber hinaus und Urlaubsansprüchen. Die Betreuungszeiten und die Pflegeleistungen, die die Betreuungskraft nicht abdecken kann, werden von anderen Pflege-Angeboten übernommen, etwa der Caritas-Sozialstation, der Tages- oder Kurzzeitpflege.
"24-Stunden-Pflege" ist ein No-Go
"Niemand kann, niemand darf rund um die Uhr arbeiten, deshalb kann es keine '24-Stunden-Pflege' geben, wie sie manchmal beworben wird, ohne dass die eine oder die andere, oder beide Seiten, zu kurz kommen," so Dirk Schümann vom Caritasverband Olpe, einem der Anbieter von CariFair. "Was es geben kann und bei uns gibt, sind Modelle, bei denen der Einsatz einer Betreuerin aus dem Ausland ein Baustein von mehreren ist. CariFair legt die Bedingungen für diesen Teil fest, inklusive Qualitätsstandards, und sorgt dafür, dass die anderen Bausteine zusammenkommen und ineinandergreifen".
Im Kreis Olpe kümmern sich aktuell zwei Koordinatorinnen in ca. 40 Familien um die Vernetzung, Begleitung und Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses zwischen der Familie als Arbeitgeber und der Betreuungskraft als Arbeitnehmerin, berichtet Dirk Schürmann.
Qualitätssicherung
Die wöchentliche Arbeitszeit der Betreuungskraft beläuft sich auf 38,5 Stunden, mindestens ein Tag pro Woche hat sie frei. Wenn sie nicht im Dienst ist, können weitere Angebote wie zum Beispiel die Tagespflege oder Alltagsbegleitung genutzt werden. In jedem Fall muss zur Qualitätssicherung einmal in der Woche ein Besuch einer Sozialstation vor Ort stattfinden, erläutert Marion Hegener, Pflegedienstleitung der Caritas-Station Lennestadt im Caritasverband Olpe.
Die monatlichen Kosten belaufen sich für die Betreuungskraft auf ca. 2.600Euro Brutto Personalkosten und 180Euro monatlich für die Betreuung durch die Koordinatorin und die Personalabrechnung.
Regierungsentwurf für eine Pflegereform lässt Live-Ins links liegen
"Die Caritas-Erfahrungen an mehreren Standorten zeigen: Gute Lösungen sind in diesem Bereich möglich," so Elisabeth Fix, Pflege-Expertin der Caritas. "Die Pflegereform muss das Versprechen des Koalitionsvertrags einlösen, die Live-In-Pflege auf eine rechtssichere Grundlage zu stellen. Die Caritas fordert, pflegende Angehörige bei der Finanzierung legaler beschäftigter Live-Ins besser zu unterstützen".
Pflegebedürftige Menschen wollen so lange wie möglich zuhause leben; gleichzeitig können Angehörige und Pflegedienste allein die Betreuung der Pflegebedürftige, die von Jahr zu Jahr mehr werden, nicht stemmen. "Viele Familien wollen aus der Grauzone der sog. 24-Stunden-Pflege raus. Das Paderborner Modell von CariFair zeigt, dass dies geht. Die Pflegeversicherung kann dazu beitragen, indem die Pflegesachleistung bis zu 40 Prozent für eine qualitätsgesicherte live-in-Betreuung umgewandelt wird," so die Caritas-Expertin.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Caritasverband e.V.
Mathilde Langendorf, Pressesprecherin
Karlstr. 40, 79104 Freiburg
Telefon: (0761) 2000, Fax: (0761) 200541
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