Pressemitteilung | Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. (ZDB)

Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft in Gefahr

(Berlin) - „Ohne eine schnelle und drastische Entlastung bei den Kosten der Unfallversicherung droht das System der gesetzlichen Unfallversicherung in der Bauwirtschaft zu kollabieren.“ Dies sagte Sigmar Madlener, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Bau-Berufsgenossenschaften, am 8. Februar 2001 anlässlich einer Pressekonferenz in Berlin.

Madlener weiter: „Der viel zu hohe Anteil des Beitrages für die Berufsgenossenschaften an den Lohnzusatzkosten ist für die Bauwirtschaft nicht weiter hinnehmbar. Die Betriebe des Baugewerbes hatten in den letzten 20 Jahren Beitragssteigerungen von rund 29 % zu verkraften. Wir wenden uns daher heute an die Bundesregierung und an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, weil die Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft ohne Hilfe des Gesetzgebers finanziell nicht überleben können.“

Als Gründe nannte Madlener zum einen den Rückgang der Lohnsumme durch den Rückgang der im Bau beschäftigten Arbeitnehmer und zum anderen die gegenläufige Ausgabenentwicklung. Waren 1995 noch rund 1,5 Mio. Arbeitnehmer in in der Baubranche beschäftigt, waren es 1999 nur noch 1,03 Mio.; ein Rückgang um ein Drittel. Gleichzeitig stehen die Berufsgenossenschaften vor denselben demographischen Problemen wie die Rentenversicherung: Eine immer kleiner werdende Zahl von Beitragszahlern muss für die Unfallrentner mit steigender Lebenserwartung aufkommen.

Außerdem sind die Berufsgenossenschaften gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung benachteiligt. Denn bisher gilt: Hat ein Versicherter sowohl Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als auch aus der Unfallversicherung, so geht die Unfallrente immer vor. Die Rentenversicherung wird also zu Lasten der Unfallversicherung entlastet.

Besonders belastet sind die Berufsgenossenschaften durch illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit. Naturgemäß werden für Schwarzarbeit keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. Dennoch sind die Berufsgenossenschaften gesetzlich verpflichtet, auch in Fällen von Schwarzarbeit Behandlungskosten sowie Rehabilitations- und Rentenleistungen zu tragen. Der Gesetzgeber begünstigt im Bereich der Unfallversicherung die Schwarzarbeit! Die Berufsgenossenschaften sind zwar verpflichtet, Leistungen zu erbringen, sie dürfen aber keinen Regress bei den Auftraggebern illegaler Beschäftigung und den Schwarzarbeitern nehmen.

Außerdem zahlen einheimische Betrieb für Arbeitnehmer ausländischer Betriebe mit, die zum vorübergehenden Arbeitseinsatz in die Bundesrepublik Deutschland entsendet werden. Die Berufsgenossenschaften sind verpflichtet, auch die ausländischen Betriebe und deren Arbeitnehmer bezüglich der Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften zu überwachen. Dadurch werden erhebliche Kosten im Bereich der Prävention verursacht, ohne dass die Entsendebetriebe zur Beitragszahlung verpflichtet sind.

Der Rückgang der Versichertenzahl und die positive Entwicklung der Unfallzahlen in der Bauwirtschaft wirken sich auch deswegen nicht positiv auf den Beitrag aus, da den Berufsgenossenschaften durch den Gesetzgeber systemfremde und kostenträchtige Aufgaben übertragen wurden. So sind die Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft dazu verpflichtet, jährlich ca. 250 Mio. DM für so genannte DDR-Altlasten aufzubringen. Das entspricht 6% der Ausgaben. Dies ist für unsere Berufsgenossenschaften vor allem deswegen dramatisch, weil sie ihren Anteil an den DDR-Altlasten nach einem Lohnsummenschlüssel von 1994 zahlen müssen.

Auch durch die Erweiterung des gesetzlichen Leistungskataloges – z. B. für neue Berufskrankheiten, Erhöhung von Renten usw. – ergeben sich Mehrkosten von ca. 500 Mio. DM pro Jahr. Das entspricht rund 12 % der Ausgaben.

Madlener stellte daher folgende Forderungen an den Gesetzgeber auf:

1. Vorrang der Altersrente vor Unfallrente
2. Keine Leistungen für Schwarzarbeiter
3. Keine Leistungen bei Wegeunfällen
4. Abzugsverfahren auch für Sozialversicherungsbeiträge

Zum Schluss seiner Ausführungen erinnerte Madlener daran, dass in dem Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen die gesetzliche Unfallversicherung mit keinem Wort erwähnt ist. Die Bundesregierung sehe also offenbar keinen Reformbedarf. Madlener hält dagegen eine Reform der Unfallversicherung für wichtiger als die eingeleitete Reform des Betriebsverfassungsgesetzes. Madlener abschließend: „Wir sind bereit, hierüber in einen Dialog mit der Politik einzutreten.“

Quelle und Kontaktadresse:
Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) Kronenstr. 55-58 10117 Berlin Telefon: 030/203140 Telefax: 030/20314419

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