Pressemitteilung | Bündnis KJG - Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit e.V.

Berliner Erklärung - Grundrechte und Hilfebedarf minderjähriger Flüchtlinge in den Mittelpunkt stellen

(Berlin) - Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin und die deutsche Sektion der IPPNW haben als Ergebnis der Konferenz "Best Practice for Young Refugees" eine Berliner Erklärung veröffentlicht. Gemeinsam mit weiteren UnterstützerInnen fordern sie die Einhaltung der körperlichen und psychischen Unversehrtheit und die Wahrung der Menschenwürde der jungen Flüchtlinge bei allen Maßnahmen zur Alterseinschätzung. Sie betonten, dass die biologische Reife im Vergleich zum chronologischen Alter eine hohe Schwankungsbreite aufweise, sodass Altersschätzungen auf ihrer Basis sehr ungenau seien und häufig falsch interpretiert würden. Die Anwendung ionisierender Strahlen außerhalb einer medizinischen Indikation lehnen sie ab.

Zudem sei es ethisch nicht akzeptabel, dass die Einwilligung des Flüchtlings in die Untersuchung häufig unter Druck erteilt werde. Die Einwilligenden könnten Tragweite und Bedeutung in der Regel nicht ausreichend erfassen. Statt aufwändiger, teurer und ungenauer Altersdiagnostik ohne Nutzen für die Betroffenen wird in der "Berliner Erklärung" die bundesweite Einführung einer Jugendvorsorgeuntersuchung für alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gefordert. Diese solle sowohl den Entwicklungsstand als auch den medizinischen und psychologischen Hilfebedarf erfassen und eine ganzheitliche Einschätzung der Reife unterstützen.

"Mit der UN-Konvention für die Rechte des Kindes erkennen alle Unterzeichnerstaaten einen besonderen Schutzbedarf von Minderjährigen an. Bei allen sie betreffenden Maßnahmen ist das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen (Art. 3). Zu den Grundrechten zählen die medizinische Versorgung, die Bildung sowie in besonderem Maße Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit", heißt es in der Berliner Erklärung. Die Fürsorgepflicht für Minderjährige gelte unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen. Minderjährige, die ohne ihre Eltern vor Kriegshandlungen, körperlicher und sexueller Gewalt oder extremer Armut fliehen mussten, hätten einen besonders großen Schutzbedarf aufgrund erlebter Traumatisierung und lebensgefährlicher Flucht.

Oft können sie ihr Alter nicht durch Dokumente beweisen. Dann müssen sie sich einer Alterseinschätzung unterziehen, die in den EU-Staaten, aber auch in den deutschen Bundesländern unterschiedlich gestaltet wird. Die Verfahren reichen von Interviews und psychosozialem Clearing bis hin zu aufwändigen medizinischen Altersgutachten. Dazu werden eine körperliche Untersuchung einschließlich der äußeren Geschlechtsorgane, Röntgenuntersuchungen der Hand und des Gebisses sowie eine Computertomographie der Schlüsselbeine eingesetzt. Durch diese medizinischen Untersuchungen kann lediglich die biologische Reife eingeschätzt werden, nicht jedoch das chronologische Alter. Die Angaben sind mit einer hohen Ungenauigkeit behaftet, die selten offengelegt wird. Somit werden viele Jugendliche für volljährig erklärt, was für ihr weiteres Leben und ihre Zukunft erhebliche Nachteile mit sich bringt.

Alle Interessierten, die dies verhindern möchten, können die Berliner Erklärung durch ihre Unterschrift unterstützen. Sie finden die vollständige Berliner Erklärung unter http://www.kurzlink.de/young-refugees

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Akademie für Kinderheilkunde und Jugendmedizin e.V. (DAKJ), Dachverband der pädiatrischen Gesellschaften Deutschlands Dr. Elke Jäger-Roman, stellvertretende Generalsekretärin Chausseestr. 128/129, 10115 Berlin Telefon: 030 40005880, Fax: 030 400058888

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