Berlin schreibt Geschichte: Das erste Mobilitätsgesetz Deutschlands und was nun passieren muss
(Berlin) - Aller Voraussicht nach wird das Berliner Abgeordnetenhaus in seiner morgigen Sitzung das Mobilitätsgesetz verabschieden. Damit wird erstmalig in Deutschland die Förderung des Rad-, Fuß- und öffentlichen Verkehrs in ein Gesetz gefasst und so der Grundstein für die notwendige Verkehrswende gelegt. Der ADFC Berlin begrüßt den erfolgreichen Abschluss der gemeinsamen Arbeit von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft und erinnert gleichzeitig daran, dass die eigentliche Arbeit nun mit der Umsetzung beginnt.
In seiner morgigen Plenarsitzung wird das Berliner Abgeordnetenhaus voraussichtlich das erste Mobilitätsgesetz Deutschlands verabschieden. Ziel des Gesetzes ist die Förderung des Umweltverbundes. Im Radverkehrsteil des Gesetzes sind zahlreiche Forderungen des ADFC wie Radschnellrouten und Fahrradstraßen, Radverkehrsanlagen an allen Hauptverkehrsstraßen und sichere Abstellanlagen erstmals gesetzlich festgeschrieben.
"Bessere Luft, weniger Staus und eine Stadt, in der alle sicher ankommen - das Mobilitätsgesetz bietet Lösungen für drängende Probleme unserer rasant wachsenden Stadt. Heute ist ein historischer Tag und ein Grund zum Feiern für alle Bürgerinnen und Bürger von Berlin", freut sich Eva-Maria Scheel, Landesvorsitzende des ADFC Berlin.
Beispielloser Erfolg zivilgesellschaftlichen Engagements
Am 15.02.2017 trafen sich erstmals Vertreter von ADFC, Volksentscheid Fahrrad und BUND mit Vertretern des Senats und den Regierungsfraktionen, um im "Raddialog" in Verhandlung zu treten und gemeinsam den Radverkehrsteil des Gesetzes zu erarbeiten. Sechzehn Monate später stellt die Verabschiedung des Gesetzes einen beispiellosen Erfolg zivilgesellschaftlichen Engagements dar.
"Zehntausende Stunden ehrenamtlicher Arbeit gingen ins Land, Demonstrationen wurden organisiert, politische Kämpfe ausgetragen und gemeinsame Lösungen gesucht. Der Lohn ist eine Neuausrichtung unseres Mobilitätsverhaltens, die schon lange überfällig war", sagt Evan Vosberg, stellvertretender Landesvorsitzender und Beteiligter der Dialogrunde.
Das Mobilitätsgesetz ist nur ein Anfang
Bei aller Freude beobachtet der ADFC Berlin mit Sorge, dass die rot-rot-grüne Koalition nach anderthalb Jahren Regierungszeit noch immer keinen sicheren Radweg gemäß Mobilitätsgesetz auf die Straße gebracht hat. Von den zwei zusätzlichen Stellen pro Bezirk, die für die Planung von Radinfrastruktur vorgesehen sind, bleibt rund die Hälfte weiterhin unbesetzt. Auch der neu gegründeten Infravelo GmbH, die Radverkehrsmaßnahmen zentral planen und umsetzen soll, fehlen noch immer geeignete Fachkräfte. Gegen die anhaltende Unterbesetzung gibt es bei Senat und Bezirken keine wirksame Strategie.
"Mit der Verabschiedung des Mobilitätsgesetzes fängt die Arbeit erst an. Nun muss sich Rot-Rot-Grün daran messen lassen, wie schnell das Gesetz umgesetzt wird. Wenn es im derzeitigen Schneckentempo weitergeht, werden noch unsere Enkelkinder auf sichere Radwege warten. Nicht nur die Senatsverwaltung muss mehr Fahrt aufnehmen - auch die Bezirke sind für die Umsetzung verantwortlich. Dort müssen endlich die Radverkehrsstellen besetzt und der Umbau begonnen werden", fordert Frank Masurat, der ebenfalls für den Landesvorstand an der Dialogrunde teilnahm.
Mehr Sicherheit und Platz durch weniger Autoverkehr
Die Hälfte aller Autofahrten in Berlin ist kürzer als fünf Kilometer, jede Dritte sogar kürzer als drei Kilometer. Der Schlüssel zur notwendigen Verkehrswende ist es, diese kurzen Wege auf den Umweltverbund zu verlagern. Das Mobilitätsgesetz schafft attraktive Angebote, um mit dem Rad, zu Fuß oder in Tram, Bus und Bahn unterwegs zu sein. Das bedeutet mehr Mobilität auf weniger Raum, doch dafür müssen Flächen umverteilt werden.
"In anderen Metropolen kommt kein Mensch auf die Idee, den öffentlichen Raum als kostenlose Parkmöglichkeit für Autos zur Verfügung zu stellen. Auch für Berlin ist es höchste Zeit, die Privilegien des Autos auf ein gesundes Maß zu reduzieren und für eine gerechtere Aufteilung der Straßen zu sorgen. Mehr Platz für Rad- und Fußwege - dafür müssen vor allem an Hauptstraßen auch Parkplätze oder Fahrspuren für den Autoverkehr weichen", erklärt Masurat.
Quelle und Kontaktadresse:
Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V. (ADFC)
Pressestelle
Mohrenstr. 69, 10117 Berlin
Telefon: (030) 20914980, Fax: (030) 209149855
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