Bericht zum 14. Deutschen Autorechtstag auf dem Petersberg
(Bonn) - Das zahlreich erschienene Fachpublikum erlebte dank dieses gewohnt breiten Spektrums, brillanter Referenten sowie spannender Fragen rund um das Thema "Automobilrecht" ein juristisches Branchenhighlight.
Schuldrechtsreform II: Insbesondere stand die auch digitale Elemente betreffende, oftmals als "Schuldrechtsreform II" bezeichnete Modernisierung des Verbraucherrechts im Fokus des DEUTSCHEN AUTORECHTSTAGS 2021. Die einschneidenden Änderungen des BGB gelten bereits ab Januar 2022. Auch die europäische Verbandsklage wird den Verbraucherschutz auf ein neues Level hieven.
Die aktuelle Entwicklung der Dieselkrise, Abmahnrisiken in Zusammenhang mit datenschutzrechtlichem Fehlverhalten sowie fragwürdige Legal Tech-Praktiken unter anderem bei der Parkraumbewirtschaftung wurden durch umfangreiche Updates zur Rechtsprechung im Verkehrs-, Schadens- und Kaufrechts abgerundet. Endlich konnte sogar über die lang erwartete Novelle der Pkw-EnVKV berichtet werden.
Handwerkszeug für die Praxis: Eine Übersicht der jüngsten Rechtsprechung im Versicherungsrecht, Verkehrsstraf- und Ordnungswidrigkeitenrecht zu den bei einem Verkehrsunfall anfallenden Schadenpositionen lieferte das Praxisseminar, das auch den Blick auf die Entwicklung im Verkehrsstraf- und Ordnungswidrigkeitenrecht richtete.
Abmahnrisiko DSGVO: Das Datenschutzrecht stellt Unternehmen vor große Herausforderungen und birgt Risiken durch Abmahnungen und empfindliche Bußgelder bei Vernachlässigung der datenschutzrechtlichen Pflichten.
Modernisierung des Verbraucherrechts. Gravierende Gesetzesänderungen, die sich ein erhöhtes Verbraucherschutzniveau zum Ziel gesetzt haben, werden die gesamte Autobranche betreffen, insbesondere den Neu- und Gebrauchtwagenhandel. Ab dem 1.1.2022 wird die Beweislastumkehr auf ein Jahr verlängert. Den Autoverkäufer treffen zudem vorvertragliche Informationspflichten sowie Formerfordernisse gegenüber Verbrauchern.
Der Autorechtstag fand in mehreren Referaten und einer angeregten Podiums-diskussion Antworten auf zahlreiche Fragen, die der Gesetzgeber nicht nur im Zusammenhang mit der Haftung für digitale Produkte und Inhalte offengelassen hatte. Er beleuchtete grundlegende Neuerungen, die es im deutschen Gewährleistungsrecht bislang noch nicht gegeben hat. "Auf Handel und Wirtschaftsverbände rollen große Aufgaben zu, um den neuen gesetzlichen Vorgaben gerecht werden zu können" so ein Referent. Dies betrifft u.a. die Definition des Mangelbegriffs, die Verjährungs- und Beweislastumkehrfristen sowie die völlig neue Aktualisierungsverpflichtung digitaler Produkte, die in Fahrzeugen enthalten oder mit ihnen verbunden sind.
Wie herausfordernd die Umsetzung der von der EU vorgegebenen Gesetze für die nationalen Gesetzgeber ist, zeigte sich an der Rechtssache "Ferenschild", bei der es Deutschland nicht gelang, eine seit dem 13.7.2017 durch den Europäischen Gerichtshof festgestellte Europarechtswidrigkeit im Bürgerlichen Gesetzbuch zu korrigieren. Das Versäumnis zu Lasten der Verbraucher dürfte nach Ansicht eines Referenten einen Amtshaftungsanspruch auslösen.
Aktuelle Rechtsprechung des VI. Zivilsenats zum Verkehrsrecht und zur Herstellerhaftung wegen Abgasmanipulationen, Aktuelle höchstrichterliche Entscheidungen zum Kauf- und Leasingrecht: Ob Verschleißerscheinungen eines Gebrauchtwagens, Ersatzlieferung beim Stückkauf oder die Möglichkeit der Vorverlegung des Gefahrenübergangs auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses - die Reich- und Tragweite der dargestellten höchstrichterlichen Entscheidungen aus dem Kaufrecht war enorm. Auf großes Interesse stieß daher auch die Rechtsprechung zum Ersatz fiktiver Mangelbeseitigungskosten, zur Wert- bzw. Schadensersatzpflicht beim Rücktritt sowie zum Eigentumsverlust durch gutgläubigen Erwerb während einer Probefahrt.
Neue Entwicklungen beim Widerrufsrecht: Das Verbraucherwiderrufsrecht ist im Autohandel von großer Bedeutung. Der Umstand, dass der EuGH Richtlinienwidrigkeit im diesbezüglichen deutschen Gesetz festgestellt hat, führe zu Rechtsunsicherheit und mitunter werde vom Unternehmer verlangt, schlauer als der deutsche Gesetzgeber zu sein. Die geforderte Widerrufsbelehrung enthalte erhebliche Fallstricke mit teilweise gravierenden Folgen.
Aktuelles zur Dieselkrise: Zunehmend sind auch Motoren anderer Hersteller Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen. Es wurde deutlich, wie die Gerichte diese neuen Fallkonstellationen in Deutschland einstufen und, dass der Nachweis der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung im Lichte der BGH-Rechtsprechung in vielen Diesel-Fällen bei unterschiedlichen Herstellern derzeit eine sehr hohe Hürde darstelle.
Die Europäische Verbandsklage: Die am 24.12.2020 in Kraft getretene Verbandsklagenrichtlinie ist das erste EU-Instrument des kollektiven Rechtsschutzes, welches Verbänden eine auf Leistung ("Abhilfe") wie "Schadenersatz, Reparatur, oder Vertragsauflösung" gerichtete Klage ermöglicht. Nun liege es am Gesetzgeber, die Richtlinie so umzusetzen, dass betroffenen Verbrauchern ein effektives Instrument zur Bewältigung von Massenschäden an die Hand gegeben wird.
Aus der nationalen und internationalen Rechtsprechung zum Kaufrecht: Deutlich wurde, dass Land- und der Oberlandesgerichte bei Entscheidungen zur Sachmängelhaftung beim Autokauf z. T. in gravierender Weise von der einschlägigen BGH-Rechtsprechung abweichen oder zu Rechtsfragen, die der BGH noch nicht hat klären können, zu konträren Ergebnissen gelangen.
Eine Abkehr von bisheriger Sichtweise nahm das OLG Zweibrücken hinsichtlich der Aufklärungspflicht bei EU-Neuwagen vor. Der Europäische Gerichtshof stellt fest, dass Geschädigten Neu- und Gebrauchtwagenkäufern am Erwerbsort auf Schadensersatz klagen können. "Die Aufbereitung des Dieselskandals ist gerade im grenzüberschreitenden Kontext noch lange nicht vorbei."
Der Deutsche Autorechtstag hat sich auch im 14. Jahr nicht nur als Forum hochaktueller und brisanter Rechtsthemen, sondern auch als wertvoller Bestandteil juristischer Bildungsangebote etabliert.
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