Bericht der Bundesregierung zu gesundheitlichen Auswirkungen auf Kinder durch Corona greift zu kurz
(Berlin) - Der Abschlussbericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe zu den gesundheitlichen Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona greift nach Ansicht des Deutschen Kinderhilfswerkes an entscheidenden Stellen zu kurz.
"Es ist schon erstaunlich, dass ein Bericht von 22 Seiten, bei dem es ausschließlich um Kinder und Jugendliche geht, beim Thema Kinderrechte mit fünf dürren Sätzen auskommt. So werden das Kinderrecht auf Beteiligung, wie es in Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention normiert ist, und das Kinderrecht auf Gesundheit nach Artikel 24 der Konvention im Bericht nicht einmal erwähnt. Dabei haben wir doch in der Corona-Pandemie ganz deutlich erkennen können, dass insbesondere das Kinderrecht auf Beteiligung fast durchgängig ignoriert wurde, und sowohl die in der UN-Kinderrechtskonvention normierte Vorrangstellung des Kindeswohls als auch die Perspektive von Kindern und Jugendlichen selbst kaum Niederschlag in den Entscheidungen von Politik und Verwaltung fanden", betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, anlässlich der heutigen Bundestagsdebatte über den Abschlussbericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe "Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona".
"Ein Abschlussbericht der Bundesregierung sollte aber auch dazu dienen, aus den Fehlern während der Corona-Pandemie zu lernen und unser Land für die Zukunft besser aufzustellen. Dabei hätte gerade das Thema Beteiligung eine zentrale Rolle spielen müssen, denn Beteiligung und psychische Gesundheit sind eng miteinander verbunden. Selbstbestimmung und Mitbestimmung und die damit verbundene Eigenverantwortung sind entscheidende Faktoren für die Entwicklung von Widerstandsressourcen, die Kindern helfen, Stressfaktoren positiv zu bewältigen. Darüber hinaus wird durch die Einbeziehung der unmittelbar Betroffenen mehr Wissen über Problemlösungen generiert. Und auch die besondere Bedeutung von außerschulischen Bezugspersonen für Kinder, die sie beispielsweise in der Jugendarbeit, in Jugendverbänden oder Vereinen finden, wird im Abschlussbericht nicht deutlich genug hervorgehoben", so Hofmann weiter.
Das Deutsche Kinderhilfswerk teilt die Auffassung der Arbeitsgruppe, dass viele Kinder und Jugendliche schon vor der Corona-Pandemie bessere Unterstützungsangebote benötigt hätten. So seien die sozialen Systeme teilweise schon vor Ausbruch der Pandemie kaum in der Lage gewesen, auf psychosoziale Beeinträchtigungen junger Menschen zeitnah zu reagieren. Ein nachhaltiger Effekt der Pandemieerfahrungen wäre daher, sowohl neue als auch bestehende Maßnahmen zur Verbesserung der körperlichen und psychischen Gesundheit und das Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen mit einem kontinuierlichen Monitoring zu begleiten.
Als wichtige Lehre aus der Corona-Pandemie fordert das Deutsche Kinderhilfswerk vor allem eine stärkere Einbettung der Themen "Psychische Gesundheit" und "Resilienzförderung" in die Gesundheitsprävention im Bildungssystem. Im Zentrum sollte dabei die Vermittlung eines "gesunden Lebens" stehen, für das Ernährung und Bewegung ebenso wichtig sind wie Psychohygiene und der Umgang mit Belastungen. Gleichzeitig ist festzustellen, dass es Kindern, Jugendlichen und auch Fachkräften gerade im Nachgang von Schulschließungen und Distanzunterricht im Zuge der Corona-Pandemie helfen würde, wenn im schulischen System der Leistungsdruck minimiert sowie Zeit und Raum für den gemeinsamen Austausch ermöglicht werden. Durch die Corona-Pandemie wurde auch deutlich, dass die Versorgung mit Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten sowie Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und -psychiatern nicht in allen Regionen Deutschlands im Verhältnis zum Beratungs- und Behandlungsbedarf junger Menschen steht. Dem könnte durch eine kleinräumlichere Betrachtung der Versorgungsgebiete und damit einhergehender zusätzlicher Praxen begegnet werden.
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