BEREC warnt vor den Single-Market-Plänen von EU-Kommissarin Neelie Kroes
(Bonn) - Der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) begrüßt die vom Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (BEREC) geäußerte, deutliche Kritik an dem von der EU-Kommission vorgestellten Paket zur Neugestaltung des EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und Dienste ("single market package"). Im BEREC (Body of European Regulators for Electronic Communication) haben sich die 27 nationalen Regulierungsbehörden der EU - darunter auch die deutsche Bundesnetzagentur - zusammengeschlossen.
Nach den Plänen von EU-Kommissarin Neelie Kroes soll es künftig nur noch große "europäische Netzbetreiber" - wie hierzulande die Deutsche Telekom - geben, die von einer einheitlichen Regulierung und Privilegien (z.B. nur noch Pflicht zur Bitstream-Vorleistung statt TAL-Zugang, Vorteile bei der Entgeltregulierung) profitieren sollen. Daneben sollen Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörden wie der deutschen Bundesnetzagentur künftig per Veto aus Brüssel blockiert werden können. Der BREKO hatte den Entwurf Kroes' bereits massiv kritisiert.
Der BEREC äußert nun in einer Stellungnahme, man sei "sehr besorgt, dass die bislang erreichten Ziele des EU-Rechtsrahmens in Hinsicht auf Wettbewerb und Nutzen für den Endkunden Gefahr laufen, ausgehöhlt zu werden". Das von der EU-Kommission vorgelegte Paket stelle eine "signifikante Veränderung in der strategischen Grundausrichtung dar", ohne dabei eine "gründliche Betrachtung der weitreichenden Konsequenzen vorzunehmen".
Neelie Kroes begründet ihre Pläne vor allem damit, dass der europäische TK-Markt in zu viele Anbieter zersplittert sei, was - anders als in den USA und China, wo es nur wenige Operator gibt - Innovationen und den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen behindere.
Das indes stimmt gar nicht, wie der BEREC in seiner Stellungnahme eindeutig formuliert. So führe die durch die zahlreichen Carrier bedingte, höhere Wettbewerbsintensität in den europäischen Märkten zu deutlich günstigeren Endkundenpreisen. In mindestens 16 EU-Staaten befänden sich die Endkundenpreise unter US-Niveau, so die Experten des Gremiums unter Berufung auf Zahlen der OECD.
Zudem: Die durchschnittlich verfügbare Downstream-Geschwindigkeit liege in der EU signifikant höher als in den USA (bei DSL- und Glasfaser-Anschlüssen: plus 36 Prozent). Daneben habe die EU-Kommission überhaupt nicht berücksichtigt, dass derzeit EU-weit immer mehr NGA-Netze ausgerollt werden, wodurch sich die Verfügbarkeit von Breitband-Anschlüssen in diversen Mitgliedsstaaten massiv erhöht hat.
"Der BEREC stellt zu Recht fest, dass starker Wettbewerb zu mehr Qualität und dennoch günstigen Endkundenpreisen führt", sagt BREKO-Präsident Ralf Kleint. "Wir brauchen starke nationale Regulierer, die sich an den individuellen Besonderheiten der jeweiligen TK-Märkte orientieren - und keinen 'Super-Regulierer', der wenige große Player privilegiert."
Das Gremium der EU-Regulierungsbehörden formuliert in seiner Bewertung des EU-Entwurfs ungewöhnlich massiv: "Der BEREC warnt davor, auf einer angeblich durch [zu viel] Regulierung ausgelösten Krise und sofortigem Handeln zu bestehen, um sich dadurch Dringlichkeit im Gesetzgebungsprozess zu sichern (...)."
Hintergrund: Die EU-Kommission will das Paket bis zum Ende ihrer Amtszeit im Herbst kommenden Jahres verabschieden und deshalb auf eine öffentliche Konsultation der Marktteilnehmer verzichten.
Der BREKO schließt sich der Kritik des BEREC in vollem Umfang an und warnt davor, den Forderungen von Ex-Monopolisten wie der Deutschen Telekom nachzugeben. Diese verlangt von der Politik in Berlin und Brüssel derzeit, "mutige Deregulierungsschritte" vorzunehmen, um den proklamierten Rückstand Europas auf dem Telekommunikationsmarkt wieder wettzumachen.
Mit dem Slogan "Größe zählt" wird die Telekom derzeit in Medienberichten zitiert. BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers kontert: "Vielfalt statt Einfalt! Nur starker Wettbewerb führt zu einem flächendeckenden Breitband-Ausbau auch in ländlichen und unterversorgten Gebieten."
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