Pressemitteilung | Deutscher Gewerkschaftsbund - Landesbezirk Berlin-Brandenburg (DGB)

Beratungsstelle beim DGB für EU-Arbeitnehmer: Was tun gegen Lohndumping und Entrechtung?

(Berlin) - Der EU-Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten im Jahre 2004 und 2007 hat die innereuropäischen Grenzen für Arbeitnehmer/innen aus diesen Ländern weiter geöffnet. Am 01. Mai 2011 fallen die Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit für die 2004 beigetretenen EU-Staaten endgültig. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Dienstleistungsfreiheit führen zu einem deutlichen Anstieg der Zahl ausländischer Beschäftigten in den EU-Mitgliedstaaten. Dies gilt auch für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Auftrag ihres Arbeitgebers zeitweilig in anderen EU-Ländern tätig werden. Grund genug für den DGB, eine Beratungsstelle für entsandte Arbeitnehmer einzurichten, die über ihre Rechte informiert werden sollen. Fragen wie "Bin ich sozial abgesichert?" oder "Was tun, wenn mein Chef keinen Lohn zahlt?" stehen dabei im Vordergrund.

Nach Angaben der Bundesregierung (Februar 2010) belief sich bereits 2007 die Zahl der entsandten Beschäftigten auf 217.000. 2005 waren es noch 168.000, innerhalb von nur zwei Jahren stieg also die Zahl um ca. 30 Prozent wobei der Großteil aus den neuen Mitgliedsstaaten der EU kommt. Trotz dieser rasanten Entwicklung werden die Zahlen bis heute weder zeitnah erfasst noch regional differenziert.

Aktuell zeigt der Fall des tschechischen Unternehmens Solára einmal mehr, dass grenzüberschreitend tätige Unternehmen die Rechte der Beschäftigten missachten. Im Bestreben, auf den deutschen Markt zu expandieren, war Solára auf noch bis 2011 bestehenden Einschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit gestoßen. Doch auf Anraten einer offiziellen EU-Beratungseinrichtung zur Beratung von Arbeitgebern hatte das Unternehmen tschechischen Arbeitnehmern nahegelegt, den Einbau der Dachverglasungen als (Schein-)Selbständige durchzuführen und damit das Erfordernis der Arbeitserlaubnis kurzerhand zu unterlaufen. Ein Skandal, der aus Sicht der DGB-Bezirksvorsitzenden von Berlin und Brandenburg, Doro Zinke, zeigt, wie dringend notwendig eine unabhängige Beratung und Unterstützung für entsandte Beschäftigte ist.

Das Ziel des Arbeitnehmerentsendegesetzes, Sozialdumping zu verhindern, kann nach wie vor zu leicht umgangen werden. Angesichts des hohen Beratungs- und Aufklärungsbedarfs in diesem Bereich hat der Deutsche Gewerkschaftsbund, Bezirk Berlin-Brandenburg in Kooperation mit der Migrationsberatungsstelle von Arbeit und Leben Berlin e.V. eine Beratungsstelle für entsandte Beschäftigte eingerichtet. Diese hat, so Zinke, die Aufgabe, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vorübergehend in Berlin tätig sind, in arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Fragen zu informieren, beraten und zu unterstützen. Die Beratungsstelle ist Bestandteil des Kooperationsvertrages zwischen dem DGB-Bezirk Berlin-Brandenburg und dem Einheitlichen Ansprechpartner Berlin, der zentralen Anlaufstelle beim Senat für Unternehmen. Sie ist zugleich das Ergebnis der - bundesweit einmaligen - aktiven Beteiligung des DGB-Bezirks an der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie.

Der DGB erhofft sich dadurch für die entsandten Arbeitnehmer, besonders aus den neuen Mitgliedstaaten der EU, eine Anlaufstelle zu schaffen und deren wirtschaftlicher Ausbeutung entgegenzuwirken. "Es ist bekannt, dass ein Großteil der entsandten Beschäftigten aus Polen und Rumänien kommt", sagte Zinke: "Deshalb sind wir froh, zwei kompetente Mitarbeiterinnen gefunden zu haben, die nicht nur das fachliche Wissen, sondern auch die entsprechenden Sprachkenntnisse aufweisen können."

Zinke forderte die Landesregierung in Potsdam auf, die Ausweitung der Beratungstätigkeit auch für entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Brandenburg zu ermöglichen. "Das wird nicht ohne finanzielle Unterstützung gehen, hier wollen wir gemeinsam mit dem Senat und der Landesregierung schnellstmöglich eine tragfähige Lösung finden."

Die Tätigkeit der Beratungsstelle dient auch den Interessen der Berliner und Brandenburger Beschäftigten, deren Arbeitsplätze von unfairer Konkurrenz durch Lohndumping bedroht sind. Doro Zinke betonte: "Vom Schutz vor missbräuchlichen Arbeitsbedingungen profitieren sowohl die Beschäftigten als auch Arbeitgeber, die die gesetzlichen und tariflichen Arbeitsstandards einhalten. Es stärkt auch die Akzeptanz der Europäischen Union, wenn die Interessen von Unternehmen und Beschäftigten ausgewogen berücksichtigt werden."

Das Beratungsbüro ist über Mail zu erreichen, um Termine zu vereinbaren: beratung-eu@DGB.de; Tel.: 030-21240-145

Ansprechpartnerinnen sind Bettina Wager und Marta Böning.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Gewerkschaftsbund Landesbezirk Berlin-Brandenburg (DGB) Pressestelle Keithstr. 1-3, 10787 Berlin Telefon: (030) 212400, Telefax: (030) 21240142

(el)

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