Beim Tunnelbrandschutz ist Deutschland noch Entwicklungsland / Stationäre Löschanlagen erhöhen Chancen auf Selbstrettung bei Tunnelbränden / Straßentunnel dürfen nicht länger Todesfallen sein
(Würzburg) - Nur stationäre Wasserlöschanlagen garantieren eine sofortige Brandbekämpfung vor Ort, wenn in einem Straßentunnel ein Brand ausbricht. Um so bedenklicher, dass bisher kein einziger Tunnel in Deutschland mit einer Löschanlage ausgestattet ist. Auch der neueste ADAC-Tunneltest zeigt, dass in Sachen Brandschutz noch viel zu tun bleibt, um Katastrophen wie in Kaprun, im Montblanc-, Tauern- oder St. Gotthard-Tunnel in Zukunft zu verhindern.
Auch in diesem Jahr fiel jeder vierte der insgesamt 52 vom ADAC und seinen Partnerclubs in 14 europäischen Ländern getesteten Tunnel wegen erheblicher Sicherheitsmängel durch. Nach acht Kriterien von der Beleuchtung bis zum Brandschutz bewertete der ADAC die Sicherheit der Reisenden. Dabei galt dem Brandschutz mit 19 Prozent der höchste Stellenwert in der Bewertung der Maßnahmen. Zu Recht: Brandschutz ist der zentrale Baustein im Sicherheitssystem eines Tunnels.
Insgesamt zehnmal vergab der ADAC beim diesjährigen Tunneltest für den Brandschutz die Note mangelhaft. Drei Röhren wurden hinsichtlich des Brandschutzes als bedenklich eingestuft und weitere acht mit ausreichend bewertet. Erfreulich dagegen, dass die Tunneltester in dieser Kategorie immerhin 13-mal die Note gut und sogar 18-mal sehr gut vergeben konnten.
Der Einbau von stationären Wasserlöschanlagen sollte jedoch nach Auffassung des bvfa weiter vorangetrieben werden, um die auch hierzulande noch immer allgegenwärtige Gefahr von Tunnelröhren als Todesfallen zu beseitigen. Ab einer Länge von 700 Metern sollten daher Sprinkleranlagen gesetzlich vorgeschrieben werden.
Sofortige Brandbekämpfung durch Feuerlöschanlagen
Die Vorteile einer stationären Löschanlage liegen auf der Hand: Sprinklerdüsen dämmen den Brand bereits in der Entstehungsphase ein, so dass ein Übergreifen auf nachfolgende Fahrzeuge verhindert oder zumindest verzögert wird. Das Wasser einer stationären Wasserlöschanlage dämmt die Hitze des Feuers ein, kühlt so das Tunnelinnere ab und verhindert gleichzeitig die Entwicklung giftiger Rauchgase. Dadurch wird die Zeitspanne zur Selbstrettung für die Verkehrsteilnehmer sowie das lebensrettende Zeitfenster bis zum Eintreffen der Feuerwehr entscheidend vergrößert.
Neben der Rettung von Menschenleben kann der Einbau einer stationären Löschanlage auch die wirtschaftlichen Schäden eines Tunnelbrandes deutlich eingrenzen. Sowohl die Instandsetzung eines Tunnels als auch der Ausfall als wichtige Verkehrsverbindung kann hohe Kosten verursachen. Dagegen sind die Investitionen für eine stationäre Löschanlage mit rund einem Prozent der Gesamtkosten eines Tunnels vergleichsweise moderat.
Deutschland ist noch Entwicklungsland
Andere Länder haben die Bedeutung von Sprinkleranlagen für den Tunnelbrandschutz längst erkannt. Japan, Australien und die USA, aber auch europäische Länder wie Norwegen, die Niederlande, Großbritannien oder Österreich sind hier Vorreiter. Deutschland hingegen muss in Sachen Tunnelbrandschutz als Entwicklungsland bezeichnet werden. Im gesamten Bundesgebiet gibt es bisher keinen einzigen Tunnel, der mit einer stationären Löschanlage ausgestattet ist.
Das Bundesverkehrsministerium lässt derzeit gemeinsam mit der Bundesanstalt für Straßenwesen erforschen, inwieweit der Einsatz von stationären Löschanlagen, beispielsweise mit einer Wasservernebelungstechnik, die Sicherheit im Tunnel erhöht. Zudem wurden die Richtlinien für die Ausgestaltung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT) nach der Serie verheerender Tunnelunglücke bis 2003 überarbeitet. Der Brandschutz durch Löschanlagen kommt dabei allerdings immer noch zu kurz. Dabei liegen konkrete Vorschläge zur Planung und zum Einbau von Sprühwasser-Löschanlagen seitens der VdS Schadenverhütung (GDV Merkblatt, VdS 3502 / D-A-CH) längst vor.
Große Hoffnungen setzt der bvfa in die EU-Richtlinie für die Sicherheit von Straßentunneln. Neue Tunnel unterliegen ab dem 1. Mai 2006 strengeren Vorschriften; bestehende Anlagen haben bis 2014 Zeit zur Nachrüstung. Nur die verantwortungsvolle Umsetzung des EU-Rechts in nationales Recht und die EU als Tunnel-Kontrolleur können dazu beitragen, dass sich Katastrophen wie in Kaprun, Fréjus oder im St. Gotthard-Tunnel nicht wiederholen.
Quelle und Kontaktadresse:
bvfa Bundesverband technischer Brandschutz e.V.
Dr. Wolfram Krause, Geschäftsführer
Koellikerstr. 13, 97070 Würzburg
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