BEG II: Zentralverband der Dachdecker sieht wenig Bürokratie-Entlastung
(Köln) - Mit dem zweiten Bürokratie-Entlastungsgesetz (BEG II) hat die Bundesregierung Neuerungen vorgestellt, die auch das Handwerk betreffen. Doch statt Entlastung ist ein Mehr an Bürokratie festzustellen. Ein Beispiel ist die neue Fälligkeitsregelung der Sozialversicherungsbeiträge: Die Sozialabgaben sollen nun in Höhe der tatsächlichen Beiträge des Vormonats als "voraussichtliche Beitragsschuld" bis zum fünftletzten Bankarbeitstag abgerechnet werden. Es ändert sich somit nur die Berechnungsgrundlage für die vorläufige Beitragsschuld, aber nicht der bürokratische Aufwand für die Betriebe, denn monatliche Korrekturen bleiben weiterhin notwendig. Die bisherige Berechnung auf Schätzungsbasis wird im Zweifel im Baugewerbe sogar eine höhere Genauigkeit haben als die vorgesehene Vormonatsbetrachtung. Weitere Änderungen gibt es bei der Kleinunternehmer-Grenze. Hier soll der Grenzbetrag für Kleinunternehmer von aktuell 17.500 Euro auf einen maßgebenden Umsatz von 20.000 Euro jährlich erhöht werden.
Gute Ansätze, aber noch Ergänzungsbedarf
"Insgesamt enthält das zweite Bürokratie-Entlastungsgesetz gute Ansätze, die aber an einigen Stellen noch erheblichen Ergänzungsbedarf haben", stellt Ulrich Marx, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) fest. "Das gilt besonders für die steuer- und sozialrechtlichen Vorschläge, die zum Teil weit hinter dem möglichen Einsparpotenzialen zurückbleiben, wie bei der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge. Andere führen sogar zu negativen gesamtwirtschaftlichen Effekten. So stellt die geplante Anhebung der Kleinunternehmer-Grenze bei der Umsatzsteuer einen Schritt in die falsche Richtung dar. Sie würde das Geschäftsmodell der Solo-Selbstständigen in die Grauzone der Scheinselbstständigkeit sowie Umgehungsmöglichkeiten für Tarifverträge und Arbeitsschutzvorschriften befördern", so Marx weiter. Der ZVDH lehnt wie der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) die im BEG II vorgeschlagenen Änderungen zur Fälligkeit mit Nachdruck ab. Der Entwurf werfe mehr Fragen auf und zeichne sich durch große Praxisferne aus.
Vorschläge zur Bürokratie-Entlastung
Der ZDH hat weiterhin einige Vorschläge zur Bürokratie-Entlastung vorgelegt, die der ZVDH ebenfalls unterstützt. So zum Beispiel die Forderung, die Umsatzgrenze bei der Ist-Versteuerung auf 600.000 Euro anzuheben. Diese liegt derzeit seit 1. Januar 2012 bundesweit bei 500.000 Euro, festgeschrieben durch das Dritte Umsatzsteuer-Änderungsgesetz. Sie wird jedoch von immer mehr mittelständischen Betrieben überschritten, weil die Umsätze aufgrund höherer Material- und Energiepreise steigen. Insofern wäre mit einer Anhebung der Umsatzgrenze auf 600.000 Euro auch eine Angleichung an die Bilanzierungsgrenze verbunden. Die Ist-Versteuerung bedeutet, dass die Umsatzsteuer erst abgeführt werden muss, wenn der Kunde die Rechnung bezahlt hat. "Hier sehen wir eine wirkliche Entlastung gerade für kleine Betriebe. Mit der Erhöhung der Umsatzgrenze kann ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Liquidität der Betriebe geleistet werden und bei nicht-bilanzierenden Unternehmen führt dies zu spürbaren Entlastungen", erläutert Marx.
Hintergrund Vorfälligkeit
Ab 1. Januar 2006 wurde die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge vorverlegt. Das bedeutet, dass die Beiträge zur Sozialversicherung für bezahlte Löhne, anstatt bis zum 15. des Folgemonats, bereits am Ende des Monats der jeweiligen Lohnzahlung entrichtet werden müssen. Diese Regelung führte zu einem deutlich höheren bürokratischen und finanziellen Aufwand, denn seitdem müssen sich Handwerker, die ihren Mitarbeitern kein festes Entgelt, sondern Überstunden, Zuschläge usw. auszahlen, jeden Monat zweimal mit der Abrechnung der Löhne auseinandersetzen. Da die Höhe des tatsächlichen Monatslohns erst mit Ablauf des Abrechnungsmonats ermittelt werden kann, muss geschätzt werden. Dies führt immer zu einer zusätzlichen Folgeabrechnung der gemeldeten sozialversicherungspflichtigen Lohnentgelte. Die vorverlegte Fälligkeit belastet zudem die Liquidität von Unternehmen. Sie müssen die Sozialversicherungsbeiträge abführen, bevor sie die Löhne auszahlen. Betriebe, die mit ihrer Arbeit in Vorleistung gehen wie das Bau- oder Ausbauhandwerk, müssen diese Versicherungsbeiträge jeden Monat vorfinanzieren.
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