BDZV-Präsident Döpfner: Deutschland kann sich keine Regierungspause leisten
(Berlin) - Die Bildung einer neuen Bundesregierung dürfe nicht dazu führen, dass Deutschland seine Interessen in Brüssel vorübergehend nicht mehr wahrnimmt, warnte Mathias Döpfner, Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sowie CEO Axel Springer SE. Ein aktuelles Beispiel seien die Verhandlungen über den "Digital Markets Act" (DMA), die derzeit in Brüssel stattfinden. "Hier muss Deutschland mitreden, eine Regierungspause können wir uns nicht leisten", sagte Döpfner in seinem Statement zur Eröffnung des BDZV-Kongresses, der pandemiebedingt vor mehr als 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ausschließlich online stattfand.
Rat und Europäisches Parlament wollen noch im Herbst ihre Position hierzu festlegen. Der von der EU-Kommission vorgestellte Entwurf des DMA bleibe deutlich hinter dem deutschen Recht zurück, kritisierte der BDZV-Präsident. In der geplanten Form werde die Regelung das Gegenteil ihres Ziels erreichen: "Der DMA wird so zu einem Gesetz, das ausschließlich die Plattformen schützt. Wenn der Entwurf so schwach bleibt, wird Europa auch in der digitalpolitischen Weltordnung jegliche Macht und Kraft verlieren", warnte Döpfner.
In der Folge würde die EU ihre Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen nicht nur dem guten Willen US-amerikanischer, sondern mittelfristig auch chinesischer Mega-Plattformen aussetzen. Dies dürfe weder zum Vermächtnis der amtierenden Bundesregierung unter Angela Merkel noch die Hypothek einer neuen Bundesregierung werden.
Infrastruktur der Zeitungen transportiert Demokratie
"Deutschland braucht eine grundsätzliche Debatte über gesellschaftliche Teilhabe", erklärte Döpfner im weiteren Verlauf seines Statements. Mit Blick auf die von Presseunternehmen in ganz Deutschland geforderte Zustellförderung warnte Döpfner vor zeitungslosen Landstrichen. "Das kann niemand, der für eine starke Demokratie steht, wollen." Denn die Infrastruktur der Zeitungen transportiere genau dies: Demokratie.
In diesem Zusammenhang versichert der BDZV-Präsident, dass Verleger und Digitalpublisher ihren Beitrag für Freiheit und eine vielfältige Meinungsbildung leisten und mit aller Macht verteidigen würden. "Und wir werden die Chancen der kommenden Jahre für unsere Branche nutzen. Nach dem Boom der sozialen Medien erleben wir eine Renaissance des Bedürfnisses nach verlässlichen Informationen. Ich glaube fest daran, dass dem digitalen Journalismus als Geschäftsmodell eine goldene Ära bevorsteht." Gerade in den letzten Jahren hätten sich die Grundbedingungen deutlich verbessert.
Weiter betonte Döpfner, dass er immer an Journalismus - und insbesondere an Journalismus im digitalen Zeitalter - als attraktives Geschäftsmodell geglaubt habe. In den zurückliegenden Jahren hätten sich die Grundlagen dafür deutlich verbessert. In diesem Zusammenhang wies der BDZV-Präsident auf drei zentrale Punkte hin:
- Die neu geschaffene Rechtslage beim geistigen Eigentum
Das Presseleistungsschutzrecht sei einer, wenn nicht der größte Erfolg der letzten 20 Jahre. "Lange haben wir dafür gekämpft", resümierte Döpfner. Das Inkrafttreten des Gesetzes im Sommer 2021 sei "ein Bekenntnis zu unabhängigem Journalismus. Es unterstreicht klar: Niemand darf Journalismus ausbeuten."
Über die Verwertung des neuen Rechts hätten Verlegerinnen und Verleger intensiv diskutiert, führte der BDZV-Präsident weiter aus. Dabei gehe es "für jeden Verlag um viel". Er sei dankbar, dass "wir uns bei der wichtigsten Frage des Verteilungsschlüssels in der Verwertungsgesellschaft Corint jetzt einig sind". Die Gespräche mit den Plattformen hätten begonnen. "Aus persönlichen Kontakten kann ich Ihnen sagen, in anderen Ländern sind die Verlage verdammt neidisch auf die deutsche Verwertungsgesellschaft."
- Wachsender Druck auf die Plattformen
"Die Kartellämter ermitteln gegen Facebook", führte der Präsident weiter aus. Ein Verfahren wie gegen Googles News Showcase gelte als wahrscheinlich. Das alles stärke die Position der Verlagsunternehmen. Denn bei den US-Plattformen wachse die Erkenntnis, dass sie diese Medieninhalte nicht ohne kommerzielle Gegenleistung nutzen können. Das zeige die Entwicklung in Australien, in Frankreich und in Deutschland.
Zugleich wies der BDZV-Präsident auf die Novelle des GWB hin, mit dem Deutschland "wichtige Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb und eine faire Zusammenarbeit mit den Plattformen gesetzt" habe.
- Unterstützung von Seiten der Leserinnen und Leser
Bei allen wirtschaftlichen und pandemiebedingten Herausforderungen erweise die Branche sich als außerordentlich resilient, betonte Döpfner: Fast 60 Millionen Deutsche läsen regelmäßig Zeitung oder nutzten ein digitales Angebot. "Im Pandemiejahr 2020 sind unsere Vertriebsumsätze um mehr als vier Prozent gestiegen. Die digitalen Vertriebserlöse sogar deutlich stärker." Weltweit seien digitale Abonnements auf dem Vormarsch. Einmal mehr beweise dies: "Der Verkauf von Inhalten ist die wichtigste Säule von wirtschaftlich erfolgreichem Journalismus - das gilt für das digitale Geschäft genauso wie es viele Jahre für das analoge galt."
Wegen der anhaltenden Corona-Pandemie wurde "BDZV.Der Kongress" wie schon 2020 ausschließlich virtuell im Internet abgehalten. Die zweieinhalbstündige Veranstaltung wurde von Antje Homburger, stellvertretende Chefredakteurin/Chefin Aktuelles dpa, und Dr. Gregor Peter Schmitz, Chefredakteur Augsburger Allgemeine, moderiert. Ausgestrahlt und überwiegend produziert wurde die virtuelle Veranstaltung in den Bolle-Sälen in Berlin-Moabit. Für den Kongress hatten sich über 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Vorfeld angemeldet.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger e.V (BDZV)
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