BDIU-Stellungnahme zur Bewertung des Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht (VVInkG)
(Berlin) - Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. hat seine Stellungnahme zur Bewertung des im Oktober 2021 in Kraft getretenen Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht (VVInkG) vorgelegt. Das Gesetz war mit dem Ziel in Kraft getreten, den Verbraucherschutz zu verbessern, Gläubigern ein verlässliches System professionellen Forderungseinzugs zu bieten und der Inkassowirtschaft sowie den in diesem Bereich tätigen Rechtsanwälten einen wirtschaftlich vernünftigen Rahmen zu geben. Das Fazit des BDIU, nach zwei Jahren praktischer Anwendung, ist enttäuschend.
"Nach den Zahlen und den Eindrücken unserer Mitglieder wurde nur eines der drei Ziele erreicht. Für Schuldner ist Zahlungsverzug sehr viel günstiger geworden. Dagegen ist für Inkassodienstleister und Rechtsanwälte die Belastungsgrenze nun endgültig überschritten. Stärker denn je liegen die Kosten schlechter Zahlungsmoral heute bei den Gläubigern", fasst Kirsten Pedd, Präsidentin des BDIU, das Ergebnis der Evaluierung zusammen. Dazu verweist sie auch auf die Prognosen des Verbandes, zu den Auswirkungen des VVInkG, die schon im Gesetzgebungsverfahren vorgelegt worden waren.
Pedd: "Wie befürchtet treiben wir noch mehr bürokratischen Aufwand bei weiter sinkenden Erträgen. Die Chance, echten Verbraucherschutz zu organisieren, wurde zudem verpasst." Denn das Gesetz behandele zahlungsunfähige und zahlungsunwillige Schuldner gleich, wo eine differenzierte Herangehensweise zu einem fairen Interessenausgleich hätte führen können. Die undifferenzierte Herangehensweise schränke den Handlungsspielraum und den Ertrag der Inkassowirtschaft jedoch unangemessen ein. Zudem gingen die wirtschaftlichen Folgen des Gesetzes deutlich über die dem Gesetz zugrundeliegenden Annahmen hinaus.
"Unsere Branchenstudien bestätigen die von uns vorgelegten Prognosen," bestätigt Verbandsgeschäftsführer Dennis Stratmann. Das undifferenzierte Vorgehen bei der Absenkung der Inkassokosten führt demnach zu Belastungen der Inkasso-Dienstleister und Rechtsanwälte, die durch nichts gerechtfertigt seien. Als Beispiel nennt Stratmann die Gleichbehandlung von Verbrauchern und Unternehmensschuldnern im Inkasso, für die es keinen vernünftigen Grund gäbe. Stratmann: "Dass Unternehmen unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes nun ermäßigte Inkassokosten zahlen dürfen, leistet dem Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr sogar noch Vorschub."
Änderungsbedarf bei der Erstschreibenregelung
Beim Blick auf die Details muss nach Auffassung des BDIU vor allem die sogenannte Erstschreibenregelung neu gefasst werden. Sie legt fest, dass Schuldner nur geringere Inkassokosten erstatten, wenn sie auf das erste Schreiben zügig reagieren. Dazu noch einmal der BDIU-Geschäftsführer: "Natürlich sollen Verbraucher nicht von Inkassokosten überrascht werden, etwa weil vor dem Inkasso keine Mahnungen des Gläubigers verschickt wurden. Die Erstschreibenregelung des VVInkG geht aber weit darüber hinaus. Sie privilegiert auch Schuldner, die seit vielen Wochen im Verzug sind und bereits mehrere Zahlungserinnerungen mit dem Hinweis auf mögliche Folgen ignoriert haben."
Aus einer guten Idee, sagt Stratmann, sei so ein schlechtes Gesetz geworden. Denn die Fälle, in denen ohne vorherige Zahlungserinnerungen Inkasso-Forderungen erhoben würden, seien selten und kämen etwa dann vor, wenn z.B. bei der Kartenzahlung das Bankkonto nicht gedeckt sei. Solche Fälle, so Stratmann, lägen nach den Zahlen des BDIU aber im unteren einstelligen Prozentbereich und sollten daher auch nicht den Maßstab für die grundsätzliche Regelung setzen.
Neubewertung der wirtschaftlichen Folgen erforderlich
Nachbesserungsbedarf sieht der Verband auch bei den ökonomischen Grundannahmen. Die Branchenstudien des Verbandes widerlegen diese Ausgangsannahmen klar. Dazu Verbandspräsidentin Pedd: "Inkasso-Dienstleistungen sind ein wichtiges Element in unserer Wirtschaft. Wenn wir vermeiden wollen, dass die Kosten des Zahlungsverzugs vergesellschaftet werden, darf der Gesetzgeber uns nicht die Luft zum Atmen nehmen." Pedd fordert daher eine Neubewertung der wirtschaftlichen Basisdaten und die bessere Unterscheidung von berechtigtem Verbraucherschutz "und der unfreiwilligen Hilfestellung für notorische Zahlungsverweigerer."
Der BDIU und andere Akteure haben ihre Stellungnahmen zur Bewertung der Wirkung des VVInkG nun vorgelegt. Abzuwarten bleibt, ob der Gesetzgeber die vorgebrachten Argumente nutzt, um die vorliegende Fassung des Gesetzes zu überarbeiten.
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