Pressemitteilung | UMKEHR e.V. - Informations- und Beratungsbüro für Verkehr und Umwelt

BDI versus Bahn: Börsengang mit oder ohne Netz?

(Berlin) - In der am 22. September 2004 vorgelegten Studie des Unternehmerverbandes BDI zum Bahn-Börsengang und in den gestern verkündeten neuen Bahnpreiserhöhungen sieht die Bahnexpertengruppe "Bürgerbahn statt Börsenbahn" zwei unterschiedliche Wege mit einem gemeinsamen Endpunkt: Ausverkauf der Bahn, Selbstaufgabe des Schienenverkehrs.

Weg 1 ist das fatale Mehdorn-Modell nach den Vorgaben des Investmenthauses Morgan Stanley. Bahnbetrieb und Netz sollen im Frühjahr 2006 gemeinsam an die Börse gehen. Wer das glaubwürdig verfolgt, benötigt tatsächlich wenigstens zwei Jahre schwarze Zahlen statt tiefroter Verluste. Das will der Bahnchef erzwingen – mittels eines extremen internen Sparprogramms, mittels neuer Notverkäufe von Bahneigentum (Anteile an Arcor und bei Scandlines), durch weitere Linienausdünnung und Zwang zum Umstieg von IC/EC in den teuren ICE und durch völlig überproportionale Bahnpreiserhöhungen am 15. Dezember 2004. Zusammen mit den jüngsten Bahnpreiserhöhungen vom Frühjahr 2004 erhöhen sich damit in diesem Jahr die Bahnpreise um rund 7 Prozent. Interessant ist der Aspekt, dass die Preise bei Entfernungen von 400 bis 750 km überproportional (um plus 4,2%) steigen sollen. Wir erinnern daran: Bei der Bahnpreisreform Ende 2002 hat derselbe Bahnchef erklärt, warum die Bahnpreise in Segment der weiten Entfernungen reduziert werden müssten. Nun werden die wenigen tatsächlichen Bahnpreissenkungen gerade in einem Segment nicht nur kassiert, sondern noch über das Niveau von 2002 deutlich angehoben.
Weg 1 zur Börse 2006 zielt auf Schlussverkauf. Er lässt sich nur realisieren mit einer kurzatmigen Politik ohne Rücksicht auf spätere Verluste.

Weg 2 ist das heute vorgestellte BDI-Modell, das weitgehend auch von den verkehrspolitischen Sprechern von FDP, CDU/CSU und Bündnis 90/den Grünen unterstützt wird: Das Netz bleibt beim Bund; der Schienenbetrieb wird "weiter geöffnet für mehr Wettbewerb", Teile des Schienenbetriebs (und offensichtlich "Station & Service", die Bahnhöfe) gehen an die Börse. Es handelt sich hier jedoch dann nicht um eine Alternative, wenn der Erhalt und Ausbau der Schiene das Ziel sind. Statt Schlußverkauf wird Ausverkauf in Raten empfohlen. Der komplette Güterverkehr könnte ausgegliedert werden (Aufkäufer Japan?), der Nahverkehr (DB Regio) könnte in 15 Einzelteilen als Landesbahnen an die Länder gehen. Das aber heißt: Die Bahn verliert weiter flächendeckend Synergien. Einheitlichkeit bei Tarifen und im Fahrplan wird weiter aufgegeben. Schienenverkehr wird dort, wo es ihn noch gibt, zunehmend zum Luxus.

Gemeinsam bei "Plan Ausverkauf" (Mehdorn) und "Plan Verkauf auf Raten" (BDI) sind: Aufgegeben wird ein strategisch wichtiges Gemeineigentum. Die Schiene wird weiter abgebaut; Straße und Luftverkehr profitieren nochmals deutlich. Auf der Strecke bleiben Umwelt und Fahrgäste. Der Steuerzahler soll bei beiden Plänen auf ein Jahrzehnt und länger jährliche Subventionen in Höhe von 10 und mehr Milliarden Euro für die Schiene bezahlen, dann überwiegend an private Eigner.

Quelle und Kontaktadresse:
Bürgerbahn statt Börsenbahn (BsB) c/o UMKEHR e.V. Karl-Heinz Ludewig Exerzierstr. 20, 13357 Berlin Telefon: 030/4927473, Telefax: 030/4927972

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