Pressemitteilung | (BDI) Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

BDI lehnt Trittins Vorschläge zur Mehrwegregelung ab

(Berlin) - "Die neue Ökobilanz zu Getränkeverpackungen (UBA II) stellt klar, dass die Mehrwegregelung für Getränkeverpackungen nicht mehr gerechtfertigt ist. Einweg zieht zunehmend gleich mit Mehrweg, teilweise liegen sie bereits gleichauf. Auf die realen Belastungen der Umwelt bezogen sind Getränkeverpackungen inzwischen ein ökologisches Randproblem. Die Verpackungsverordnung muss deshalb insgesamt auf den Prüfstand." So kommentierte Hans-Olaf Henkel, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), die am Mittwoch von Umweltminister Trittin vorgestellten Ergebnisse von UBA II.

"Wir wissen, dass allein die Investitionen für die Rücknahmesysteme mindestens 4 Mrd. DM kosten würden. Das sind 17.000 DM pro Tonne vermiedener Abfall. Das zeigt: Das Kosten/Nutzen-Verhältnis wäre grotesk!" so Henkel. Das Problem der "Wilden Entsorgung" (Littering) werde von der Industrie sehr ernst genommen, sagte Henkel. Die Wirtschaft nimmt sich des Themas mit der "Aktion Saubere Landschaft" an. Als Argument für weitergehende Eingriffe der Verpackungsverordnung eigne es sich aber nicht. Schließlich habe der TÜV schon im vergangenen Jahr festgestellt, dass nur 6 Prozent der wilden Abfälle Getränkeverpackungen seien.

"Die entscheidenden Potenziale für die Entlastung der Umwelt liegen nicht in der politisch motivierten Verschiebung der Marktanteile von Einweg zu Mehrweg, sondern in der Optimierung aller Verpackungssysteme und im Wettbewerb der Verpackungen" sagte Henkel weiter. Eine tragfähige zukunftsorientierte Verpackungspolitik müsse zu mehr Wettbewerb führen und nicht zur Senkung des Innovationsdrucks durch die Diskriminierung von Konkurrenten.

Gemessen an diesem Ziel greife die vorgeschlagene Gleichstellung des Getränkekartons mit Mehrwegverpackungen zu kurz, kritisierte Henkel: Zwar beseitige sie eine nicht mehr zu rechtfertigende Diskriminierung, reiche aber für eine auf Dauer tragfähige Lösung nicht aus. Henkel: "Die vom BMU fortgesetzte rigide Unterscheidung zwischen "guten" und "schlechten" Verpackungssystemen gehört endlich auf den Prüfstand. Notreparaturen bringen uns hier nicht mehr weiter."

"Der BDI lehnt die Erhöhung der Mehrwegquote um den gesamten Anteil der Kartonverpackungen ebenso entschieden ab wie die quotenunabhängige Bepfandung sogenannter ökologisch nachteiliger Einwegverpackungen. Beide Vorschläge zielen auf eine nicht zu rechtfertigende Marktverdrängung der Einwegverpackungen ab. Umweltminister Trittin steuert damit gezielt auf die Einführung des Zwangspfandes hin, das für Verbraucher und Wirtschaft unzumutbare Belastungen bedeuten würde.

Eine weitere Folge für Handel und Verbraucher wäre, in den bisher streng hygienisch geführten deutschen Lebensmittelgeschäften mit Bergen von tropfenden und verdreckten Dosen konfrontiert zu werden." Der BDI unterstütze deshalb weiterhin den Vorschlag des Landes Rheinland-Pfalz, weil dieser den erforderlichen Zeitrahmen für eine grundsätzliche Diskussion über eine Neuorientierung der Verpackungspolitik eröffne.

Henkel schloss an diese Forderung ein Gesprächsangebot über die Vorschläge des BMU sowie über eine Selbstverpflichtung der Industrie an: "Mit einer Selbstverpflichtung können wir sicherstellen, dass bis zum In-Kraft-Treten einer Neukonzeption die von Getränkeverpackungen ausgehenden Umweltbelastungen nicht höher steigen als bei Erlass der Verpackungsverordnung." Dies gelte auch bei einem Mehrwegvolumen von 20 Mrd. Litern wie von Rheinland-Pfalz vorgeschlagen. Der BDI könnte hierzu nach der Sommerpause einen konkreten Vorschlag vorlegen.

In dem anliegenden Papier sind die Schlussfolgerungen aus der Ökobilanz UBA II zusammengefasst. Eine tiefergehende Datenanalyse beinhaltet das Positionspapier "Sieben Argumente des BDI zur künftigen Politik im Verpackungsbereich", dass bei der BDI-Abteilung Umweltpolitik unter Tel. 030/2028-1628 bezogen werden kann.

"Weg von der Regulierung hin zur Innovation"- Schlussfolgerungen des BDI aus der Ökobilanz Getränkeverpackungen II des Umweltbundesamtes:

Ökobilanzen liefern wichtige Informationen über die Umweltauswirkungen von Produkten. Sie zielen primär auf die Optimierung von Produkten durch ihre Hersteller. Sie sind aber keine alleinige Basis für politische Entscheidungen zugunsten oder zulasten von Produkten. Da die Ökobilanz Getränkeverpackungen jedoch ausdrücklich im Hinblick auf die verpackungspolitische Debatte initiiert wurde, legt auch der BDI seine Schlussfolgerungen aus der Studie vor.


1. Mehrwegvorschriften in Frage gestellt

- Eine Prämisse der Verpackungsverordnung, die unbedingte Vorteilhaftigkeit des Mehrwegs, ist nach UBA II nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die ökologischen Unterschiede zwischen verschiedenen Mehrwegsystemen sind z. T. größer als die zwischen Einweg und Mehrweg. UBA II belegt: Einweg-Gebinde sind ökologisch
durchaus wettbewerbsfähig.

- Grund hierfür sind vor allem die Leistungen der Unternehmen bei der Realisierung der Kreislaufwirtschaft. Das vorrangige Ziel der Verpackungsverordnung, die Abfallverminderung, ist in weitem Umfang erreicht. Dies belegt UBA II bereits für den kurzen Zeitraum 1991 bis 1994.

- Andere Faktoren als die simple Unterscheidung von Einweg bzw. Mehrweg sind laut UBA II mittlerweile ebenso wichtig oder wichtiger für die Umweltauswirkungen des Getränkekonsums, z. B. die Distributionslogistik.

- Notwendig ist deshalb eine sorgfältige Überprüfung und Neuausrichtung der Verpackungspolitik auf Basis der aktuellen ökologischen und ökonomischen Fakten.


2. Wettbewerb ist der Schlüssel zur Entlastung der Umwelt

- Die erheblichen Entlastungen der Umwelt seit 1991 wurden im Wettbewerb konkurrierender Verpackungen erbracht. UBA II bildet diese in einer "Momentaufnahme" bezogen auf 1994 ab.

- Die Technologien stehen aber nicht still. Es gibt heute Systeme bei der Verpackungsherstellung und -entsorgung, die es zum Stichtag von UBA II, 1994, auch noch nicht gab, andere werden sich weiter verbessern. Dies zusammen wird zu weiteren Entlastungen der Umwelt beitragen - wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

- Das Zwangspfand ist angesichts der geringen ökologischen Unterschiede und der massiven Fortschritte im Abfallbereich nicht mehr zu rechtfertigen. Es würde alle Leistungen negieren, die seit 1991 von den Bürgern und den Unternehmen erbracht wurden.

- Das Zwangspfand zu vollziehen, wäre deshalb ein rückwärtsgewandter Schritt und das Ende aller Innovationsanreize in den betroffenen Marktsegmenten: Der Innovationsdruck für privilegierte Produkte sinkt mit jedem Wettbewerber, den die Politik diskriminiert.

- Die wirtschaftlichen Belastungen für Bürger und Unternehmen durch die angedrohte Sanktion stehen in krassem Missverhältnis zu den marginalen ökologischen Entlastungen.


3. Ein neuer politischer Rahmen ist nötig – Der Martini-Vorschlag schafft hierfür den Spielraum

- Eine zukunftsfähige Verpackungspolitik muss dazu beitragen, dass in allen Mehrweg- und Einwegsystemen die für ihre ökologische Leistung jeweils wichtigsten Größen optimiert werden. Hier, und nicht in der Verschiebung der Marktanteile von Einweg zu Mehrweg, liegen die entscheidenden Potenziale für die Vermeidung von Umweltbelastungen.

- Mit der vorgeschlagenen Gleichstellung des Getränkekartons mit Mehrwegverpackungen wird eine ökologisch nicht zu rechtfertigende Diskriminierung beseitigt. Für eine dauerhaft tragfähige Lösung für die künftige Verpackungspolitik greift dies aber zu kurz. Die Fakten zeigen vielmehr, dass die rigide Unterscheidung zwischen "Guten" und Schlechten" Verpackungssystemen als Ganze nicht zu rechtfertigen ist. Das krasse Missverhältnis zwischen ökologischen Wirkungen und den drohenden wirtschaftlichen Belastungen macht eine umfassende Revision erforderlich.

- Eine grundsätzlich neue rechtliche Konzeption der Verpackungspolitik muss die Verantwortung der Unternehmen neu definieren und zu weiteren Innovationen in Kooperation von Wirtschaft und Politik motivieren.

- Der Vorschlag des Landes Rheinland-Pfalz will die Voraussetzung für eine gründliche Neukonzeption schaffen. Deshalb unterstützt ihn die Industrie.

- Die Industrie ist bereit, mit einer Selbstverpflichtung für den Zeitraum bis zum In-Kraft-Treten einer solchen Neukonzeption zu zeigen, dass sie ihre Verantwortung wahrnimmt und belegt diese konkret. Dabei werden die Ergebnisse von UBA II umfassend berücksichtigt. Der BDI wird nach der Sommerpause einen konkreten Vorschlag vorlegen.

In dem BDI-Positionspapier "Sieben Argumente zur Diskussion um die Verpackungspolitik im Getränkebereich" werden diese Thesen untermauert.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Str. 29, 10178 Berlin Telefon: 030/20280

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