Baustelle Kinderschutz / Deutsche Kinderhilfe und Projektgruppe "Strukturanalyse Fremdunterbringung" stellen fest: Bundeseinheitliche Standards in der Kinder- und Jugendhilfe sind längst überfällig
(Berlin) - Die Deutsche Kinderhilfe hat heute im Rahmen des 15. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetags in Berlin gemeinsam mit der Projektgruppe "Strukturanalyse Fremdunterbringung" sowie weiteren renommierten Experten über die Notwendigkeit bundeseinheitlicher Fachstandards in der Kinder- und Jugendhilfe diskutiert.
Auf der prominent und sehr gut besuchten Messe erklärte hierzu der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Kinderhilfe, Rainer Becker: "Bundesweite gemeinsame Standards dürften erheblich mit dazu beitragen, die tägliche Praxis in den Ämtern, in denen es immer noch Defizite gibt, erkennbar anzuheben und schließen bei denen, die schon immer über dem Durchschnitt lagen, das Beibehalten geübter 'best practice' nicht aus", so Rainer Becker. "Die Entwicklung gemeinsamer bundeseinheitlicher Standards ist nichts anderes, als voneinander zu lernen und den anderen daran teilhaben zu lassen", so Becker weiter.
Becker forderte daher insbesondere ein einheitliches Verständnis vom Begriff der Kindeswohlgefährdung, ein weitgehend einheitliches Bearbeiten von Hinweisen bei Eingang einer Gefährdungsmeldung, die Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Stellen, die Auslegung von Datenschutzfragen, die Aktenführung, die Auswahl und Begleitung von Pflegepersonen sowie Möglichkeiten und Grenzen von Hilfen zur Erziehung.
Frau Prof. Dr. Kathinka Beckmann von der Fachhochschule Koblenz führte weiter aus, dass bundeseinheitliche Mindeststandards längst überfällig seien. "Diese geben zum einen den Mitarbeitern Handlungssicherheit und stelle zum anderen endlich ein externes Instrument der Qualitätskontrolle hinsichtlich der Minimalanforderungen dar", so Prof. Beckmann.
Jens Volkmer vom Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) des Jugendamtes Mönchengladbach wies auf den Umstand hin, dass es in Deutschland vom Wohnort abhänge, wie häufig Hausbesuche in Pflegefamilien stattfinden, oder ob mit einem Kind im Rahmen der Hilfeplanung ein Einzelgespräch vorgesehen ist. "Hier müsste, basierend auf den diversen Empfehlungen etwa der Landesjugendämter oder des DJI, eine bundeseinheitliche Verbindlichkeit hergestellt werden", forderte Volkmer.
Auch Prof. Dr. Ludwig Salgo und Heinzjürgen Ertmer von der Projektgruppe "Strukturanalyse Fremdunterbringung" betonten die Notwendigkeit bundeseinheitlicher Standards für die wirksame Bekämpfung lebensbedrohlicher Risiken von Kindern in öffentlich verantworteter Erziehung. "Man hätte erstmalig die Chance, in schweren Fallverläufen im Nachhinein deutlich zu machen, wo und wann die standardisierten Vorgehensweisen verlassen wurden und welche Folgen das für wen hatte. In anderen Fällen kann man im Vorfeld das Eintreten solch schlimmer Ereignisse vielleicht verhindern, weil diese Standards öffentlich sind und ihre Nichtbeachtung auch öffentlich gerügt werden könnte bzw. ihre Einhaltung öffentlich gefordert würde", so Ertmer.
Die Deutsche Kinderhilfe und die Projektgruppe "Strukturanalyse Fremdunterbringung" haben mit zahlreichen Verbänden und Experten in einer Gemeinsamen Erklärung bereits im Jahr 2012 die Reformbedürftigkeit des Jugendhilfesystems festgestellt. Diese Erklärung wurde inzwischen von über 250 Vertretern aus Verbänden, Wissenschaft und Praxis, aus den Bereichen Jugendhilfe, Medizin und Recht sowie von fachkundigen Pflegeeltern unterzeichnet.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Kinderhilfe e.V.
Rainer Becker, geschäftsführender Vorstandsvorsitzender
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