Bauindustrietag 2004 des Bauindustrieverbandes Niedersachsen-Bremen
(Bremen) - Im Mittelpunkt des ersten Bauindustrietages des aus der Fusion des Verbandes der Bauindustrie für Niedersachsen und des Bauindustrieverbandes Bremen-Nordniedersachsen entstandenen Bauindustrieverbandes Niedersachsen-Bremen standen die Vorträge der Niedersächsischen Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, Frau Dr. Ursula von der Leyen, des ehemaligen Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Richard von Weizsäcker, sowie des Hamburger Wissenschaftlers Professor Horst W. Opaschowski.
Im Rahmen der Begrüßung der vielen Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung betonte der Präsident des Bauindustrieverbandes Niedersachsen-Bremen, Professor Dr.-Ing. Rolf Warmbold, dass die längste Baukrise der deutschen Nachkriegsgeschichte weiter anhalte. Auch das kürzlich vorgestellte Herbstgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute weise für das nächste Jahr lediglich eine Abschwächung des Abwärtstrends auf.
Die lang anhaltende Konjunkturkrise der Bauwirtschaft gehe mit einer dramatischen Strukturveränderung einher, die von Politik und Gesellschaft im Wesentlichen unbemerkt geblieben sei. Die Zeichen dafür, dass sich die Politik vom Bau abgewandt habe, würden immer deutlicher.
Die deutsche Volkswirtschaft, die sich nach Aussage Warmbolds in einer Phase des Übergangs und der Neuorientierung befinde, brauche gestaltendes und bewahrendes Bauen als ein Zeichen der Selbstgewissheit und des Vertrauens in die Zukunft. Es sei bedauerlich, dass Deutschland in den letzten Jahren als Lokomotive der europäischen Konjunktur ausgefallen sei, weil die Voraussetzung für wachstumsfördernde Investitionen im Baubereich in der Mitte Europas nicht geschaffen worden seien.
Im Einzelnen führte Warmbold aus, dass es im vergangenen und diesem Jahr besonders schwer die Straßenbauwirtschaft und die für die Deutsche Bahn AG tätigen Bauunternehmen getroffen habe, aber auch der Wirtschaftsbau leide nach wie vor darunter, dass nicht klar sei, ob es besser sei, hier oder anderswo in Europa zu investieren. Nur wenn sich die politischen Rahmenbedingungen für ein Investment in Deutschland wieder positiv entwickeln würden, sei zu hoffen, dass sich Investoren wieder Deutschland zuwendeten und von hier aus das größere Europa mit Gütern und Dienstleistungen versorgten.
Der Verbandspräsident führte weiter aus, dass Deutschland eine lange Reformdebatte geführt habe. Die bislang erreichten Resultate dürften aber keineswegs dazu verleiten, die Hände in den Schoß zu legen. Er forderte, weiter darüber nachzudenken, wie die Sozialversicherungssysteme in Deutschland weniger abhängig vom Lohn gemacht werden könnten. Auch die dringend erforderliche Steuerreform, die den Unternehmen und Bürgern verlässliche Rahmenbedingungen geben müsste, dürfe nicht auf die lange Bank geschoben werden.
Die negative Entwicklung der deutschen Bauwirtschaft und der damit einhergehende Beschäftigungsabbau sei maßgeblich auf den Rückgang der Baunachfrage zurückzuführen. Diese Entwicklung sei umso schmerzlicher, als der Baubedarf in nahezu allen Infrastrukturbereichen und in allen Sparten hinlänglich bekannt sei. Im Hinblick auf den dringend zu realisierenden Baubedarf im öffentlichen Hoch- und Tiefbau, der aufgrund der Defizite in den öffentlichen Haushalten nicht umgesetzt werden könne, müssten Finanzierungsalternativen gesucht werden, wenn der Standort Deutschland nicht aufs Spiel gesetzt werden solle.
Wörtlich meinte Warmbold: Deutschland wird nur dann seine wirtschaftlichen Probleme überwinden, wenn der Investitionsmotor wieder anspringt. Öffentliche Investitionen und hierbei vor allem Bauinvestitionen müssen als Signalwirkung eine Vorreiterrolle einnehmen. Allerdings müssen wir feststellen, dass der Staat schon seit Jahren zur Bedienung der konsumtiven Haushalte dazu übergegangen ist, die erforderlichen Finanzmittel bei den Investitionen und hier überwiegend bei den Bauinvestitionen zu kürzen. Diese Politik sei aus volkswirtschaftlicher und betrieblicher Sicht unverantwortlich, weil die Infrastruktur des Landes mehr und mehr verkomme, Deutschland seine ehemals hervorragenden Standortvorteile verspiele und damit die wirtschaftlichen Zukunftschancen an andere Länder abtrete.
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